Tanzschule
Eine Tanzschule ist eine meist kommerziell betriebene Einrichtung, die dazu dient, einzelnen Tanzschülern, Tanzpaaren oder Gruppen Tänze, Bewegungen und Tanzfiguren sowie mit dem Tanzen verbundene Fertigkeiten zu vermitteln. Schwerpunkte sind in der Regel der Gesellschaftstanz sowie einzelne Spezialtänze wie Discofox, Salsa etc. als Freizeitbeschäftigung, während die Tanzsportvereine eher den Bereich Tanzsport abdecken.
Lernsysteme in Tanzschulen
Neben dem klassischen “Tanzkurs” gibt es eine Reihe von weiteren Systemen, Tanzen zu lernen. Die Vielfalt ist groß, da jede Tanzschule, abhängig von Größe, Personal, Kundenstruktur, Kundenfrequenz und Marktdurchdringung, versucht, das passende System zu finden.
Tanzkurse
Tanzkurse im eigentlichen Sinn bestehen aus einer vorher fest definierten Anzahl von Unterrichtseinheiten bestimmter Dauer. Der Kurs beginnt für alle Teilnehmer am selben Datum und hat überwiegend homogene Gruppen, in denen die Teilnehmer ein ähnliches Niveau haben. Meist wird ein Tanzkurs im Voraus gebucht und bezahlt.
Tanzkurse werden meist auch in hierarchischen Systemen angeboten. Die Kursniveaus bauen jeweils aufeinander auf; um beispielsweise an einem Tanzkurs der Stufe 3 teilzunehmen, ist der Besuch der unteren beiden Stufen 1 und 2 Voraussetzung.
Umgangssprachlich wird in der Regel „Tanzkurs“ generell für den Besuch einer Unterrichtseinheit in einer Tanzschule verwendet, auch wenn das Lernsystem nicht diesem Muster entspricht.
Vor- und Nachteile
Ein Tanzkurs hat klar definierte Start- und Endtermine und (meist) vorher festgelegte und veröffentlichte Unterrichtsinhalte. Die Budgetkontrolle wird erleichtert, da es ein „Bargeschäft“ ist und zum Beispiel für 8 Einheiten 160 Euro bezahlt werden. Da ein Tanzkurs einen fixen Termin pro Woche beansprucht, muss für einige Wochen ein bestimmter Termin freigehalten werden. Große Tanzschulen bieten auch viele parallel laufende Kurse an, sodass der Kursbesuch pro Woche frei gewählt werden kann. Mehrfacher Kursbesuch pro Woche ist in vielen Tanzschulen möglich. Ein individuelles Lerntempo wird manchmal erschwert, denn am Ende des Kurses geht es mit dem nächsthöheren Niveau weiter, unabhängig davon, ob der Tanzschüler (subjektiv und objektiv) das Programm des letzten Kurses beherrscht. Ferner enthält der Tanzkurs unter Umständen auch Tänze, die dem Tanzschüler nicht zusagen.
Clubsystem
Hier sind die angebotenen Unterrichtseinheiten in der Regel abgeschlossen, eine Hierarchie ist meist nur auf einen einzelnen Tanz oder auf ein Thema beschränkt. So wird beispielsweise jeder Tanz für sich in unterschiedlichen Niveaus für Anfänger und Fortgeschrittene angeboten. Die Tanzschüler suchen sich aus einem Stundenplan die für sie passenden oder interessanten Einheiten heraus. Im Unterschied zum Tanzkurs und zum rollierenden System trifft der Kunde hier – oft anhand eines im Vorfeld veröffentlichten Monats- oder Saisonplans – die Auswahl, welche Tänze und Bewegungen er lernen möchte. Die Bezahlung erfolgt meist in Form einer monatlichen Pauschale („Flatrate“ oder „Abo“) oder mit Prepaid-Karten (zum Beispiel 10er-Karten).
Vor- und Nachteile
Die Tanzschüler können eigene Schwerpunkte setzen und den Stundenplan frei gestalten. Weitere Tanzstunden lassen sich flexibel an den eigenen Kalender anpassen und der Tanzschüler bestimmt selbst sein Lerntempo.
Abhängig vom konkreten System ist der Unterricht oft einseitig, da meist nur ein Tanz pro Stunde unterrichtet wird. Die Größe der Gruppen ist in der Regel nicht vorhersehbar und kann stark variieren. Eine eigenständige Auswahl der Tänze und Niveaus kann den Tanzschüler überfordern.
Rollierende Systeme
Eine Mischform aus Kurs- und Clubsystem bieten einige Tanzschulen in Form von rollierenden Systemen an. Hier sind die Lerninhalte zu Blöcken zusammengestellt (Beispielsweise “Latino-Tänze” oder “Hochzeits-Tänze”). Eine gewisse Zeit sind diese Tänze Schwerpunkt des Unterrichts, beim Wechsel zum nächsten Block ist es häufig möglich, als Anfänger in den Kurs einzusteigen. Da die Kurse fortlaufend sind, ist es meist die Entscheidung des Tanzschülers, wann er in die nächste Stufe wechseln möchte. Die Bezahlung erfolgt in Form einer monatlichen Pauschale (“Flatrate” oder "Abo").
Vor- und Nachteile
Die Tanzschüler haben eine sehr hohe Flexibilität, da sie innerhalb einer Woche meist frei entscheiden können, welchen der angebotenen Termine ihres Niveaus sie wahrnehmen möchten. Tanzschüler finden relativ häufig und regelmäßig Einstiegsmöglichkeiten. Das Lerntempo ist sehr individuell, denn die Tanzschüler entscheiden selbst, wann sie in die nächste Stufe wechseln. Da die Teilnehmer oft spontan entscheiden, welche Termine sie wahrnehmen, ist die Gruppengröße nicht vorhersehbar. Der Themenblock enthält evtl. auch Tänze, die dem Tanzschüler nicht zusagen.
