Underwriter (Kreditwesen)
Der Underwriter geht im Bankwesen bei Konsortialkrediten als Konsortialführer die Verpflichtung ein, ein bestimmtes Emissionsvolumen vollständig zu übernehmen oder einen bestimmten Kreditbetrag vollständig zu gewähren, unabhängig davon, ob und inwieweit sich Konsortialbanken am Konsortium beteiligen werden.
Allgemeines
Ein Konsortialvertrag kommt allgemein erst rechtswirksam zustande, wenn sich der Konsortialführer und Emittent oder Kreditnehmer auf einen endgültigen Vertragstext geeinigt und die übrigen Konsortialbanken diesem Vertrag zugestimmt haben. Dabei besteht für den Emittenten oder Kreditnehmer das Risiko, dass das kalkulierte Emissions- oder Kreditvolumen unterschritten wird. Um den Emittenten oder Kreditnehmer von diesem Risiko zu befreien, gibt es das Instrument des Underwritings.
Das Underwriting commitment (deutsch etwa „Übernahmeverpflichtung“) ist die Verpflichtung des vorgesehenen Konsortialführers (bei mehreren entsprechend „Joint underwriting commitment“) gegenüber dem Emittenten oder Kreditnehmer, das gesamte Emissions- oder Kreditvolumen zu übernehmen. Der Emittent oder Kreditnehmer möchte sich auf die Bankzusage verlassen und nicht abwarten, ob und inwieweit andere Konsortialbanken sich beteiligen wie dies beim „best effort“-Konsortium der Fall ist. Der Underwriter übernimmt mit seiner Verpflichtung das Risiko der Platzierbarkeit einer Emission oder der Syndizierbarkeit[1] bei Konsortialbanken.
Rechtsgrundlagen
Beim Underwriting verpflichtet sich der Konsortialführer nämlich verbindlich gegenüber dem Emittenten oder Kreditnehmer, das gesamte Emissionsvolumen zu übernehmen oder den gesamten Kreditbetrag aus eigenen Mitteln zur Verfügung zu stellen, wenn seine Bemühungen, andere Konsortialbanken für die Emission oder den Kredit zu gewinnen, ganz oder teilweise fehlschlagen sollten. Diese Verpflichtung kann mit der Bedingung verknüpft werden, dass sie nur für den Fall gilt, dass ein Emissions- oder Kreditvertrag rechtsverbindlich zustande kommt. Weitere Bedingungen können die wesentliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse beim Emittenten oder Kreditnehmer (material adverse change), höhere Gewalt oder Marktstörungen (market disruption) sein.
Aufsichtsrechtlich wird bei Emissionen von „übernommenen Garantien und Gewährleistungen zur Übernahme von zins- oder aktienkursbezogenen Wertpapieren“ gesprochen (§ 298 Abs. 2 SolvV) und eine Zuordnung zum Handelsbuch verlangt, sofern keine Bestandsabsicht (dann Anlagebuch) vorliegt. Diese Handelsbuchposition ist mit einem zunehmenden Prozentsatz durch Eigenkapital zu unterlegen; der Prozentsatz steigt mit der Haltedauer der Position[2].
Die aufsichtsrechtliche Bezeichnung als „Garantie“ ist falsch, weil es sich zivilrechtlich nicht um echte Garantien handelt. Der Konsortialführer tritt zivilrechtlich nicht als Garant auf; vielmehr handelt es sich nach herrschender Meinung um einen Kaufvertrag mit Elementen der Geschäftsbesorgung (etwa Börseneinführung)[3]. Das Underwriting von Emissionen ist ein Emissionsgeschäft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 KWG, bei Krediten gilt der im Underwriting zugesagte Kreditbetrag.
