Wim Mulders
Wim Mulders (* 18. September 1913 in Amsterdam; † 3. August 2008 in Hamburg) war ein niederländischer Maler.
Leben und Werk
Wim Mulders Vater war Eisenbahner und Hobbymaler. Wim Mulders absolvierte das Gymnasium und studierte dann drei Jahre Malerei an der Amsterdamer Rijksakademie van beeldende kunsten, anschließend zwei Jahre an der Kunstakademie Düsseldorf. Sein Studium finanzierte er durch Plakatmalerei und Kinoreklame. Er ließ sich im westfälischen Burgsteinfurt nieder und lebte dort von 1947 bis 1962.
Ungewöhnlich schnell setzte die regionale Rezeption ein. Die zwölf Jahre Faschismus hatten den deutschen Kunstmarkt deformiert; Mulders’ impressionistisch-romantisierende Landschaften, Stillleben und Porträts waren schnell sehr beliebt und fanden sich auch auf Kalenderblättern. Im September 1948 attestierte ihm der Schriftsteller Friedrich Castelle in einem Brief: „Sie tragen die große malerische Tradition Ihres Landes im Blute“,[1] ein Jahr später überschlugen sich dann die Westfälischen Nachrichten vor Begeisterung. Unter dem Titel: Auf den Spuren Rembrandts brachten sie eine kleine Bildmappe mit vier Stillleben, drei Porträts und einer Landschaft heraus, ein Teil der Auflage von Mulders handsigniert; der Begleittext stellte ihn in die Nachfolge von Rembrandt, Jan Vermeer und ter Borch. Der Terminus, Rembrandt sei ein Bildner der Menschheit,[2] verriet dabei die ideologische Herkunft dieser kunsthistorischen Entgleisung: es war die antimodernistische Theorie des Julius Langbehn vom Rembrandtdeutschen, die durch ihre Verwendung im deutschen Faschismus ebenso gründlich diskreditiert wurde, wie Friedrich Castelle durch seine Biografie.
Mulders aber schlug eine ganz andere Richtung ein. In seinem Gemälde Korn und Kohle, die der Münsterländer Dichter August Hollweg in der Bildbeschreibung pathetisch zu den „wichtigsten Gütern unseres irdischen Lebens“'[3] stilisierte, thematisierte er den Strukturwandel des Ruhrreviers. Er selbst wandelte sich ebenso: der Schilderer ländlicher Idyllen wurde zum Industriemaler. Er erhielt regelmäßig Aufträge von den wieder aufstrebenden Schwerindustrien im Ruhrgebiet der Nachkriegszeit. Er dokumentierte die Niederlassungen der Duisburger Kupferhütte (heute: DK Recycling), der Rheinstahl-Eisenwerke, der DEMAG, den VEW, der Westfalen AG, der Gutehoffnungshütte in Oberhausen und vieler mehr. Seine Stilmittel reichten von impressionistischer Spachteltechnik bis zur Neuen Sachlichkeit.
Diesen Weg verfolgte er weiter: Mitte der sechziger Jahre bekam er Aufträge von den großen neuen Kraftwerksbauten am Hochrhein, dem Eggbergbecken, dem Schluchseewerk. Auch den Ausbau der Bundesautobahnen dokumentierte er; er wurde mit einem Bundeswehrhelikopter zu den Baustellen eingeflogen, denn die Bauphasen mit den riesigen Kränen und Baumaschinen interessierten ihn besonders. Sie waren für ihn mehr als bloß malerische Sujets: er wertete sie auf zu Metaphern einer neuen politischen Utopie: des neuen Europas. Seine ungebrochene Technikgläubigkeit sah Wasserkraft, Kohle, Erdöl und Atomkraft als dessen Grundlagen, seine Werke waren frühe Visionen der europäischen Vereinigung. So ist auch der Titel der von ihm konzipierten europäischen Sammelausstellung zu verstehen: Strom für Europa.[4] Ob sie damals zustande kam, ist unbekannt.
1978 heiratete er Annegreth Giesecke. Er arbeitete bis etwa 1998; sein Lebenswerk umfasst rund 2000 Zeichnungen, Aquarelle und Gemälde. Wim Mulders starb im Alter von 94 Jahren.
Ausstellungen
Regelmäßig stellte Mulders seine Arbeiten aus. Diese Ausstellungen organisierte er stets selbst. Sie waren sehr informell. Statt die Bilder aufzuhängen, stellte er sie meist einfach auf den Boden. Kataloge gab es nicht. Stattdessen vertrieb er einen selbst verlegten Bildband mit 160 teils farbig abgebildeten Werken. Die Abbildungen waren von poetischen Texten in vier Sprachen begleitet. Der Titel auf deutsch: Kunstwerke von heute. Konkrete Angaben über die Art des Malgrundes und der Farben, die Maße und die Entstehungsjahre fehlten. All dies ist für einen akademischen Maler ungewöhnlich.
Kunsthistorische Einordnung
Künstlerisch war Mulders Eklektizist. Mühelos wechselte er den Malstil vom Impressionismus zur Neuen Sachlichkeit. Die naive Rezeption seiner frühen Werke als letzten Rembrandtdeutschen hat ihn nicht abgehalten, sich künstlerisch weiterzuentwickeln; der Strukturwandel des Landes war ihm bewusst. Statt diesem – wie August Hollweg – mit Kulturpessimismus zu begegnen, brach er zu einer neuen politisch-ästhetischen Utopie auf. Die Rezeption seiner Werke erfolgte nicht durch Galerien und akademische Institutionen, sondern durch direkte Kontakte bei seinen Ausstellungen und durch den Journalismus. Die Badische Zeitung etwa zählte ihn 1973 „zu den bedeutendsten Malern Europas“.[5]
Literatur
- Auf den Spuren Rembrandts. Bildmappe der Westfälischen Nachrichten mit Auszug aus einem Artikel vom 19. Oktober 1949.
- August Hollweg: Mit Wim Mulders durch Nordrhein-Westfalen. Selbstverlag, ohne Orts- und Jahresangabe (ca. 1960).
- Wim Mulders: Kunstwerke von heute. Works of art for today. Chefs d‘Oeuvres contemporains. Heedendaagse Kunstwerken. Selbstverlag des Autors, 1974.
Weblinks
- Die Kunst, das Geld und der Ziegenbock. In: Westfälische Nachrichten vom 18. Mai 2011
- Westline vom 11. März 2011
- Mulders´ Bilder müssen wieder ausgestellt werden. In: Westfälische Nachrichten vom 3. November 2011
Einzelnachweise
- Abgedruckt in: August Hollweg: Mit Wim Mulders durch Nordrhein-Westfalen. S. 6.
- Zitiert nach: Auf den Spuren Rembrandts. Bildmappe der Westfälischen Nachrichten mit Auszug aus einem Artikel vom 19. Oktober 1949.
- August Hollweg: Mit Wim Mulders durch Nordrhein-Westfalen. S. 50.
- Sonderbeilage des Südkuriers vom 29. November 1967.
- Badische Zeitung vom 21. Februar 1973.