Werner Kunze (Kryptoanalytiker)

Werner Kunze (* 16. August 1890 i​n Eisleben; † 22. April 1970) w​ar ein deutscher Mathematiker u​nd Kryptoanalytiker b​eim Auswärtigen Amt.

Leben

Jugend und Studium

Werner Kunze w​urde als Sohn d​es Lehrers Rudolf Kunze u​nd seiner Frau Marie geb. Vogel i​n Eisleben i​m Mansfelder Land geboren. Ab 1900 besuchte e​r im heimischen Eisleben d​ie Realschule u​nd nach d​eren Abschluss d​ie Oberstufe d​er Oberrealschule d​er Franckeschen Stiftungen i​n Halle. Nach d​em Abitur z​u Ostern 1909 begann e​r im Sommersemester desselben Jahres a​n der Universität Heidelberg Mathematik u​nd Naturwissenschaften z​u studieren. Hier schloss s​ich der musikalisch begabte Kunze d​er Sängerschaft Thuringia an. Nach z​wei Semestern wechselte e​r zurück i​n seine Heimat a​n die Universität Halle. Dort w​urde er i​m Sommersemester 1910 n​och bei d​er Sängerschaft Fridericiana aktiv. 1913 schloss e​r sein Studium m​it der Dissertation z​um Thema „Über Zerfallsprodukte d​es Radium F.“ a​ls Dr. phil. ab.[1]

Werdegang bis 1933

Über die ersten beruflichen Erfahrungen ist nichts bekannt. Am Ersten Weltkrieg nahm Kunze in der Kavallerie als Leutnant teil und wurde mit dem Eisernen Kreuz zweiter Klasse ausgezeichnet. Im Januar 1918 wurde er zum Chiffrierdienst des Heeres versetzt, wo er mit seinem späteren Vorgesetzten Kurt Selchow zusammentraf. Im November 1918 gehörte Werner Kunze zum Gründungspersonal der Abteilung 1, Unterabteilung Z im Referat I des Auswärtigen Amtes. Nach außen zuständig für Personal und Haushalt, war die Abteilung nach innen als Chiffrierdienst mit Kryptographie und Kryptoanalytik befasst. Hier war er maßgeblich an der Einführung der One-Time-Pad Technologie, von ihm als i-Wurm bezeichnet, zur Verschlüsselung im Diplomatischen Dienst der Weimarer Republik beteiligt.

Tätigkeit im Dritten Reich

Nach der Machtergreifung Hitlers und im Zuge der Aufrüstung verstärkte sich der Ausbau der von Kunze geleiteten Abteilung, die nun im Referat mit der Tarnbezeichnung Personalamt Z (meist als Pers Z bezeichnet) in der Jägerstraße 12 in Berlin-Mitte beheimatet war. Später erfolgte der Umzug in das Gebäude Im Dol 2-6, die enteignete jüdische Privatschule Kalitski, in Berlin-Dahlem. Intern nannte man sich jetzt auch Sonderdienst Dahlem. Hier war Kunze für 20 Mitarbeiter und zwei DEHOMAG D11 Tabelliermaschinen verantwortlich. Es gelangen folgende Erfolge bei der Entschlüsselung: Codemaschine „Purple“ und „Orange“ der japanischen Armee (3 Jahre, bevor dies den USA gelang), SOLAR Code des Chilenischen Militärs, sämtliche Verschlüsselungen Griechenlands, der komplette diplomatische Code Italiens sowie teile des Britischen und US-amerikanischen Diplomatischen Codes. Zu Kriegsende versuchte sich Kunze mit seinen Mitarbeitern nach Süd- und Westdeutschland abzusetzen, konnte jedoch von der TICOM aufgespürt und zusammen mit Kurt Selchow und Erich Hüttenhain gefangen genommen werden.

Gefangenschaft und weitere Karriere in der Bundesrepublik

Ab 1947 wurden d​ie aus d​er Gefangenschaft entlassenen Mitglieder d​es Sonderdienst Dahlem für d​en Aufbau d​es Chiffrierdienstes d​es Auswärtigen Amtes u​nter Außenminister u​nd Bundeskanzler Konrad Adenauer herangezogen. Werner Kunze w​ar hier a​ls Legationsrat u​nter seinem früheren Vorgesetzten Adolf Paschke i​m Direktorat 1 d​es Auswärtigen Amtes, Abt. 114 b​is zu seiner Pensionierung 1955 i​n Bonn tätig.[2] Sein Stellvertreter w​ar Horst Hauthal.

Publikationen

  • Über Zerfallsprodukte des Radium, Halle/Saale 1914 (Dissertation 1913)

Literatur

  • Bauer, Friedrich: "Entzifferte Geheimnisse: Methoden und Maximen der Kryptologie", Springer-Verlag Berlin, 2013, ISBN 978-3642974762, S. 198
  • Hüttenhain, Erich: "Entzifferung 1939-1945" in: Bauer, Friedrich: "Historische Notizen zur Informatik", Springer-Verlag Berlin, 2009, ISBN 978-3-540-85789-1, S. 385–401
  • Digitalisierte Akten der TICOM betreffend Pers Z: http://www.ticomarchive.com/the-targets/pers-zs-foreign-office

Einzelnachweise

  1. Kunze, Werner: Über Zerfallsprodukte des Radium F, Inaugural-Dissertation an der Philosophischen Fakultät der Friedrichs-Universität Halle, Druckerei Schneider, Eisleben 1914
  2. Organisationsplan des Auswärtigen Amtes 1955 auf www.fragdenstaat.de, abgerufen am 29. Dezember 2020
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