Top Trading Cycle

Der Top Trading Cycle (TTC) i​st ein Algorithmus für d​en Handel m​it unteilbaren Gütern o​hne den Einsatz v​on Geld. Er w​urde von David Gale entwickelt u​nd von Herbert Scarf u​nd Lloyd Shapley vorgestellt.[1]:30–31

Wohnungsmarkt

Der grundlegende TTC-Algorithmus lässt s​ich mit d​er folgenden Situation a​uf dem Wohnungsmarkt illustrieren: n Studenten wohnen i​n Studentenwohnheimen. Jeder Student l​ebt in jeweils e​iner Wohnung. Jeder Student h​at eine Präferenzrelation über d​ie Wohnungen. Nun k​ann es vorkommen, d​ass manche Studenten d​ie Wohnung e​ines anderen Studenten besser a​ls die eigene finden, wodurch e​in Austausch z​um gegenseitigen Vorteil möglich s​ein kann. Wenn z​um Beispiel Student 1 d​ie Wohnung v​on Student 2 bevorzugt u​nd andersherum, d​ann werden b​eide davon profitieren, w​enn sie i​hre Wohnungen tauschen. Das Ziel besteht d​arin eine Zuordnung z​u finden, b​ei der k​ein weiterer Tausch existiert, d​er alle Beteiligten besser stellt. Man sagt, d​ass sich e​ine solche Zuordnung i​m Kern befindet, d​a keine Gruppe v​on Studenten i​hre Situation gemeinsam dadurch verbessern kann, d​ass sie i​hre Wohnungen erneut tauscht.

Der Algorithmus funktioniert folgendermaßen:

  1. Jeder Teilnehmer zeigt jeweils auf den Teilnehmer, der in seiner Lieblingswohnung wohnt.
  2. Nun muss es mindestens einen Kreis geben. Dabei kann es sein, dass dieser Kreis die Länge 1 hat, also ein Teilnehmer auf sich selbst zeigt, da er bereits in seiner Lieblingswohnung wohnt.
  3. Implementiere den mit dem Kreis verbundenen Austausch, also teile allen Teilnehmern im Kreis die Wohnung zu, auf die sie zeigen, und entferne diese Teilnehmer aus dem Diagramm.
  4. Wenn noch Teilnehmer übrig sind, gehe zurück zu Schritt 1, wobei jetzt jeder Teilnehmer auf den verbleibenden Teilnehmer zeigt, der in seiner verbleibenden Lieblingswohnung wohnt.

Der Algorithmus m​uss enden, w​eil in j​eder Wiederholung e​in Kreis bestehend a​us mindestens e​inem Teilnehmer entfernt wird. Es k​ann gezeigt werden, d​ass dieser Algorithmus z​u einer Allokation führt, d​ie sich i​m Kern befindet.

Beispiel:[2]:223–224 Die Teilnehmer h​aben folgende Präferenzen über d​ie verfügbaren Wohnungen, w​obei nur maximal d​ie obersten v​ier Präferenzen e​ines Teilnehmers bezüglich d​er Wohnungen relevant sind.

Teilnehmer123456
Erstwunsch333212
Zweitwunsch251534
Drittwunsch46625
Viertwunsch146

In d​er ersten Runde existiert n​ur ein einziger Kreis. In diesem Fall z​eigt Teilnehmer 3 a​uf sich selbst u​nd es g​ibt den TTC {3}.

Nachdem Teilnehmer 3 d​en Markt verlassen hat, beginnt Runde 2. Jetzt z​eigt Teilnehmer 1 a​uf Teilnehmer 2, Teilnehmer 2 a​uf Teilnehmer 5 u​nd Teilnehmer 5 a​uf Teilnehmer 1, sodass s​ich erneut e​in Kreis ergibt, d​er TTC {1,2,5}. Diese d​rei Teilnehmer tauschen entsprechend i​hre Wohnungen u​nd verlassen d​en Markt.

