Wilhelm Weimar
Johann Wilhelm Weimar (* 3. Dezember 1857 in Wertheim; † 25. Juni 1917 in Hamburg) war ein deutscher Museumswissenschaftler, Zeichner, Typograf und Fotograf.
Leben und Wirken im Museum
Wilhelm Weimar wurde in Wertheim geboren, wo er bis Ostern 1872 ein Gymnasium besuchte. Begleitend zu einer Berufsausbildung zum Graveur in Pforzheim erhielt er an der dortigen Kunstgewerbeschule eine vierjährige Ausbildung im Zeichnen und Modellieren. Bis August 1879 besuchte Weimar für drei Jahre die Kunstgewerbeschule Karlsruhe und arbeitete anschließend als Zeichner für die fürstlich fürstenbergische Bauinspektion in Donaueschingen. Von Anfang 1881 bis zum Sommer 1882 ging er nach Karlsruhe, wo er eine Stelle im Atelier von Karl Hammer erhielt. Ab Juni 1882 zeichnete Weimar für die Bichweiler'sche Kunstgewerbliche Anstalt in Hamburg.
Justus Brinckmann, Gründungsdirektor des Museums für Kunst und Gewerbe in Hamburg, stellte Weimar 1883 als zeichnerische Hilfskraft im Museum an.[1] 1888 erhielt er eine feste, für ihn neu geschaffene Stelle als „wissenschaftlicher Assistent II. Klasse“ und erster und bis 1894 einziger Mitarbeiter Brinckmanns. Im Museum katalogisierte Weimar die vorhandenen Kunsthandwerke. Außerdem schuf er selbst kunstgewerbliche Gegenstände, kalligrafische Diplome, Urkunden und Schriften. Die Schriftgießerei Genzsch & Heyse druckte postum Weimars Alphabete Alte Schwabacher, Leibniz-Fraktur und die Hamburger Druckschrift. Diese erschienen 1917 in der Zeitschrift Die Heimat.
Wilhelm Weimar starb im Juni 1917. Für Justus Brinckmann war es Weimars Verdienst, dass „das Museum zu einem gewissen Ansehen unter seinesgleichen“ gekommen sei. Das hatte er an die Oberschulbehörde geschrieben.
Fotografie
Seit 1883 malte Weimar hunderte Ausstellungsgegenstände des Museums. Diese fanden 1894 Verwendung im ersten Führer durch das Museum durch das Hamburgische Museum für Kunst und Gewerbe. Ab den 1890er Jahren wendete er auch typografische Verfahren an, die es ihm ermöglichten, Zeitschriften und Büchern mit Fotografien im Halbtonverfahren zu bebildern. Wenig später erstellte er in einem anderen Reproduktionsverfahren Sammlungen von Diapositiven. Er bildete sich zu einem exzellenten Fotografen fort. Um die Jahrhundertwende schuf er für das Museum ein fotografisches Herbarium, das 1901 erschien. Zwischen 1897 und 1917 entstand mit botanischem Kenntnisreichtum und Sinn für Schönheit und Komposition ein hochwertiges Bilderwerk aus Blüten, Zweigen und Blättern. Im Frühjahr 1915 widmete das Museum für Kunst und Gewerbe dieser Arbeit eine eigene Ausstellung.
Später wendete Weimar das 1904 erfundene Autochromverfahren an, mit dem er Museumsgegenstände festhielt. Er beschäftigte sich intensiv theoretisch und praktisch mit technisch-handwerklichen Neuheiten. Hierüber verfasste er Aufträge und referierte oftmals im Hamburger Museum. Weimar dokumentierte als einer der Ersten die Anfänge der Fotografie anhand der Geschichte fotografischer Ateliers und ihrer Betreiber – vornehmlich in Hamburg. Er legte eine Sammlung von Inkunabeln an, die bereits vergessen waren oder verloren zu gehen drohten. 1915 hielt er seine umfangreichen Detailforschung in dem Buch Die Daguerreotypie in Hamburg 1839–1860 fest. Das Werk gilt bis heute als Pionierarbeit und Standardwerk.
Gemeinsam mit Brinckmann entwickelte Weimar eine besondere Form der Inventarisierung Hamburger Denkmäler. Neu war, dass nicht mehr die Beschreibung der Objekte im Mittelpunkt stand, sondern deren fotografische Abbildung. Zudem stand nach Brinckmanns Vorgabe nicht mehr die Erfassung der Innenstadt im Zentrum des Denkmalkonzepts, sondern die in ihrer Bausubstanz viel gefährdetere Umgebung Hamburgs. Dort fielen in jener Zeit nicht selten uralte, reetgedeckte Gebäude mit wertvollem Inventar dem Feuer zum Opfer. Weimar schuf zahlreiche Fotoserien von Vier- und Marschländer Häusern und Kirchen, die er präzise katalogisierte. So dokumentierte er den Bau des 1906 eingeweihten Bismarck-Denkmals und 1900 die Hauptkirche Sankt Michaelis, die 1906 abbrannte. Weimars Aufnahmen wurden als Grundlage für Entwürfe für einen Neubau des Bauwerks herangezogen.