Arten
Typisch ist Underwriting im Emissionsgeschäft. Hier bietet sich Underwriting insbesondere bei Aktienemissionen an, weil eine Kapitalerhöhung erst dann im Handelsregister eingetragen werden kann, wenn alle Aktien gezeichnet wurden[4]. Aber auch Anleihen von Emittenten guter Bonität werden bei liquiden Märkten im Underwriting übernommen, selbst wenn die Platzierungskraft des Underwriters nicht ausreicht, er aber überzeugt ist, dass hierfür ausreichend Konsorten gefunden werden können.
Revolving Underwriting Facilities (RUFs) sind die wichtigste Unterform der Note Issuing Facilities (NIFs). Hier übernimmt der Underwriter die mittel- bis langfristige Verpflichtung, Euronotes zu einem bestimmten Zinssatz zu erwerben, wenn die Emission der Euronotes zu diesem oder einem niedrigeren Zinssatz durch den Emittenten nicht möglich ist.
Im Kreditgeschäft kommt Underwriting insbesondere dann vor, wenn die Bonität des Kreditnehmers hervorragend ist und wiederum der Konsortialführer sicher sein kann, dass er den größten Teil an Konsortialbanken „syndizieren“ kann und lediglich noch einen vertretbaren Eigenanteil („final hold“) behält.
Best effort
In den Genuss des geplanten Emissionsvolumens oder gewünschten Kreditbetrags kommen die Emittenten oder Kreditnehmer beim „Best effort“-Konsortium nicht ohne weiteres. Im Gegensatz zum Underwriting verpflichtet sich der Konsortialführer im Rahmen eines „best-efforts“-Angebotes lediglich dazu, sich nach besten Kräften um eine Syndizierung der Emission oder des Kredites zu bemühen. Auch hier findet der Vorbehalt einer endgültigen Vertragsschließung Anwendung. Ist es dem Konsortialführer ganz oder teilweise unmöglich, genügend Konsorten zu finden, kann er von einer endgültigen Vertragsschließung schadensersatzfrei zurücktreten oder der Emittent/Kreditnehmer begnügt sich mit den erreichten Volumina. Rechtlich handelt es sich im Emissionsgeschäft um einen Kommissionsvertrag und aufsichtsrechtlich um ein bloßes Begebungskonsortium, das in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG als Finanzkommissionsgeschäft definiert ist.
Risikoverteilung
Beim „Underwriting commitment“ geht der Underwriter das Risiko ein, bei wenig erfolgreicher Syndizierung einen höheren Eigenanteil als ursprünglich geplant bei sich einbuchen zu müssen; im schlechtesten Falle muss er das gesamte Volumen im Bestand halten. Emittent oder Kreditnehmer können indes umgekehrt mit dem geplanten Volumen sicher kalkulieren.
Dieses Risiko des Underwriters kann beim „best effort“-Angebot vermieden werden, weil Emittent oder Kreditnehmer das erreichte Syndizierungsvolumen akzeptieren müssen (dabei ist ein geringerer oder sogar höherer als der vorgesehene Emissions- oder Kreditbetrag möglich; sog. „under-“ oder „oversubscription“). „Best effort“ ist somit ein minimalistisches Syndizierungsangebot eines Underwriters, wenn unsicher ist, ob das angestrebte Syndizierungsvolumen überhaupt erreicht werden kann.
Strategisch werden Konsortialführer die Variante des „best effort“ vorziehen, wenn die Ratings der Emittenten oder Kreditnehmer nicht attraktiv genug sind, um andere Konsortialbanken von der Teilnahme am Konsortium überzeugen zu können. Das gilt auch für schwierige Kapitalmarktsituationen wie während der Finanzkrise 2007.
Einzelnachweise
- Übernahme von Konsortialquoten
- abzuziehen sind alle die Konsortialbanken verpflichtenden Konsortialanteile, sodass nur die Nettoposition mit Eigenkapital zu unterlegen ist
- Ulrich Bosch, in: Thorwald Hellner/Stephan Steuer, Bankrecht und Bankpraxis, Rdnr. 10/68 bis 10/70
- Dorothee Einsele, Bank- und Kapitalmarktrecht, nationale und internationale Bankgeschäfte, 2006, S. 318