Aiwaz
Aiwaz (auch Aiwass) ist laut dem Okkultisten Aleister Crowley der Name eines ägyptischen Gottes, der als sein heiliger Schutzengel fungiert habe und ihm den Text seines Buches Liber AL vel Legis diktiert haben soll. Der Name Aiwaz klingt phonetisch ähnlich wie engl. I was („Ich war“); vermutlich eine versteckte Anspielung auf seine Urheberschaft. Diese Spekulation taucht bei mehreren Biographen und Kommentatoren auf. Demnach wäre der Begriff eine Mystifikation Crowleys.
Liber AL vel Legis
Aiwaz wird im Liber AL vel Legis einmal erwähnt. Behold! it is revealed by Aiwass the minister[sic] of Hoor-paar-kraat. („Siehe! Es ist offenbart durch Aiwass, den Gesandten von Hoor-paar-kraat.“)[1] Aiwaz, so verstand es Crowley, war der Vermittler zwischen Hoor-paar-kraat (griechisch: Harpokrates) und ihm selbst. Die Form, die Aiwaz annahm, war die Erscheinung von Ra-Hoor-Khuit, die aktive und verkündende Form von Harpokrates. Letzterer stellt in Crowleys Mystik den schweigenden und passiven Aspekt von Horus dar.
Crowley schrieb, dass Aiwaz in einer Art Wolke schwebte und „ein großer dunkler Mann in den dreißigern schien, wohlgebaut, stark und lebhaft, mit dem Gesicht eines grausamen Herrschers und verschleierten Augen, damit ihr Strahl nicht zerstöre, worauf er seinen Blick richtete“. Seine Stimme beschrieb Crowley als „eine tiefe Stimme, melodisch und ausdrucksvoll, feierlich, sinnlich, zärtlich oder zornig, wie immer es dem Inhalt [des Liber AL vel Legis] entsprach“.[2]
Bedeutung
Crowley war davon überzeugt, dass Aiwaz die Idee von Thelema und die Formel des Äons (ABRAHADABRA) ausdrückte, was Crowley mittels der griechischen und der hebräischen Kabbalah eruierte. Für ihn waren Aiwaz und seine Botschaft (das Liber AL vel Legis) „keine Störung des spirituellen Gleichgewichts [...], sondern das Mittel, ein Ungleichgewicht zu korrigieren“, welches er im Wirken der großen Religionen zu erkennen meinte.
Anrufung
Die Anrufung von Aiwaz wurde von Crowley in einige Rituale eingebaut, so z. B. in sein Liber V vel Reguli. Dadurch spielt er auch in einigen Ritualen des Ordo Templi Orientis und des Astrum Argenteum eine Rolle.
Deutung
Darüber, wer oder was Aiwaz eigentlich sei, besteht keine Einigkeit. Der Okkultist Israel Regardie glaubt, er verkörpere die tiefsten und abgründigsten Anteile von Crowleys eigenem Geist. Kenneth Grant, ein Schüler Crowleys, ist dagegen der Überzeugung, es handle sich um einen Außerirdischen vom Sirius.[3] Grant soll ein von Crowley gemaltes Porträt eines menschenähnlichen Wesens mit sehr großem Hinterkopf und mandelförmigen Augen namens „Lam“ für sich ausgewählt haben, woraufhin Crowley „Aiwaz“ gemurmelt haben soll. Grant verstand das so, dass Aiwaz und Lam zumindest in enger Beziehung zueinander stünden. Infolgedessen entstand ein wenig verbreiteter „Lam-Kult“ als Unterströmung der thelemischen Bewegung.
Weblinks
- The Equinox of the Gods, Kapitel 7 (in Englisch)
Quellen
- AL I:7.
- The Equinox of the Gods, Kapitel 7 (5. The actual writing.)
- Robert Anton Wilson: Lexikon der Verschwörungstheorien. Verschwörungen, Intrigen, Geheimbünde. Aktualisierte Neuausgabe, Westend, Frankfurt am Main 2016, S. 35.