Abteikirche Otterberg
Die Abteikirche Otterberg in Otterberg in der Pfalz ist eine ehemalige Zisterzienser-Abteikirche und nach dem Speyerer Dom die größte Kirche der Pfalz. Die Kirche wird als Simultankirche von evangelischen und katholischen Christen genutzt.
Zisterzienserabtei Otterberg | |
---|---|
Abteikirche Otterberg | |
Lage | Deutschland Rheinland-Pfalz |
Liegt im Bistum | Vormals Erzbistum Mainz |
Koordinaten: | 49° 30′ 11,2″ N, 7° 46′ 25,6″ O |
Ordnungsnummer nach Janauschek |
205 (CCV) |
Patrozinium | Mariae Himmelfahrt (15. August) St. Sebastian (20. Januar) |
Gründungsjahr | 1145 |
Jahr der Auflösung/ Aufhebung |
1561 |
Mutterkloster | Kloster Eberbach |
Primarabtei | Kloster Clairvaux |
Tochterklöster |
Kloster Disibodenberg (1259) |
Geschichte
Das Zisterzienserkloster wurde 1143 unterhalb der abgegangenen Otterburg als zweite Tochter des Kloster Eberbach aus der Filiation der Primarabtei Clairvaux gegründet. Im Jahre 1168 wurde mit dem Bau der Klosteranlage am Otterbach begonnen. Am 10. Mai 1254 fand die Weihe durch den Auxiliarbischof Arnold von Semgallen statt. Die Kirche ist 79,5 m lang und 20,5 m breit. Sie ist in der Grundanlage kreuzförmig und besteht aus gelblichem Sandstein. In den großen Steinquadern sind noch die Steinmetzzeichen zu erkennen. Im 15. Jahrhundert erfolgte ein langsamer Niedergang des Klosters. Im Jahre 1504 wurde das Kloster gebrandschatzt und geplündert. Im Bauernkrieg 1525 wurde das Kloster wiederum geplündert. 1559 sollten die verbliebenen Mönche gezwungen werden, zum evangelischen Glauben überzutreten, was sie aber nicht taten. Der letzte Abt, Wendelin Merbot, verließ 1561 das Kloster, es wurde 1564 endgültig aufgegeben. Nachdem Pfalzgraf Johann Casimir die Wallonen aus den spanischen Niederlanden in Otterberg ansiedelte, wurden die Steine der Klostergebäude ab 1579 zum Bau der Wohnhäuser genutzt. Die Steine sind an ihren Steinmetzzeichen noch teilweise erkennbar. Vom Kloster ist nur noch der Kapitelsaal erhalten.
Die Abteikirche wurde von der katholischen und der evangelischen Pfarrei zunächst als Simultankirche genutzt, doch führte dies zu Streitigkeiten. 1708 wurde daher eine Trennwand eingezogen. Der Chorraum mit dem Querschiff wurde nun als katholischer Teil, das restliche Langhaus als evangelischer Teil genutzt. Dadurch wurde jedoch der harmonische Raumeindruck völlig zerstört. Im Jahre 1979 wurde im Zuge einer umfassenden Renovierung die Mauer entfernt, so dass die Kirche nun wieder eine Simultankirche ist. Die Eigentumsverhältnisse blieben damit unberührt. Die Kirchenbänke im Querschiff dienen weiterhin den katholischen Christen, die Einzelstühle im Langhaus den evangelischen Christen. Der Tabernakel mit dem Allerheiligsten befindet sich in einer der Seitenkapellen im rechten Querschiff, die zweite Seitenkapelle dient als Taufkapelle. Der Kapitelsaal wird von der katholischen Pfarrgemeinde als Versammlungsraum genutzt, das katholische Pfarrhaus ist auf den Kapitelsaal gebaut.
Architektur
Die Mauer der Abteikirche umschlossen nur den engeren Klosterbereich, deshalb sind an manchen Stelle die Anschlüsse der Erweiterung noch heute sichtbar. Dies hatte den Grund, Platz für den Einzug der Flüchtlinge 1600 zur nördlichen Stadterweiterung zu haben. Die Mauer führte direkt zur Kirchstraße, dort ist eine leichte Krümmung nach Südwesten. In der Ecke lag das Nordtor des Klosters. In der Kanalisation fand man zwei Mauerzüge aus Quadersteinen in einem Abstand von fünf Metern, was darauf hinweist das hier ein Haus gestanden haben musste. Dies war das Nordtor. An der südlichen Stadtmauer, stand das Südtor, auch Untertor genannt. Dies lag dem Nordtor in gerader Linie gegenüber.
Durch das Kloster ging eine Landstraße von Süden nach Norden, unten und oben von einem Tor abgesperrt. Ein weiteres Tor war nicht vorhanden. An beiden Toren befanden sich außerhalb der Ringmauer einige Wohnungen. Der ganze übrige Platz war unbebaut, innerhalb des Klosters stand kein Gebäude, das nicht dazu gehörte oder dafür diente.[1]
Kunstgeschichtliche Bedeutung
Die Abteikirche in Otterberg ist nicht nur die zweitgrößte Kirche, sondern auch die größte und besterhaltene Klosterkirche der Pfalz. Sie ist ein herausragendes Beispiel der zisterziensischen Ordensarchitektur.
