Vallus
Vallus (lateinisch „Pfahl“) war eine antike Erntemaschine im gallo-römischen Raum. Es ist ein zweirädriger, von einem Arbeitstier geschobener Karren mit einem schaufelförmigen Aufsatz, der aus vorne zinkenbewehrten Pfählen zusammengesetzt war. An diesen Zinken blieben die Getreideähren hängen, wurden abgerissen und gelangten so in den Kasten.
Das Gerät wird von den römischen Schriftstellern Plinius dem Älteren Mitte des ersten Jahrhunderts n. Chr.[1] und von Palladius – bei ihm vehiculum per messes („Erntemaschine“) genannt, das von einem Ochsen geschoben wird – Mitte des fünften Jahrhunderts erwähnt[2] und mit den Galliern in Verbindung gesetzt.[3] Eingesetzt wurde es wohl bei Getreidearten, bei denen die Ähren abgestreift wurden, vor allem dem Dinkel. Alle fünf epigraphischen Zeugnisse zum vallus konzentrieren sich auf Nord-Ost-Gallien entlang einer Strecke von Reims nach Koblenz.[4] Reliefdarstellungen zeigen meist ein Maultier oder Pferd als Arbeitstier.[5]
Literatur
- Wilhelm Schleiermacher: Vallus 2. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band VIII A,1, Stuttgart 1955, Sp. 292.
- François Sigaut: Ernte und Erntegeräte. In: Herbert Jankuhn, Heinrich Beck, Hans Kuhn, Kurt Ranke, Reinhard Wenskus (Hrsg.): Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. 2. Auflage. Band 7. De Gruyter, Berlin / New York 1989, S. 519–527, bes. S. 524 f.
- François Sigaut: Les spécificités de l’épeautre et l’évolution des techniques. In: Jean-Pierre Devroey, Jean-Jacques Van Mol (Hrsg.): L’épeautre (Triticum spelta): Histoire et ethnologie. Centre d’histoire et de technologie rurales, Université Libre de Bruxelles, Treignes 1989, S. 29–49 (PDF).
- K. D. White: Agricultural Implements of the Roman World. Cambridge University Press, Cambridge 1967, S. 157–173.
Einzelnachweise
- Plinius, Naturalis historia 18,72 (296): Galliarum latifundis valli praegrandes, dentibus in margine insertis, duabus rotis per segetem inpelluntur, iumento in contrarium iuncto; ita dereptae in vallum cadunt spicae (englische Übersetzung).
- Palladius, De re rustica 7,2,2–4: „Der Teil von Gallien, der ein recht ebenes Gelände hat, nutzt die folgende Abkürzung bei der Ernte (…): Es wird also ein Fahrzeug gebaut, das von 2 kleinen Rädern getragen wird. Seine quadratische Fläche ist mit Brettern umzäunt, die etwas nach außen geneigt sind und so oben einen größeren Raum geben. An der Vorderseite des Wagens ist die Höhe der Bretter geringer. Dort ist in einem von der Größe der Ähren abhängigen Abstand in einer Reihe eine Vielzahl von kleinen Zähnen angebracht, die sich oben nach hinten zurückkrümmen... Wenn dieser (Treiber) beginnt, das Fahrzeug durch das Gelände zu schieben, werden alle Ähren von den kleinen Zähnen erfasst und [im Wagen] angehäuft, während die abgeschnittenen [Halme und die] Spreu zurückbleiben... Dies ist nützlich, wo es Ebenen oder ebenes Gelände gibt und wo man die Spreu nicht verwendet“ (Übersetzung nach Kai Brodersen: Palladius: Das Bauernjahr [= Sammlung Tusculum]. De Gruyter, Berlin 2016, zur Stelle).
- Fries-Knoblach, Janine: Die Kelten. 3000 Jahre europäischer Kultur und Geschichte. W. Kohlhammer, Stuttgart 2002, ISBN 3-17-015921-6, S. 116–117.
- François Sigaut: Ernte und Erntegeräte. In: Herbert Jankuhn, Heinrich Beck, Hans Kuhn, Kurt Ranke, Reinhard Wenskus (Hrsg.): Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. 2. Auflage. Band 7. De Gruyter, Berlin / New York 1989, S. 519–527, hier S. 521.
- Zu Reliefs mit vallus-Darstellungen siehe etwa Marcel Renard: Les nouvelles découvertes de reliefs gallo-romains à Buzenol (Belgique). In: Comptes rendus des séances de l'Académie des Inscriptions et Belles-Lettres. Band 103, 1959, S. 20–44, bes. 31–34 mit Abb. 4–7 (online).