Tourismusverband Sieben
Der Tourismusverband Sieben ist ein interkommunales Bündnis von sieben von elf Städten und Gemeinden im Kreis Minden-Lübbecke. Bei sechs der sieben handelt es sich um die Kommunen des ehemaligen Kreises Lübbecke, der allgemein als Altkreis Lübbecke bezeichnet wird. Das Besondere ist, dass als die "siebente" Kommune die zum Altkreis Minden gehörende Gemeinde Hille gewonnen werden konnte.[1]
Ziele
Die gemeinsame Initiative soll nicht nur die Ressourcen der beteiligten Kommunen bündeln, die jede für sich nur schwer in der Lage wären, ein schlagkräftiges Tourismusmarketing zu betreiben – etwa mit einem eigenen Stand auf Messen zu werben. Ziel ist auch, eine gemeinsam wahrgenommene „Unwucht“ im Mühlenkreis zu beseitigen: Während die Städte Bad Oeynhausen, Minden, Petershagen und Porta Westfalica in Kooperationen mit Destinationsmarken wie der Mittelweser oder dem Weserbergland angebunden sind, fehlt es im Westen des Kreises an einer übergreifenden Vermarktung im teilregionalen Raum.
Hintergrund
Bei der Zusammenlegung 1973 blieben die Kreisgrenzen in gewisser Weise unangetastet. Die ehemalige Grenze zwischen den Kreisen Minden und Lübbecke wird heute durch die Ostgrenze von Espelkamp, Lübbecke und Hüllhorst, bzw. die Westgrenze von Hille und Bad Oeynhausen beschrieben. Die heutigen Kommunen sind daher klar und vollständig dem einen oder anderen Altkreis zuzuordnen, ein Umstand der die Identifikation mit dem Altkreis Lübbecke eher begünstigt, die hier auch stärker ausgeprägt ist als bei den Bewohnern des Altkreises Minden mit deren geographischem Teilbereich.
Mit der Vereinigung der Kreise wurden Gebietskörperschaften zusammengelegt, die einerseits viele Ähnlichkeiten haben, andererseits aber auch signifikante Unterschiede aufweisen. Den Kreisteilen gemeinsam ist prinzipiell die natur- und kulturräumliche Gliederung mit einem Anteil an der Ravensberger Mulde im Süden und der flächenmäßig dominierenden Norddeutschen Tiefebene im Norden, getrennt durch das von Ost nach West querende Wiehen-/ Wesergebirge. Auch weisen beide Altkreise einen im Landes- und Bundesvergleich geringen Anteil von Waldflächen und einem entsprechend hohen Anteil landwirtschaftlicher Flächen auf. Ein augenscheinlicher Unterschied besteht im Grad der Verstädterung: Der Altkreis Minden weist in weiten Bereichen Kennzeichen eines Verdichtungsraumes auf, während der Altkreis Lübbecke eher ländlich geprägt und dünn besiedelt ist. (Der Altkreis Minden hat bei in etwa gleicher Fläche fast die doppelte Einwohnerzahl und die mit Abstand drei größten Städte des Kreises (Minden, Porta Westfalica und Bad Oeynhausen liegen alle im Altkreis Minden).) Ein weiterer soziostruktureller Unterschied ist, dass der Altkreis Minden generell um eine rund ein Drittel höhere Arbeitslosenquote verfügt als der Altkreis Lübbecke. Bei letzterem nähert sich die Quote süddeutschen Verhältnissen, während sie im Altkreis Minden auf Bundesdurchschnitt verharrt, dabei in der Stadt Minden mit nochmal deutlich höher liegt.[2]
