Theo Vennemann
Theo Vennemann genannt Nierfeld (* 27. Mai 1937 in Oberhausen-Sterkrade), ist ein deutscher Sprachwissenschaftler. Er war Professor für Germanistische und Theoretische Linguistik an der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Leben
Nach seinem Abitur an der Hoffmann-von-Fallersleben-Schule Braunschweig studierte Theo Vennemann 1957 Mathematik, Physik und Philosophie an der Universität Göttingen. 1959 wechselte er an die Universität Marburg, wo er Mathematik, Germanistik und Philosophie 1964 mit dem Staatsexamen abschloss. Nach einem Aufenthalt an der University of Texas at Austin war Vennemann von 1965 bis 1974 Lehrassistent und Assistant Professor an der University of California, Los Angeles. Er promovierte dort 1968 zur deutschen Phonologie.
Von 1974 bis zu seiner Emeritierung 2005 war er Inhaber des Lehrstuhls für Germanistische und Theoretische Linguistik an der Universität München und dort u. a. Prodekan und Dekan der Philosophischen Fakultät für Sprach- und Literaturwissenschaft II. Daneben hatte er Gastprofessuren u. a. in Salzburg, an der FU Berlin und der State University of New York. Von 1996 bis 2013 war Vennemann zudem Mitglied des Gemeinderats von Ried.
Theo Vennemann wurde durch seine Forschungen zur allgemeinen Sprachtypologie bekannt, aber auch zur sprachlichen Vorgeschichte Europas. Er begründete die Vaskonische Hypothese, indem er die Alteuropäische Hydronymie von Hans Krahe anders als dieser, nämlich Vaskonisch deutet. Den Begriff Atlantische Semitiden führte er in die Historisch-Vergleichende Sprachwissenschaft ein und meint damit Sprecher von afroasiatischen Sprachen, die früh die Küsten Europas erkundet haben und dort bodenständig wurden. Reflexe ihrer Sprachen sollen, folgt man der Annahme, in den Küstenrandgebieten Europas vorliegen. Die Hypothese einer afroasiatischen Beeinflussung Europas selbst ist nicht neu, Vennemann fasst lediglich die Vorarbeiten zusammen – vor allem von Julius Pokorny[1] und Orin David Gensler[2]– und erweitert die Hypothese auf das Germanische. Hierzu gehören Untersuchungen, die die Herkunft der germanischen Runen unmittelbar aus dem Punischen Alphabet zum Gegenstand haben.[3][4]
Veröffentlichungen (Auswahl)
- German phonology. Ann Arbor, Michigan 1968.
- Schuchardt, the neogrammarians, and the transformation theory of phonological change. Athenäum, Frankfurt a. M. 1972, ISBN 3-7610-4826-2.
- Linguistik und Nachbarwissenschaften. Scriptor, Kronberg 1973, ISBN 3-589-00001-5.
- Sprache und Grammatik. Grundprobleme der linguistischen Sprachbeschreibung. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1982. ISBN 3-534-08305-9.
- Neuere Entwicklungen in der Phonologie. de Gruyter, Berlin/New York 1986, ISBN 3-11-010980-8.
- Basken, Semiten, Indogermanen. Urheimatfragen in linguistischer und anthropologischer Sicht. In: Wolfgang Meid (Hrsg.): Sprache und Kultur der Indogermanen. Akten der X. Fachtagung der Indogermanischen Gesellschaft, 22.–28. September 1996. Innsbrucker Beiträge zur Sprachwissenschaft. Bd. 93. Innsbruck 1998, S. 119–138, ISBN 3-85124-668-3.
- Note on the Runic Inscription of the Bergakker Scabbard Mount. In: Christian T. Petersen (Hrsg.): Gotica Minora Interjecta. (zusätzlich auf DVD: Der semitische Beitrag zur Indogermania – Vortrag, 2005) Syllabus, Aschaffenburg 2006.
- Europa Vasconica – Europa Semitica. Trends in linguistics. Studies and monographs. Bd. 138. de Gruyter, Berlin/New York 2003, ISBN 3-11-017054-X.
- Germania Semitica. Trends in linguistics. Studies and monographs. Bd. 259. de Gruyter, Berlin/New York 2012, ISBN 978-3-11-030094-9.
- The Carthaginian North – Semitic influence on early Germanic, NOWELLE Supplement Series, Bd. 32. John Benjamins Publishing Company, Amsterdam/Philadelphia 2019, (zusammen mit Robert Mailhammer), ISBN 978-90-272-0401-1.
Weblinks
- Literatur von und über Theo Vennemann im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Homepage von Theo Vennemann
- Marcus Simon: „Wie die Germanen das Schreiben lernten“. Zusammenfassung der Thesen Prof. Theo Vennemanns. LMU Einsichten 2007, Newsletter 02. archive.org http://web.archive.org/web/20110428025555/http://www.uni-muenchen.de/aktuelles/publikationen/einsichten/072/0721.pdf
Einzelnachweise
- Julius Pokorny: Das nicht-indogermanische Substrat im Irischen. In: Zeitschrift für celtische Philologie. Band 16 (1927), Nr. 95–144, 1927.
- Orin David Gensler: A Typological Evaluation of Celtic/Hamito-Semitic Syntactic Parallels. Dissertation, University of California, Berkeley. 1993 (online [PDF]).
- Elvira Glaser, Annanina Seiler, Michelle Waldisphühl (Hrsg.): LautSchriftSprache. Beiträge zur vergleichenden historischen Graphematik. Chronos Verlag, Zürich 2011, ISBN 978-3-03-401015-3.
- Theo Vennemann, Robert Mailhammer: The Carthaginian North – Semitic influence on early Germanic. 1. Auflage. John Benjamins Publishing Company, Amsterdam/Philadelphia 2019, S. 141–186.