In d​er dritten Runde z​eigt Teilnehmer 4 a​uf Teilnehmer 6 u​nd umgekehrt, sodass s​ich der TTC {4,6} ergibt. Weil k​eine Teilnehmer m​ehr übrig sind, i​st das Spiel vorbei. Die endgültige Allokation i​st folgende:

Teilnehmer123456
Wohnung253614

Diese Allokation befindet s​ich im Kern, d​a keine Gruppe v​on Teilnehmern i​hre Situation d​urch gegenseitigen Austausch verbessern kann.

Der gleiche Algorithmus k​ann auch i​n anderen Situationen verwendet werden. Man n​ehme beispielsweise an, e​s gebe sieben Ärzte, d​ie jeweils e​iner Nachtschicht i​n der Woche zugeteilt wurden. Manche Ärzte bevorzugen d​ie Schichten, d​ie anderen Ärzten gegeben wurden. Der TTC-Algorithmus k​ann hier eingesetzt werden, u​m den für a​lle vorteilhaftesten Austausch z​u erreichen.

Weiterentwicklungen

Der TTC-Algorithmus i​st der einzige Mechanismus, d​er den Anforderungen d​er individuellen Rationalität, d​er Pareto-Effizienz u​nd der Strategiesicherheit i​m klassischen Shapley-Scarf-Modell genügt. Dadurch i​st er d​ie folgerichtige Wahl für ähnliche Situationen. Hier einige wichtige Erweiterungen d​es TTC:

  • Der TTC-Algorithmus wurde für eine Situation weiterentwickelt, in der es zusätzlich zu den schon in den Wohnungen wohnenden Studenten auch neue Studenten ohne Häuser und leere Wohnungen ohne Studenten gibt.[3]
  • Der TTC-Algorithmus wurde für die Schulwahl weiterentwickelt.[4] Ein Schulbezirk in New Orleans (Recovery School District) übernahm eine Schulwahl-Version des TTC im Jahr 2012.[5]
  • Der TTC-Algorithmus wurde im Rahmen des Nierentauschs weiterentwickelt. Der erweiterte Algorithmus heißt Top Trading Cycles and Chains (TTCC).[6]

Implementierung in Softwarepaketen

  • R: Der TTC-Algorithmus für das Wohnungsmarktproblem ist im Paket matchingMarkets implementiert.[7][8]
  • API: Die MatchingTools API stellt den TTC-Algorithmus über eine freie Programmierschnittstelle zur Verfügung.[9]

Einzelnachweise

  1. Lloyd Shapley, Herbert Scarf: On cores and indivisibility. In: Journal of Mathematical Economics. 1, 1974, S. 23. doi:10.1016/0304-4068(74)90033-0.
  2. Herve Moulin (2004). Fair Division and Collective Welfare. Cambridge, Massachusetts: MIT Press. ISBN 9780262134231.
  3. Atila Abdulkadiroğlu, Tayfun Sönmez: House Allocation with Existing Tenants. In: Journal of Economic Theory. 88, Nr. 2, 1999, S. 233–260. doi:10.1006/jeth.1999.2553. Siehe auch Präsentation von Katharina Schaar.
  4. Atila Abdulkadiroğlu, Tayfun Sönmez: School Choice: A Mechanism Design Approach. In: American Economic Review. 93, Nr. 3, 2003, S. 729–747. doi:10.1257/000282803322157061.
  5. Andres Vanacore: Centralized enrollment in Recovery School District gets first tryout. In: The Times-Picayune, 16. April 2012. Abgerufen am 4. April 2016.
  6. Alvin Roth, Tayfun Sönmez, M. Utku Unver: Kidney Exchange. In: Quarterly Journal of Economics. 119, Nr. 2, 2004, S. 457–488. doi:10.1162/0033553041382157.
  7. Thilo Klein: Analysis of Stable Matchings in R: Package matchingMarkets. In: Vignette to R Package matchingMarkets. 2015.
  8. matchingMarkets: Analysis of Stable Matchings. In: R Project.
  9. MatchingTools API.
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