William Thalbitzer
Carl William Thalbitzer (* 5. Februar 1873 in Helsingør; † 18. September 1958 in Usserød) war ein dänischer Eskimologe und Grönlandforscher. Er lehrte an der Universität Kopenhagen.
Leben
Carl William Thalbitzer war der älteste Sohn des Tabakfabrikanten Heinrich Albert Thalbitzer (1853–1893) und dessen Ehefrau Elisabeth Johanne Frederikke Simony (1842–1926). Sein Bruder war der Ökonom Carl Thalbitzer (1876–1970), sein Großvater der Politiker Carl Frederik Simony (1806–1872), was ihn zum Cousin des grönländischen Inspektors Christian Simony (1881–1961) machte. Nach dem Besuch der Schule in Helsingør begann er 1891 ein Studium der Dänischen, der Englischen und der Lateinischen Philologie an der Universität Kopenhagen. Für die eingereichte Arbeit zur seitens der Universität gestellten Preisaufgabe Om Autoritetsforholdets Væsen og etiske Betydning erhielt er 1894 die Goldmedaille. Im Jahr 1899 erlangte er als Schüler von Otto Jespersen den akademischen Grad eines Candidatus magisterii.
Bald nach dem Studium entwickelte Thalbitzer sein Interesse für Grönland. In Kopenhagen lernte er Henrik Lund kennen, der sein erster Lehrer der grönländischen Sprache wurde. Von 1900 bis 1901 erfolgte seine erste Reise nach Grönland, als deren wissenschaftliches Ergebnis A Phonetical Study of the Eskimo Language im Jahr 1904 in Band 31 der Meddelelser om Grønland erschien. Im Jahr 1911 veröffentlichte er im Handbook of American Indian Languages die Arbeit Eskimo, a Grammatical Sketch, mit der er sich internationale Anerkennung verschaffte. Im Jahr 1905/1906 bereiste er Ostgrönland, nun in Begleitung seiner Frau Ellen Locher Thalbitzer (1883–1956), Bildhauerin und Tochter des Malers Carl Ludvig Thilson Locher, die er 1905 geheiratet hatte. Von dieser Reise brachte Thalbitzer die ersten Aufnahmen traditioneller grönländischer Musik zurück und es folgten mit On the Eskimo Music in Greenland sowie Melodies of Greenland zwei Arbeiten, die er zusammen mit dem Musikhistoriker Hjalmar Thuren (1873–1912) dem Thema widmete. Sein Forschungsinteresse galt nicht mehr nur sprachlichen, sondern auch materiellen und künstlerischen Kulturerscheinungen. Er lieferte mit Arbeiten wie The Heathen Priests of East Greenland oder Les Magiciens esquimaux wichtige Beiträge zum Verständnis des Schamanismus.[1]
In zwei Bänden und Unterbänden erschien zwischen 1914 und 1941 mit The Ammassalik Eskimo seine umfassendste Monographie (Meddelelser om Grønland, Bände 39 und 40). Während der erste Band vornehmlich die größtenteils von Johan Petersen erarbeiteten Ergebnisse der Expedition von Gustav Frederik Holm und Georg Carl Amdrup aufarbeitete, widmete sich der zweite Band Language and Folklore vor allem dem ostgrönländischen Dialekt, den Überlieferungen und Sagen und somit seinen eigenen Forschungen.
Bereits 1920 wurde Thalbitzer Dozent für Grönländische Sprache und Kultur an der Universität Kopenhagen, 1926 erfolgte dort die Ernennung zum außerordentlichen Professor. Im Jahr 1929 hatte er eine Gastprofessur an der Sorbonne in Paris. Carl William Thalbitzer lehrte bis 1943 und schied aus Altersgründen mit 70 Jahren aus dem Lehrbetrieb aus. Im Jahr 1952 verlieh ihm die Universität Kopenhagen im Vorfeld seines 80. Geburtstags die Ehrendoktorwürde. Im Jahr 1923 wählte ihn die Königlich Dänische Akademie der Wissenschaften zu ihrem Mitglied. Er ist zudem Ehrenmitglied der Grönländischen Gesellschaft. Von 1904 bis 1952 war William Thalbitzer Repräsentant Dänemarks auf den Internationalen Amerikanistenkongressen.
Publikationen (Auswahl)
- A Phonetical Study of the Eskimo Language (= Meddelelser om Grønland. Band 31). Lund, Kopenhagen 1904 (Digitalisat).
- Eskimo. In: Franz Boas (Hrsg.): Handbook of American Indian Languages. Smithsonian Institution, Bureau of American Ethnology, Bulletin Nr. 40, Teil 1, Washington, D. C. 1911, S. 967–1069 (Digitalisat)
- Grønlandske Sagn om Eskimoernes Fortid. Cederquist, Stockholm 1913.
- The Ammassalik Eskimo. Band 1 (= Meddelelser om Grønland. Band 39). Lund, Kopenhagen 1914 (Digitalisat).
- The Ammassalik Eskimo. Band 2, Teil 1 (= Meddelelser om Grønland. Band 40, Nr. 3). Lund, Kopenhagen 1923.
- The Ammassalik Eskimo. Band 2, Teil 2 (= Meddelelser om Grønland. Band 40, Nr. 4). Lund, Kopenhagen 1941 (Digitalisat).
- Eskimoernes kultiske Guddomme. Pios, Kopenhagen 1926.
- Tunumiut taigdliait; taigdlat tamalât ammassalingmit pissut ilisimatûmit katerssornek'artut uk. 1905–06. Sinerissap Kujatdliup Nak'Iteriviane, Nûngme 1931.
- Kalâleq. Kalâtdlit itsarnitsat ilerquisa ilait. Nuuk 1932.
- Fra Grønlandsforskningens første Dage. In: Festskrift udgivet af Københavns universitet i anledning af Hans Majestaet Kongens fødselsdag. Luno, Kopenhagen 1932
Literatur
- Erik Holtved: William Thalbitzer. In: Tidsskriftet Grønland. 1958, Nr. 12, S. 456–461 (PDF; 478 kB)
- Erik Holtved: William Thalbitzer. In: Geografisk Tidsskrift. Band 57, 1958, S. VI f. (PDF; 185 kB).
- Theodor Salfinger (Hrsg.): Andreas Heusler. Briefe an William Thalbitzer. Kopenhagen (Ejnar Munksgaard), Basel (Universitätsbibliothek) 1953
- Lasse Meyer: William Thalbitzer – En intellektuel biografi. Ilisimatusarfik, Nuuk 2014 (PDF; 565 kB)
Weblinks
- Thalbitzer William in: Kraks Blå Bog 1957.
- Louis L. Hammerich: William Thalbitzer im Dansk biografisk leksikon (dänisch)
- SUB Göttingen
Einzelnachweise
- vgl. Mircea Eliade: Shamanism: Archaic Techniques of Ecstasy. Translated from the French by Willard R. Trask. Routledge & Kegan Paul. London 1964 (Digitalisat)