Nach dendrochronologischen Befunden erstreckte sich ihre Bauzeit von Fundamentierungen um 1168 über in ihrem definitiven Zustand stark zeitversetzte Seitenschiffe (südliches 1173–1176, nördliches 1220–1224) bis zu dem prächtigen Rosenfenster im Westgiebel von 1241, evt. 1249. Als abgesehen von diesem jüngster Bauabschnitt werden die Mittelschiffsgewölbe angesehen. Auffällig ist ein starkes Festhalten am Stil der ersten Bauphase über etwa ein halbes Jahrhundert.[2]
Im Endergebnis übernimmt die Kirche die Gewölbeverteilung des frühgotischen Langhauses der ab 1138 errichteten Abteikirche Pontigny[3] und auch die Arkaden und Gewölbe der Seitenschiffe sind schon spitzbogig, anders als im ab 1130 errichteten und 1181 geweihten Wormser Dom. Aber im Gegensatz zu Pontigny hat sie nur romanische Portale und fast nur romanische Fenster. Damit ist sie dem Stil der oberrheinischen Spätromanik zuzurechnen. Erst im Westgiebel lässt sich eine Übernahme von gotischen Fensterformen erkennen. Die für den zisterziensischen Stil charakteristische Askese wurde während einer langen Bauzeit beachtet. Nach Westen hin werden allerdings die Pfeiler etwas graziler. Durch die verwendeten großen Quader wirkt das Mauerwerk besonders wuchtig. An den Strebepfeilern lässt sich eine Entwicklung von plumpen Proportionen zu stärker differenzierten, zierlicheren Elementen erkennen.[4][5]
- Westseite mit Hauptportal und großer Rosette
- Konversenportal auf der Südseite der Kirche
- Mittelschiff, Blick nach Osten
- Mittelschiff, Blick nach Westen
- Sakramentskapelle
- Taufkapelle
- Ansicht aus dem 19. Jht.
Orgel
Bis 1979 befanden sich in der Abteikirche zwei Orgeln: ein „katholisches“ Instrument im nördlichen Querhaus auf einer Empore aus dem Jahr 1931, und das „protestantische“ Instrument, ebenfalls auf einer Empore direkt an der Trennwand.
Heute gibt es eine „ökumenische“ Orgel, finanziert von beiden Konfessionen. Sie befindet sich in einem Joch des Hauptschiffs vor der Vierung und fügt sich in den Arkadenbogen ein. Das Instrument wurde 1999 von der Schweizerischen Orgelbaufirma Goll (Luzern) mit 26 Registern (1.648 Pfeifen) auf drei Manualen und Pedal errichtet. Das Instrument hat mechanische Spiel- und Registertrakturen.[6]
|
|
|
|
- Koppeln: II/I, III/I, I/P, II/P
Literatur
- Michael Werling: Die Baugeschichte der ehemaligen Abteikirche Otterberg unter besonderer Berücksichtigung ihrer Steinmetzzeichen. In: Heimatstelle Pfalz (Hrsg.): Beiträge zur pfälzischen Volkskunde. Band 3. Kaiserslautern 1986.
- Michael Werling: Die Zisterzienserabtei Otterberg. Otterbach 1990, ISBN 3-87022-123-2.
- Michael Werling: Der Otterberger Kapitelsaal, zur 850. Wiederkehr der Gründung des Zisterzienserklosters Otterberg 1143–1993. Otterbach 1993, ISBN 3-87022-123-2.
- Jürgen Kaiser, Michael Werling: Die Otterberger Bauplastik, zur 900. Wiederkehr der Gründung des Zisterzienserordens 1098–1998. Otterbach 1998, ISBN 3-87022-251-4.
- Michael Werling: Otterberg und die Kunst der Wölbung, mit Beiträgen von Jürgen Kaiser und Rainer Hempel. Veröffentlichung der Fachhochschule Köln, Fachbereich Architektur, Fachgebiet Baugeschichte, Stadtbaugeschichte und Entwerfen, Band 1 in der Reihe der Berichte zum Forschungsfreisemester. Köln 2000.
- Eduard Sebald: Abteikirche Otterberg. In: DKV-Kunstführer. 5., völlig neu bearb. Auflage. Nr. 423. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 2009, ISBN 978-3-422-02221-8.
- Michael Frey: Urkundenbuch des Klosters Otterberg in der Rheinpfalz. Kirchheim 1845 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
Weblinks
- Vorstellung der Abteikirche
- Geschichte und heutige Nutzung der Kirche (Memento vom 6. Juni 2016 im Internet Archive)
- Die Orgeln der Abteikirche Otterberg – Beitrag auf Orgel-Verzeichnis
Einzelnachweise
- Hermann Karch: Otterberg, Alte Häuser erzählen. In: Im Selbstverlag Hermann Karch (Hrsg.): Aus Otterbergs vergangenen Tagen. Band 2. Arbogast, Otterberg, S. 8–11.
- Dehio-Handbuch Rheinland-Pfalz – Saarland, 2. Aufl. 1984, ISBN 3-422-00382-7, S. 804 ff.
- Gebaut: Burgundische Romanik – Pontigny – Zisterziensergotik
- Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler (Band 4): Südwestdeutschland — Berlin, 1911, S. 315 f.
- Ludwig Petry (Hrsg.): Handbuch der historischen Stätten Deutschlands. Band 5: Rheinland-Pfalz und Saarland (= Kröners Taschenausgabe. Band 275). 3. neubearbeitete Auflage. Kröner, Stuttgart 1988, ISBN 3-520-27503-1, S. 285.
- Nähere Informationen zur Orgel der Abteikirche (Memento vom 19. Juli 2011 im Internet Archive)