Trockenrisse (Holz)
Trockenrisse im Holz entstehen bei natürlicher- (Freiluft) und künstlicher- (Kammer, technischer) Holztrocknung durch die Schwindung des Holzes.
Holz schwindet in Richtung der Jahresringe (tangential) fast doppelt so stark wie quer zu den Jahresringen. Dadurch bilden sich radiale Risse im Holz, die also von der Rinde des Stammes bis zum Kern weisen.[1]
Je größer der Querschnitt von Balken, Kanthölzer, Bohlen und Bretter, desto größer die Gefahr der Rissbildung und desto größer sind die Risse selber.[1]
Entstehung
Die Fasersättigung liegt je nach Holzart bei durchschnittlich etwa 30 % Holzfeuchte. Trocknungsrisse treten ab dem Unterschreiten des Fasersättigungsbereiches auf und sind in der ersten Trocknungsphase bis auf 18 bis 20 % Holzfeuchte am stärksten ausgeprägt. Beim weiteren Herabtrocknen werden die Risse breiter, aber kaum noch tiefer. Es können sich jedoch weitere kleine Oberflächenrisse bilden, die sich beim Anfeuchten des Holzes teilweise wieder schließen.[1]
Da Holz von außen nach innen trocknet, schrumpft zunächst das Splintholz um den noch feuchten Kernholzbereich und wird rissig. Bei der weiteren Trocknung treten auch im Kernholz Risse auf. Trockenrisse zeigen sich als Oberflächenrisse an den Längsflächen und Hirnrisse an den Stirnflächen. Holz arbeitet, nimmt aus der Umgebungsluft Feuchtigkeit auf und gibt sie ab, was zur Volumenveränderung führt. Die Bildung verstärkt sich besonders bei der direkten Aussetzung von Witterung und starken Feuchtigkeitswechseln. Die Holzzellen ziehen sich in tangentialer Richtung stärker zusammen als in radialer Richtung. Verschiedenes Schwinde- und Quellverhalten führt zur Bildung von Trockenrissen in der entsprechenden Faserungsrichtung des Holzes. Längs der Jahrringe arbeitet das Holz 1,5- bis 2-mal schneller als in senkrechter Richtung, deshalb verlaufen Trockenrisse immer in radialer Richtung. Beim Bauen mit Holz muss darauf geachtet werden, dass es nicht zu schnell trocknet und nicht zu nass verbaut wird. Risse können sich negativ auf die Tragfähigkeit des verbauten Materials auswirken, zudem bietet es dem Hausbock gute Voraussetzung für die Eiablage.
Frischholz
Frisch gefälltes Rundholz trocknet am schnellsten über die Schnittfläche der Stirnseite (Hirnholz). Je größer der Durchmesser eines Baumstammes ist, desto eher kommt es zu „Hirnrissen“, die sich weit in den Stamm hinein fortsetzen können. Stark hirnrissige Baumstämme verlieren an Wert und sind nur noch eingeschränkt nutzbar (z. B. als Brennholz). Bei Wertholz werden deshalb oft gleich nach dem Fällen, S- oder doppel-T-förmige Klammern, oder nach dem Aufsägen (Auftrennen) im Sägewerk Wellenbandeisen ins Hirnholz geschlagen, um die Hirnrissigkeit zu reduzieren. Alternativ kann die Stirnfläche mit einem Baumwachs oder einem beliebigen Anstrich überzogen werden, der den Feuchtigkeitsaustausch reduziert. Üblich ist dies vor allem bei wertvollerem Laubholz sowie bei Bangkirai.[1]
- Trockenriss von der Rinde bis zum Kern
- Laubholzstamm (Buche) mit zwei S-förmigen Klammern über durchgehenden Hirnholzriss
Vermeidung von Schwindrissen an Holzbauteilen im Außenbereich
Die Holzfeuchte beim Einbau des Holzes sollte auf die in der Umgebung zu erwartende Holzausgleichsfeuchte abgestimmt werden.[1]
Trägt man einen Schutzanstrich auf die oberen Schichten des Holzes auf, minimiert man so den Feuchtigkeitsaustausch und damit die Schwindung. Die Anstriche sollten regelmäßig überprüft und ausgebessert werden.[1] Mit Leinöl behandeltes Holz kann ohne weitere Vorarbeiten immer wieder überstrichen werden.
