Alfred Tiedemann
Alfred Tiedemann (23. Februar 1875 – 5. März 1962) war ein deutscher Industrieller und Mäzen.
Leben
Tiedemann war der Sohn des Fabrikbesitzers Konsul Gustav Richard Tiedemann. Er studierte Jura in Erlangen und schrieb seine Doktorarbeit über Das gesetzliche Konkurrenzverbot. 1902 trat er in das von seinem Vater geleitete Unternehmen Carl Tiedemann ein. Nach dem Tode von Konsul Tiedemann 1915 übernahm Alfred Tiedemann die Führung, des durch die Herstellung der Lacke für die Königlich-Sächsische Eisenbahn bekannten Unternehmens.
Zu den wichtigsten Kunden von Carl Tiedemann gehörte die Firma Adolf Bleichert & Co. Den weltbekannten Drahtseilbahnerfinder Adolf Bleichert und Konsul Tiedemann verband eine enge Freundschaft, die 1900 durch die Eheschließung von Helene Tiedemann und Max Adolf Bleichert gefestigt wurde. Nach dem frühen Tod von Adolf Bleichert stand Konsul Tiedemann den jungen Erben Bleichert als Beirat zur Seite.
Die Schwager Bleichert und Tiedemann bauten die Geschäftsbeziehungen weiter aus. Max Adolf von Bleichert (geadelt 1918) fungierte als Vorstand des Aufsichtsrates bei Carl Tiedemann.
Speziallacke für Eisenbahn, Industrieanwendungen und Fußböden (Bernstein) machten Carl Tiedemann zu einem Branchenführer. 1926 fusionierte Alfred Tiedemann sein Familienunternehmen mit Schmidt & Hintzen, Coswig. Die daraus hervorgehende Firma Vereinigte Lack und Farbwerke Coswig produzierte auf dem großzügig angelegten Werksgelände der Firma Carl Tiedemann (1906 gebaut) weiter.
Alfred Tiedemann übernahm den Vorstand der Neugründung und diente in dieser Funktion bis 1931. Danach blieb Alfred Tiedemann als Aufsichtsrat der Firma erhalten. Noch heute wird in der Industrie Straße in Coswig Farbe hergestellt. Die Nachfolgerfirma Herlac führt die alte Tiedemanntradition, die 1833 begonnen wurde, weiter.
Alfred Tiedemann als Mäzen
1916 kaufte Alfred Tiedemann das heruntergekommene Weingut Schloss Wackerbarth. Über hundert Jahre hatten etliche Besitzer das Barockschloss des Grafen Wackerbarth umgebaut und historisiert. Dabei blieb wenig von den ursprünglichen Plänen des Architekten Johann Christoph Knöffel übrig. Tiedemann bestellte den Architekten Georg Heinsius von Meyenburg, der ab 1917 den Umbau durchführte. Auch wurden die alten Barockgartenanlagen vor und hinter dem Schloss wiederhergestellt. Besonders wichtig ist der bekannte Terrassengarten, der hinauf führt zu dem Belvedere.
Zudem wurde der Weinbau mit viel Mühe reaktiviert. Benachbarte Weinberge wurden dazugekauft und die alten ausgestorbenen Reben ersetzt. Schon 1924 wurde gemeldet, der Wackberthwein sei sehr trinkbar.
Auch Gerhart Hauptmann zählte zu dem Freundeskreis von Alfred Tiedemann. Ihm ließ Tiedemann erhebliche Gelder zukommen. Und Hauptmann revanchierte sich, indem er Tiedemann bei der Gründung des Sibyllen-Verlags unterstützte.
1917 hatte Tiedemann diesen Verlag in Dresden gegründet. Literarische Berater bei diesem Projekt waren Oskar Maurus Fontana und Franz Blei. In den folgenden Jahren brachte der Sibyllen-Verlag eine breitgestreute Serie von wertvollen Büchern auf den Markt. Darunter Werke von Paul Fechter, Monty Jacobs, Robert Musil (Die Schwärmer), Clive Bell, Herbert Ihering, Charles Bauduoin, Eckart von Sydow, J. Petzold, Cornelius Gurlitt (August der Starke), und Armin T. Wegner.
Auf Schloss Wackerbarth wurden Dichtertreffen organisiert. Obwohl Tiedemann das Schloss selbst nicht bewohnte, diente es als Treffpunkt für seine literarischen Veranstaltungen.
1926 ging Schloss Wackerbarth in das Eigentum der Arnhold Bank über. Mit dem Kommen der Zeit unter Nationalsozialistische Führung, wurde der Sibyllen-Verlag liquidiert. Alfred Tiedemann zog sich zurück nach Dresden und wohnte in der heute denkmalgeschützten Tiedemann-Villa (Hübner Str. 8). Nach 1945 musste auch diese Villa aufgegeben werden. Verwandtschaft aus dem Westen unterstützte den ehemaligen Fabrikbesitzer und Schlossherrn. Nach seinem Tode wurde Alfred Tiedemann auf dem Familiengrab im Annenfriedhof begraben.