Die signifikant größere Bevölkerung des Altkreises Minden gegenüber der des Altkreises Lübbecke spiegelt sich auch in den Verhältnissen im Kreistag wieder. Rund zwei Drittel der Kreistagsabgeordneten kommen aus dem Mindener Land und immerhin knapp über 50 Prozent noch aus der Agglomeration Minden-Porta-Oeynhausen. Durch diese Machtverhältnisse ist es konsequenterweise so, dass, oft parteiübergreifend, Partikularinteressen der Repräsentanten des Altkreises Minden, sprich auch Interessen von Städtern gegenüber der Minorität aus dem Lübbecker Land, sprich überwiegend einer Landbevölkerung durchgesetzt werden können. Ein prominentestes Beispiel dafür ist die Blockade des möglichen neuen und alternativen LK-Kfz-Kennzeichens durch den Mindener Kreisrat.[3] Ein weiteres Beispiel ist der Betrieb der Deponie Pohlsche Heide. Diese liegt zwar immerhin noch auf dem Gebiet des Altkreises Minden, jedoch im ländlichen Hille. Dem quasi großstädtischem Ballungsraum an Weser und Porta des Kreises mit seiner Majorität war es möglich durchzusetzen, dass dort nicht nur die städtischen Abfälle aus genannten kreisangehörigen Mittelstädten entsorgt werden, sondern dass darüber hinaus auch Abfälle aus Nachbarkreisen gewinnbringend deponiert werden, ohne dass die Erlöse freilich allein der Landbevölkerung Petershagens zugutekommen. Auch hier muss sich die ländliche Bevölkerung den Bedürfnissen der quasi Großstädter beugen. Auch hinsichtlich der Verteilung von Landeszuweisung für die Einzelhaushalte der Kommunen zeigt sich diese Übervorteilung des Altkreises Lübbecke. Im Jahre 2013 z. B. kamen von den so genannten gemeindlichen Gesamtzuweisungen in Gesamthöhe von rund 85 Mio. Euro für den Gesamtkreis den Kommunen des Altkreises Minden rund 69,5 Mio. Euro, das sind 81,5 % der Gesamtzuweisungen zugute. Im Jahre 2014 hatte sich dieser Wert mit 81,3 Mio. von 97 Mio. Euro auf 83,8 % der Gesamtzuweisungen zu Lasten der Städte und Gemeinden des Altkreises Lübbecke verschoben.[4]
Insgesamt leiden die Kommunen des Altkreises Lübbecke, aber auch die ländlichen Gemeinden des Altkreises Minden, an der desolaten finanziellen Situation der Agglomeration Minden-Porta: Nur Minden und Porta Westfalica erhalten Hilfe aus dem Stärkungspakt des Landes NRW; sie gehören damit zu den 34 Kommunen in NRW, die bereits überschuldet beziehungsweise von einer Überschuldung bedroht sind.[5] Auch ganz aktuell fordert das politisch dominante Minden mit seiner geographischen Schwester Porta-Westfalica erhebliche Mittel von den anderen Kommunen, insbesondere denen des Altkreises Lübbecke: Ende 2015 wurde vermeldet, dass mehrere Kommunen im Mühlenkreis bei der Kreisumlage nachzahlen müssen. Begründet wurde dieses mit ungeplanten Ausgaben des Kreises für die Jugendhilfe. Die Politiker im Kreisfinanzausschuss, welcher aus o. g. Gründen quantitativ dominiert wird durch Vertreter aus dem bevölkerungsstarken Ballungszentrum um Minden, sprachen sich dafür aus, dass Kommunen ohne eigenes Jugendamt als Ausgleich im Folgejahr draufzahlen sollten. Dies würde dann alle Kommunen außer Minden, Porta und Bad Oeynhausen betreffen.[6] Ein weiteres und sehr konkretes Beispiel waren die Forderungen der Stadt Minden nach einem Härteausgleich durch die ländlichen und alle Kommunen des Altkreises Lübbecke. Nachdem der Anspruch über mehrere Instanzen dann über das Oberlandesgericht Münster gegen die Landgemeinden des Kreises durchgesetzt worden war, wurde der Kreistag in Minden, mit beschriebenen Majoritäten, beauftragt einen Schlüssel für die Millionenzahlungen an Minden zu entwickeln.[7]
Einzelnachweise
- westfalen-blatt.de
- Informationen zum Haushalt Minden, Seite 2 (Arbeitslosigkeit Stand Februar 2015 9,4%)
- Der Kampf um das LK-Kennzeichen, Artikel in der Neuen Westfälischen
- Vorbericht zum Haushaltsplan 2014, Tabelle 2
- Artikel auf dem Internetauftritt der Stadt Minden
- Nachricht bei Radio Westfalica
- Artikel in der MK Kreiszeitung