Adhocracy
Adhocracy ist eine von Friedrich Lindenberg[1] im Rahmen seiner Bachelorarbeit[2] gemeinsam mit Martin Storbeck entwickelte Open-Source-Software zur Onlinebeteiligung für Organisationen und Institutionen. Hauptentwickler Friedrich Lindenberg arbeitete an dem Projekt in den Jahren 2009 bis 2011;[3][4] die Software wird aktuell vom Verein Liquid Democracy e.V. gepflegt.[5]
Adhocracy | |
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Basisdaten | |
Entwickler | Liquid Democracy e.V. |
Aktuelle Version | Adhocracy4 aplus-v2012 (10. Dezember 2020[6]) |
Betriebssystem | unabhängig |
Programmiersprache | Python 2[7] |
Kategorie | Meinungsbildung und Entscheidungsfindung über das Internet |
Lizenz | AGPLv3[8] |
deutschsprachig | ja |
https://github.com/liqd/adhocracy4/ |
Funktion
Mit Adhocracy ermöglichen Organisationen und Firmen eingebundenen Personen die Partizipation an Entscheidungsfindungsprozessen[9] mittels eines Online-Diskurses[10].
Durch vielfältige Einstellungsmöglichkeiten kann die Software individuell an die Bedürfnisse und Strukturen einer Gruppe (z. B. Parteien, NGOs, Unternehmen oder staatliche Akteure) angepasst werden. Anders als in Foren können die Diskurse zu Abstimmungen führen, die – je nach Einstellung – zu verbindlichen Entscheidungen oder zu Handlungsempfehlungen führen.
Zusätzlich können sich durch die einmalige Eingabe der aktuellen Beschlusslage einer Organisation – beispielsweise der Satzung, eines Programms oder einer Zukunftsstrategie – als Normenbasis die Abstimmungen immer auf den aktuellen Status quo der Organisation beziehen. Durch Berechtigungseinstellungen kann der Diskurs sowohl organisationsintern als auch -extern geführt werden.
Delegated Voting
Es ist grundsätzlich möglich, dass Nutzer nach dem Prinzip des Delegated Voting ihre Stimme themenspezifisch an andere Nutzer übertragen (auch Stimmdelegation oder Liquid Democracy genannt). Die Software sieht jedoch vor, die Möglichkeit der Stimmdelegation zu deaktivieren[11][12] (was entsprechend als „Delegations are disabled“[13] bzw. „Delegationen sind inaktiv“[14] in der Benutzeroberfläche angezeigt wird). Von dieser Möglichkeit, das Delegated Voting bzw. die Liquid Democracy zu deaktivieren, wurde vielfach Gebrauch gemacht, unter anderem von der Partei „Die Linke“[15] sowie dem Beteiligungsprojekt zum Tempelhofer Feld[16]. So kommentiert Tobias Hößl, Aktiver im Landesarbeitskreis Medien und Netzpolitik der bayerischen Grünen, dass das Delegated Voting bei den tatsächlichen Anwendungsgebieten von Adhocracy eine eher zweitrangige Rolle zu spielen scheine.[17]
Etymologie
Der engl. Begriff „adhocracy“ (dt. Adhokratie) leitet sich von lat. „ad hoc“ („aus dem Moment heraus“) und dem griech. „κρατεῖν“ („herrschen“) ab. Adhokratie definiert das Gegenteil einer Bürokratie. Erstmals wurde das Wort 1970 von Alvin Toffler verwendet[18] und nachfolgend spezifiziert von Henry Mintzberg in der Managementtheorie etabliert.[19]
Anwendung
- Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft (quasi-offizieller[20] Betrieb als externes Beteiligungsprojekt durch Verein Liquid Democracy e.V. in Kooperation mit der Kommission[21])
- SPD-Bundestagsfraktion der 17. Wahlperiode (als Beteiligungswerkzeug „Zukunftsdialog online“ bis 2013[22])
- Die Partei „Die Linke“[23] (temporär)
- Landeshauptstadt München: Munich Open Government Day (MOGDy)[24]
- Mehr Demokratie e. V. (temporärer Einsatz im Jahre 2010[25])
- Landesjugendring Niedersachsen (Erprobung der Integration der Software Adhocracy[26])
- Tempelhofer Feld[27]
Siehe auch
Einzelnachweise
- Referenten und Moderatoren des Demokratie-Kongresses 2011. Abgerufen am 4. Februar 2016.