Bis 1912 beschriftete Weimar über 1200 Fotoplatten mit Ort und Datum der Entstehung, mit Uhrzeit, Blende und Belichtungszeit. Zudem sammelte er systematisch Daguerreotypien. Damit dürfte das Museum für Kunst und Gewerbe seinerzeit eine der wertvollsten Fotosammlungen der Welt beherbergt haben. Der größte Teil der Originalabzüge seiner Aufnahmen wird heute im Museum für Hamburgische Geschichte verwahrt. Wilhelm Weimar war Mitglied im Hamburger Künstlerverein von 1832.
Werke
- Die Daguerreotypie in Hamburg 1839–1860 (1. Beiheft zum Jahrbuch der Hamburgischen Wissenschaftlichen Anstalten, XXXII, 1914,) Verlag Otto Meissner, Hamburg, 1915.[2]
- Die Daguerreotypie und ihre Ausübung in Hamburg[3], (8. Sitzung am 22. Februar [1911]), in Verhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins in Hamburg, 3. Folge XIX, L. Friedrichsen & Co., Hamburg 1912, S. LXVII–LXVIII, Digitalisat .
- Über verschiedene Ursachen des häufigen Mißlingens photographischer Aufnahmen auf Reisen und deren Abhilfe. In: Verhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins in Hamburg. Vortrag am 11. Mai, 3. Folge XII 1904, L. Friedrichsen & Co., Hamburg 1905, S. LXIV
- Die photomechanischen Vervielfältigungsverfahren und das Zeichnen für Vervielfältigungszwecke. In: Verhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins in Hamburg. Vortrag am 22. Februar, 3. Folge XIII 1905, L. Friedrichsen & Co., Hamburg 1906, S. XLVI
- Über Landschaftsaufnahmen mit Vorführung von Lichtbildern nach Waldmotiven aus Thüringen (Oberhof). In: Verhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins in Hamburg. Vortrag am 22. März, 3. Folge XIII 1905, L. Friedrichsen & Co., Hamburg 1906, S. LI
- Über photographische Aufnahmen mit dem Objektiv-Doppelkreuzvorschieber. In: Verhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins in Hamburg. Vortrag am 7. März, 3. Folge XIV 1906, L. Friedrichsen & Co., Hamburg 1907, S. LVIII
- Über die Aufnahmen der Stadt vom Baugerüst des Bismarkdenkmals aus. In: Verhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins in Hamburg. Vortrag am 7. März, 3. Folge XIV 1906, L. Friedrichsen & Co., Hamburg 1907, S. LIX
- Über photographische Aufnahmen von Pflanzen und Blättern mit durchfallendem Tageslicht; Silhouetten von Blättern, blühenden Pflanzen und Porträts, (32. Sitzung am 27. November [1907]), in: Verhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins in Hamburg, 3. Folge XV, L. Friedrichsen & Co., Hamburg 1908, S. LXXXIX–XCI.
Literatur
- Gabriele Betancourt Nuñez: Weimar, Wilhelm. In: Franklin Kopitzsch, Dirk Brietzke (Hrsg.): Hamburgische Biografie. Band 4. Wallstein, Göttingen 2008, ISBN 978-3-8353-0229-7, S. 375–376.
- Matthias Gretzschel: Der Fotograf als Denkmalpfleger. Hamburger Abendblatt, 1. Dezember 2003, (Ansichten im Hamburger Abendblatt sind kostenpflichtig).
- W. Heyden: Wilhelm Weimar, gestorben am 25. Juni 1917. Aus einem Vortrag von Dr. W. Heyden am 19. November 1917. In: Mitteilungen des Vereins für Hamburgische Geschichte. Band 38, 1918, ZDB-ID 2777330-9, S. 103–113.
- Olaf Matthes: Wilhelm Weimar. Hamburgs erster Denkmalfotograf. In: Ders. (Hrsg.): Stadt Bild Wandel. Hamburg in Fotografien 1870–1914 / 2014. Junius, Hamburg 2015, S. 162–215, ISBN 978-3-88506-055-0
Anmerkungen
- Justus Brinckmann: Bericht über das Hamburgische Museum für Kunst und Gewerbe. In: Jahrbuch der Hamburgischen Wissenschaftlichen Anstalten. Nr. 1. Th. G. Meissner, Hamburg 1884, S. XII (biodiversitylibrary.org [abgerufen am 16. März 2017]).
- Rezension: H[Heinrich] K[Keßler]: Die Daguerreotypie in Hamburg 1839–1860 in: Photographische Korrespondenz, 52. Jg., Wien, Leipzig 1915, S. 325–326
- Besprechung des Vortrages in Die Anfänge der Photographie in Hamburg, in: J. M. Eder (Hrsg.), Photographische Korrespondenz, 48. Jg., Verlag der k.k. Photographischen Gesellschaft in Wien, Wien, 1911, S. 304–305, (Wiedergabe eines Artikel im Hamburger Korrespondenten vom 28. Februar 1911).
Weblinks
- Anja Hoenen: Herbarium. Wilhelm Weimar. Netzwerk Fotografie/Bild-Akademie, 2004/2016, 2. Februar 2015, abgerufen am 16. November 2016.