Wilhelm Adolf zu Rantzau
Wilhelm Adolf zu Rantzau (* 1688; † 1734 in Akershus) war 4. und letzter Reichsgraf zu Rantzau und Mitglied der Breitenburger Linie der adligen Familie Rantzau in Schleswig-Holstein. Er war der jüngere Bruder des 3. Reichsgrafen Christian Detlev zu Rantzau, an dessen Ermordung er beteiligt gewesen sein soll.
Der Bruder des 3. Reichsgrafen
Wilhelm Adolf übernahm die Verwaltung der Reichsgrafschaft Rantzau, nachdem sein Bruder 1715 wegen des Vorwurfs homosexueller Handlungen in Berlin verhaftet und anschließend in Spandau inhaftiert wurde. Der ältere Bruder hatte eine Anzahl Streitigkeiten mit dem dänischen Königshaus verursacht und war aufgrund seines kostspieligen Lebensstils und seiner recht despotischen Herrschaft in der Grafschaft gefürchtet. Wilhelm Adolf dagegen soll sich der Bevölkerung gegenüber wohlwollender verhalten haben, so entstand etwa auf seine Veranlassung der Neubau der Heiligen-Geist-Kirche in Barmstedt. 1720 wurde Christian Detlev aus der Haft entlassen und kehrte auf das Barmstedter Schloss Rantzau zurück, begleitet von 50 in Hamburg angeworbenen Männern, die ihm als bewaffnete Garde dienten. Der ältere Bruder führte seinen früheren Lebensstil fort und machte sich so weiter unbeliebt.
Der Mord und die Verhandlung
Am 10. November 1721 befand sich Christian Detlev in der Nähe der Schlossinsel auf der Jagd, als er von hinten niedergeschossen wurde und an seinen Verletzungen starb. Anfangs glaubte man an einen Unfall. Da Christian Detlev keine Nachkommen hinterließ, brach Wilhelm Adolf unverständlicherweise nach Kopenhagen auf, um sich vom dänischen König als offiziellen Erben einsetzen zu lassen, obwohl die Reichsgrafschaft durch das Wiener Doppeldiplom von 1650, das ihn mit fürstengleichen Privilegien ausstattete, ihn ausschließlich dem Kaiser und den Reichsgerichten unterstellte. Der dänische König hatte kein Recht, ihm den Prozess zu machen. Während der Reise informierte man ihn darüber, dass er als Drahtzieher des Mordes verdächtigt würde. Wilhelm Adolf kehrte sofort um und flüchtete, in Bauernkleidung verhüllt, über Holstein mit Ziel Hamburg. Währenddessen wurde das Gut in Drage bereits auf Befehl Friedrichs IV. besetzt. In der Nähe von Pinneberg konnte Wilhelm Adolf im Frühjahr 1722 festgenommen werden und wurde anschließend nach Rendsburg verbracht. Dort wurde ihm und einem Kreis ihm ergebener Männer der Prozess aufgrund des Brudermords gemacht. Wilhelm Adolf konnte zwar nicht des tödlichen Schusses bezichtigt werden, doch verurteilte man ihn als Anstifter zu einer Geldstrafe von 20.000 Reichstalern und inhaftierte ihn ab 1726 bis an sein Lebensende in der Festung Akershus bei Oslo. Als ausführender Täter wurde der Sohn des Elmshorner Kirchenvogts Detlev Prätorius verurteilt und 1725 hingerichtet, weitere vermeintliche Mitwisser und -täter wurden öffentlich ausgepeitscht und gebrandmarkt.
Die ungelöste Täterfrage
Bis in die Gegenwart ist nicht geklärt, ob Wilhelm Adolf die Verantwortung für den Mord an seinem Bruder trug oder diesen sogar selbst ausführte. Immerhin machte er sich durch seine überstürzte Flucht verdächtig und die Zwistigkeiten zwischen den Brüdern waren weitläufig bekannt. Bedenken muss man aber auch, dass der Mord dem dänischen König Friedrich IV. gelegen kam, immerhin hatte auch er seine Streitereien mit Christian Detlev und profitierte von der Entmachtung Wilhelm Adolfs. In einem illegalen Testamentsvertrag, der die Kompetenz des Kaisers ignorierte, war 1669 festgelegt worden, dass die Reichsgrafschaft Rantzau im Falle eines fehlenden männlichen Erben "zurück" an den dänischen König fallen sollte, der die Reichsgrafschaft ja überhaupt nicht eingerichtet hatte. Da Christian Detlev keine Nachkommen hatte, war nach Reichsrecht der kinderlose Wilhelm Adolf mit dem Tod des älteren Bruders der 4. Reichsgraf. Auch die von Friedrich IV. durchgeführte Konfiskation der Reichsgrafschaft und der Güter Drage, Breitenburg und Rantzau war rechtswidrig, wie die Prozesse beweisen, die Catharina Gräfin zu Rantzau (1683–1743) um die Reichsgrafschaft, sowie die Güter Drage und Breitenburg erfolgreich führte. Gegen Übernahme der Prozesskosten (230.000 Reichsthaler, in heutiger Währung eine Millionensumme) wurde ihr alles restituiert. Um die Summe aufzubringen, war sie allerdings gezwungen, die Reichsgrafschaft und Drage zu verkaufen.
Literatur
- Richard Haupt: Barmstedt und Rantzau. Vollbehr & Riepen, ca. 1920
- Henning v. Rumohr: Schlösser und Herrenhäuser im westlichen Schleswig-Holstein. Verlag Weidlich, Würzburg, 1988
- Karl von Rantzau, Das Haus Rantzau: Eine Familien - Chronik, Celle (J.G. Müller) 1865, Digitalisat in digitale-sammlungen.de
- Gottfried Heinrich Handelmann: Rantzau, Christian Reichsgraf zu. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 27, Duncker & Humblot, Leipzig 1888, S. 275 f.
Weblinks
- Geschichte der Stadt Barmstedt auf Barmstedt.de
- Die Reichsgrafschaft Rantzau auf geschichte-s-h.de