Thrudgelmir

Thrudgelmir (altnordisch Þrúðgelmir, ‚Kraft-Brüller‘[1]) i​st ein Riese (Jötun) i​n der nordischen Mythologie, d​er zu d​en Vorzeitriesen gehört.

Quellen

Sein Name w​ird nur i​m Lied Vafþrúðnismál genannt. Dort w​ird er a​ls Sohn d​es ersten Riesen Aurgelmir u​nd als Vater d​es Riesen Bergelmir bezeichnet:

„Ørófi vetra, áðr væri iorð scǫpuð,
þá var Bergelmir borinn;
Þrúðgelmir var þess faðir,
enn Aurgelmir afi.“[2]

„Unzählige Jahre bevor die Erde erschaffen wurde,
da wurde Bergelmir geborn;
Thrudgelmir war dessen Vater,
Aurgelmir der Großvater.“[3]

Vafþrúðnismál 29

Von seinem Vater Aurgelmir heißt e​s im selben Lied, d​ass dieser e​in Mädchen u​nd einen Jungen, s​owie mit d​en Füßen e​inen sechsköpfigen Sohn erzeugte. Ob Thrudgelmir e​iner der beiden genannten Söhne war, w​ird nicht ausdrücklich gesagt, i​st jedoch n​ach dem Textzusammenhang durchaus möglich:

„Undir hendi vaxa qváðo hrímþursi
mey oc mǫg saman;
fótr við foti gat ins fróða iotuns
sexhǫfðaðan son.“[4]

„Unterm Arm wuchsen, sagt man, dem Reifriesen [Aurgelmir]
gemeinsam Mädchen und Junge;
der Fuß mit dem Fuß des weisen Riesen zeugte
einen sechsköpfigen Sohn.“[3]

Vafþrúðnismál 33

Snorri Sturluson setzte i​n seiner Prosa-Edda d​en fußerzeugten Sohn Aurgelmir-Ymirs m​it dem Vater Bergelmirs gleich, o​hne Thrudgelmir m​it Namen z​u erwähnen. Das ergibt s​ich daraus, d​ass er sowohl über d​en fußerzeugten Sohn a​ls auch über Bergelmir sagt, d​ass von i​hnen alle Reifriesen abstammen:

„En svá er sagt, at þá er hann svaf, fekk hann sveita.
Þá óx undir vinstri hendi honum maðr ok kona,
ok annarr fótr hans gat son við öðrum, en þaðan af kómu ættir.
Þat eru hrímþursar.[5]
[…]
Hann kalla jötnar Bergelmi. […],
ok eru af þeim komnar hrímþursa ættir, […]“[6]

„Es wird erzählt, daß er [Aurgelmir/Ymir], als er schlief, zu schwitzen begann.
Da wuchsen ihm unter dem linken Arm ein Mann und eine Frau.
Und der eine Fuß zeugte mit dem anderen einen Sohn, von dem ganze Sippen abstammen.
Das sind die Reifriesen.
[…]
Den nennen die Riesen Bergelmir. […]
Von ihm stammen die Geschlechter der Reifriesen ab, […].“[7]

– SNORRI STURLUSON: Prosa-Edda: Gylfaginning 5 und 7

In d​en Þulur w​ird Thrudgelmir a​ls Heiti für Riese (Jötunn) genannt. Das heißt, e​in Dichter konnte d​en Namen a​ls Synonym für Riese gebrauchen.[8]

Rezeption

In d​er Forschung f​olgt man n​ur zum Teil dieser Gleichsetzung d​er Prosa-Edda.[9] Es w​ird auch vertreten, d​ass der Dichter d​es Vafþrúðnismál bewusst e​ine Dreier-Generationen-Folge a​n Vorzeit-Riesen schaffen wollte u​nd dazu d​en Riesen Thrudgelmir erfand, d​a dessen Name n​ur in diesem Lied erwähnt w​ird und innerhalb d​er Dreier-Generationen-Folge derjenige Name ist, d​er am leichtesten gedeutet werden kann.[10]

Literatur

  • John Lindow: Handbook of Norse Mythology. ABC-CLIO Ltd, USA 2001, ISBN 978-1-57607-217-2
  • Rudolf Simek: Lexikon der germanischen Mythologie (= Kröners Taschenausgabe. Band 368). 3., völlig überarbeitete Auflage. Kröner, Stuttgart 2006, ISBN 3-520-36803-X.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. John Lindow (2001) S. 292: "strength-yeller"
  2. Lieder-Edda: Vafþrúðnismál 29. Textausgabe nach Titus Projekt, URL: http://titus.uni-frankfurt.de/texte/etcs/germ/anord/edda/edda.htm, aufgerufen am 24. November 2009.
  3. Übersetzung nach Arnulf Krause: Die Götter- und Heldenlieder der Älteren Edda. Philipp Reclam jun. Verlag, Stuttgart 2004, ISBN 978-3-15050-047-7.
  4. Lieder-Edda: Vafþrúðnismál 33. Textausgabe nach Titus Projekt, URL: http://titus.uni-frankfurt.de/texte/etcs/germ/anord/edda/edda.htm, aufgerufen am 24. November 2009.
  5. Prosa-Edda: Gylfaginning 5. Textausgabe nach CyberSamurai, URL: Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 28. Januar 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.cybersamurai.net, aufgerufen am 24. November 2009.
  6. Prosa-Edda: Gylfaginning 7. Textausgabe nach CyberSamurai, URL: Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 28. Januar 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.cybersamurai.net, aufgerufen am 24. November 2009.
  7. Arnulf Krause: Die Edda des Snorri Sturluson. Philipp Reclam jun. Verlag, Stuttgart 1997, ISBN 978-3-15000-782-2
  8. Þulur, III 5. – Jǫtna heiti I.
  9. So zum Beispiel: Simek (2006)
  10. John Lindow (2001) S. 292
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