- Friedrich Lindenberg: Konzeption und Erprobung einer Liquid Democracy Plattform anhand von Gruppendiskussionen. (Nicht mehr online verfügbar.) 20. Mai 2010, archiviert vom Original am 17. April 2016; abgerufen am 5. Februar 2016.
- Friedrich Lindenberg: What I work on. Abgerufen am 4. Februar 2016.
- Kontributorenübersicht des Projektes Adhocracy bei github.com. Abgerufen am 4. Februar 2016.
- Wir entwickeln Open-Source-Software, die die Vielfalt von Beteiligungsprozessen abbildet. (liqd.net [abgerufen am 23. Oktober 2018]).
- Releases im Repository „liqd/adhocracy4“ auf github.com. Abgerufen am 23. März 2021.
- Repository „liqd/adhocracy4“ auf github.com. Abgerufen am 23. März 2021.
- About Adhocracy. (Nicht mehr online verfügbar.) Liquid Democracy e.V., archiviert vom Original am 4. Februar 2016; abgerufen am 6. Februar 2016.
- Jürgen Seeger: Liquid Democracy: Mit Software zu mehr Mitbestimmung. Heise Medien GmbH & Co. KG, 28. Juni 2012, abgerufen am 5. Februar 2016.
- Ina Gawel: Jahrestreffen des „Forschungsnetzwerkes Liquid Democracy“ – Online-Plattform für kooperative Entscheidungsfindung. 7. März 2014, abgerufen am 5. Februar 2016.
- Siehe Konfigurationsoption „allow_delegate“ in Adhocracy v0.4 documentation. Archiviert vom Original am 21. März 2012; abgerufen am 5. Februar 2016.
- Siehe Konfigurationsoption „allow_delegate“ in Adhocracy 2.0dev documentation. Abgerufen am 5. Februar 2016.
- Carsten Senger: Quellcodeänderung im Repository der Software Adhocracy auf github.com zur Anzeige der Delegationsfunktion in der Seitenleiste. 7. Juni 2012, abgerufen am 5. Februar 2016.
- Translations template for adhocracy. Abgerufen am 5. Februar 2016.
- Siehe „Delegationen sind inaktiv“ bzw. „Delegations are disabled“ unter Beteiligungsplattform „dielinke.adhocracy.de“, Übersichtsseite. Abgerufen am 5. Februar 2016.
- Siehe „Delegationen sind inaktiv“ bzw. „Delegations are disabled“ unter Beteiligungsplattform „tempelhofer-feld.berlin.de“, Übersichtsseite. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 5. Februar 2016; abgerufen am 5. Februar 2016.
- Tobias Hößl: Bürgerbeteiligung zwischen Volksentscheid, Planungszelle und Liquid Democracy. In: Grün Digital. Dr. Konstantin von Notz, MdB, abgerufen am 5. Februar 2016.
- Bob Travica (1999): New Organizational Designs: Information Aspects. S. 7, ISBN 1-56750-403-5.
- Organisational Configurations (Mintzberg). Abgerufen am 23. Oktober 2018 (englisch).
- Ole Reißmann: Adhocracy-Versuch: Bundestag bittet zur Bürger-Beteiligung. In: Spiegel Online. 25. Februar 2011, abgerufen am 5. Februar 2016.
- Charlie Rutz: Quo vadis Internet-Enquete? auf politik-digital.de, herausgegeben vom politik-digital e.V., 24. Februar 2011, abgerufen am 4. Februar 2016.
- Letzte Aktivität im Jahre 2013 auf Der Zukunftsdialog online, Seite „Start“. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 15. Februar 2015; abgerufen am 5. Februar 2016.
- Bericht vom LAG Netzpolitik Treffen vom 06.01.2014. Abgerufen am 23. Oktober 2018.
- Moritz Sammer: Präsentation „Bürgernahe Stadtverwaltung durch Open Government und eGovernment“. Landeshauptstadt München, Direktorium, 16. Juli 2011, abgerufen am 5. Februar 2016.
- Paul Tiefenbach & Charlie Rutz: Positionspapier Nr. 16, E-Demokratie. Mehr Demokratie e.V., 3. Dezember 2013, abgerufen am 3. Februar 2016.
- Sonja Reichmann: ePartizipation in Jugendverbänden. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 5. Februar 2016; abgerufen am 5. Februar 2016.
- Webseite tempelhofer-feld.berlin.de. Abgerufen am 5. Februar 2016.