Vom Sonnenlicht beschienene Bauteile sollten hell gestrichen werden, um eine starke Austrocknung durch das Aufheizen des Holzes zu vermeiden, insbesondere des Stirnholzes.[1]
Waagerechte Flächen, auf denen sich Wasser sammeln kann, sollten ebenfalls vermieden werden. Solche Oberflächen sollten abgeschrägt oder abgedeckt werden, insbesondere Stirnholz.[1]
Rechte (ehemals zum Stamminneren hin ausgerichteten) Brettseiten sollten nach oben weisen oder der Witterung zugewandt sein. In ihnen bilden sich weniger Trocknungsrisse. Dies gilt auch für Leimholzbinder.[1]
Bretter mit stehenden Jahresringen (Rift- oder Halbrift-Einschnitt) neigen weniger zur Rissbildung.[1]
Richtlinien
Die DIN 4074-1 sieht Schwindrisse bei statisch beanspruchten Brettern und Bohlen im Außenbereich (z. B. als Terrassen- und Bodenbelag) nicht als Kriterium für die Sortierung vor. Sie sind in allen Sortierklassen (S 7 / S 10 / S 13) zulässig. Bei trocken sortierten und überwiegend hochkant beanspruchten Balken und Kanthölzern gilt hingegen eine Beschränkung der Schwindrisse als Sortierkriterium.[1]
Für Konstruktionsvollholz für den sichtbaren Bereich (KVH-Si) und Brettschichtholz (Leimholz) gelten weitere Einschränkungen.[1]
Die DIN 68365 "Schnittholz für Zimmererarbeiten – Sortierung nach dem Aussehen – Nadelholz" nach den Sortierkriterien der Güteklasse 1, 2 und 3 sind Schwindrisse für Kanthölzer, Bretter und Bohlen je nach Güteklasse von 3 % der Breite und bis ≤ 1,5 × Breite an Endrisslänge zulässig. Blitzrisse und Ringschäle sind nicht zulässig.[1][2]
Die DIN 68126-3 verbietet durchgehende Risse in Profilbrettern mit Schattennut in der A-Sortierung. Endrisse und Haarrisse sind zulässig.[1]
Literatur
- Helmuth Neuhaus: Ingenieurholzbau. 2. Auflage. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-519-15248-4.
- Josef Grossmann: Gewerbekunde der Holzbearbeitung. Das Holz als Rohstoff, Springer Fachmedien, Wiesbaden 1922.
- Michael Stahr, Jürgen Weber, Hilmar Kolbmüller, Friedhelm Hensen, Uwe Wild: Bausanierung. Erkennen und Beheben von Bauschäden, 5. Auflage, Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden 2011, ISBN 978-3-8348-1406-7.
Siehe auch
- Schwindriss (Baukunde)
- Schwindmaß (Holz)
Weblinks
- Holzfragen
- Trocknungsbedingte Risse bei Holz Gesamtverband Deutscher Holzhandel e. V.
- Trocknungsbedingte Risse bei Holz in der Außenverwendung (abgerufen am 9. August 2018)
- Risse bei Massivholz-Terrassendielen und massiven Bohlenbelägen im bewitterten Außeneinsatz (abgerufen am 9. August 2018)
- Das Schrumpfen und Reißen des Holzes (abgerufen am 9. August 2018)
- Trocknungsbedingte Risse bei Holz (abgerufen am 2. Juli 2020)
- Riss ist nicht gleich Riss (abgerufen am 2. Juli 2020)
Fußnoten
- Josef Plößl, W. Schumacher: Trocknungsbedingte Risse bei Holz in der Außenverwendung, Arbeitsgemeinschaft öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Holz und Holzschutz, Gesamtverband Deutscher Holzhandel e.V.; 18. August 2003, aktualisiert am 19. August 2008. Abgerufen im Dezember 2021. In: Beka-Gruppe.de
- DIN 68365 - Schnittholz für Zimmererarbeiten - Sortierung nach dem Aussehen - Nadelholz (2008-12). In: Holzfragen.de