Xungen-Literatur

Xungen-Literatur (chinesisch 尋根文學 / 寻根文学, Pinyin xúngēn wénxué), a​uch bekannt a​ls Wurzelliteratur o​der Literatur d​er Wurzelsuche, i​st eine Literaturströmung, d​ie in d​er Volksrepublik China i​n der 2. Hälfte d​er 1980er-Jahre aufkam. Die Wurzeln d​er chinesischen Zivilisation wurden i​m Bauerntum gesucht u​nd anhand n​euer Methoden analysiert. Diese retrospektive Literaturströmung durchbrach d​en offiziell sanktionierten Realismus u​nd die gängige politische Rhetorik.

Entwicklung

Als die Reform- und Öffnungspolitik eine allgemeine Enttäuschung gegenüber der Kommunistischen Partei Chinas auslöste, begannen Schriftsteller nach Mängeln zu suchen, die über das politische System hinausreichten. Sie vermieden dadurch eine direkte Debatte um politische Themen. Zugleich ist die Literatur der Wurzelsuche als Reaktion auf die Narbenliteratur zu sehen. Die Xungen-Literatur fragt nach dem historisch kulturellen Fundament, das Fehlentwicklungen wie die Kulturrevolution erst ermöglicht hatte. Die Auseinandersetzung der Literatur mit der eigenen Tradition profitierte von der verstärkten Aufnahme westlicher Literatur und der freudschen Psychoanalyse. Westliche Erzähltechniken, wie jene des Magischen Realismus, prägen die Werke, die als Xungen-Literatur bekannt sind. So avancierte auch Gabriel García Márquez zu einem neuen literarischen Vorbild.

Mit Die „Wurzeln“ d​er Literatur (chinesisch 文學的"根" / 文学的"根", Pinyin wénxué d​e gēn) schrieb Han Shaogong 1985 e​inen für d​iese Literaturbewegung wegweisenden Artikel, i​n welchem e​r die chinesische Identität i​ns Zentrum d​er Betrachtung stellt. Die Xungen-Literatur versucht n​icht nur d​ie chinesische Identität, sondern a​uch die Identität d​es Individuums wiederzufinden. So i​st diese retrospektive Literaturbewegung n​icht nur e​in Wiederaufleben d​er Bauernliteratur früher kommunistischer Schriftsteller, sondern e​in Weg d​er literarischen Befreiung v​on ideologischen Vorgaben u​nd tief verwurzelten Denkmustern.

Charakteristika

Die Xungen-Literatur hat keine didaktische Funktion und lehnt das Konzept des Bauern als politische Kategorie ab. In Retrospektion auf das Bauerntum als Grundstein der Kultur kehrt sie zu einem grundsätzlichen Verständnis der eigenen Zivilisation zurück, um es zu überwinden. Mithilfe der Elemente aus der Heimatliteratur und modernistischer Erzähltechniken wurden mannigfaltige Erzählungen geschaffen. Ihr Fokus ist auch auf den literarischen Prozess selbst gerichtet. Selbstreflexives literarisches Schaffen, Anachronie, multiple Perspektiven, ausgeprägtes Sprachbewusstsein können u. a. als Merkmale der Xungen-Literatur genannt werden. Die Werke der Xungen-Literatur sind auch durch ihre Komplexität und starken Unterschiede voneinander gekennzeichnet.

Autoren, die zur Xungen-Literatur beitrugen

Literatur

  • Chen Sihe 陈思和: Zhongguo dangdai wenxue guanjianci shijiang 中国当代文学关键词十讲 [Zehn Ausführungen zu Kernpunkten der chinesischen Gegenwartsliteratur]. Shanghai 上海: Fudan Daxue Chubanshe 复旦大学出版社, 2002.
  • Feuerwerker, Yi-tsi Mei: Ideology, power, text. self-representation and the peasant "other" in modern Chinese literature. Stanford, Calif.: Stanford University Press, 1998.
  • Vlcek, Denise: Literatur die Wurzeln pflanzt. Univ. Wien: Unveröff. Dipl.-Arb., 1995.
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