Angebote
Anfängertanzkurse
Um am Anfängertanzunterricht teilzunehmen, sind – bezogen auf die im Curriculum zu erwartenden Tänze – keine Vorkenntnisse nötig. Die Unterrichtenden gehen also davon aus, dass die Tanzschüler zum Zeitpunkt des Beginns des Tanzkurses in diesem Tanz noch keine Erfahrung haben. Je nach Lernsystem ist ein Einstieg manchmal in jeder Stunde möglich, was für Tanzlehrer und Tanzschüler gleichermaßen anspruchsvoll sein kann.
Im Bereich des Gesellschaftstanzes starten die meisten Tanzschulen mit Tänzen des Welttanzprogramms.
Tanzkurse für Fortgeschrittene
Wenn ein Tanzschüler bereits Vorkenntnisse mitbringt, indem er entweder Anfängerunterricht absolviert oder sich seine Kenntnisse auf andere Weise angeeignet hat, kann er an Unterricht für Fortgeschrittene teilnehmen. Innerhalb der Lernsysteme der Tanzschulen wird meist der Inhalt der vorgeschalteten niedrigeren Stufe vorausgesetzt.
Im Gesellschaftstanz gibt es in den ADTV- oder BDT-Tanzschulen sehr häufig folgende Einteilung des Deutschen Tanzabzeichens, auch Medaillenkurse genannt:
- Bronze
- Silber
- Gold
- Goldstar
- Supergoldstar
Die häufig gefundene Darstellung, die Inhalte der Kurse in ADTV- oder BDT-Tanzschulen wären identisch bzw. würden vom Verband vorgeschrieben, trifft nicht zu. Jede Tanzschule wählt aus dem großen Fundus von Tänzen und Figuren diejenigen aus, die am besten zur Tanzschule und zur Klientel passen. Den meisten Tanzschulen ist eine deutliche Abgrenzung zum Turniertanz wichtig, weshalb sie ihr Programm bewusst so ausrichten, dass ein mehrstündiges wöchentliches "Training" wie im Turniertanz nicht notwendig ist.
Tanzen für Hobbytänzer
Tanzschüler, die regelmäßig Tanzunterricht nehmen und ihre Kenntnisse festigen und weiter aufbauen wollen, besuchen häufig fortlaufenden Unterricht. Die Bezeichnungen hierfür sind z. B. Tanzkreis oder Hobbyclub.
Privatstunden
Tanzschüler, die entweder wenig Zeit, spezielle Anforderungen oder den Wunsch nach mehr Privatsphäre haben, buchen Privatstunden. Hier bezahlt der Tanzschüler für eine bestimmte Zeit (meist 45 oder 60 min) einen festen Betrag, wofür ihm eine Tanzlehrerin oder ein Tanzlehrer exklusiv zur Verfügung steht.
Workshops
Alle Niveaus werden von vielen Tanzschulen auch in Form von Workshops angeboten. Hier werden meist mehrere Stunden an einem Tag abgehalten oder Kurse, die im Regelfall über mehrere Wochen stattfinden, z. B. an einem Wochenende zusammengefasst.
Single-Tanzkurse
In einigen Tanzschulen ist auch die Anmeldung ohne Tanzpartner möglich. Hier gibt es unterschiedliche Angebote, bei denen entweder ein Tanzpartner gestellt wird, mit dem man während des gesamten Tanzkurses als Paar tanzt, oder reine Single-Tanzkurse stattfinden, in denen alle sich ohne Partner angemeldet haben und häufiger die Partner durchgewechselt werden.
Veranstaltungen
Begleitend zum Tanzunterricht bieten viele Tanzschulen mit regelmäßigen Tanzpartys auch Übungsmöglichkeiten außerhalb der Kurszeit an. Abgerundet wird das Angebot oft durch saisonale Events (Fasching, Tanz in den Mai, Halloween etc.), Mottopartys (70er, Bad Taste, Cocktailparty, Black & White etc.) und Gala-, Abschluss- bzw. Premierenbälle.
Seminare
Viele Tanzschulen bieten neben dem Kerngeschäft Tanzunterricht auch Seminare zu unterschiedlichsten Themen an:
- Umgangsformen
- Tischsitten
- Rhetorik
Arten von Tanzschulen
Klassische Tanzschulen
Die größte Gruppe bilden in Deutschland und Österreich die Tanzschulen, in denen man in eine Auswahl von kulturell oder regional bedeutsamen Tänzen erlernt.
Die meisten traditionellen Tanzschulen in Deutschland werden von Mitgliedern des Allgemeinen Deutschen Tanzlehrerverbandes (ADTV) geleitet und gestalten daher ihr Lehrangebot auf der Basis des Welttanzprogramms, welches 2012 komplett überarbeitet wurde. Zurzeit sind ca. 800 Tanzschulen im ADTV organisiert. Daneben sind viele Tanzschulen im BDT organisiert, es gibt darüber hinaus aber auch eine Reihe von freien Tanzschulen.
Inhaber von deutschen Tanzschulen haben sich in dem Unternehmerverband DTIV zusammengeschlossen. Hier ist insbesondere ein mit der GEMA vereinbarter Rahmenvertrag relevant.
In Österreich sind die meisten Tanzschulen dem VTÖ angeschlossen, in der Schweiz dem Verband Swissdance.
Spezial-Tanzschulen
Es gibt eine große Anzahl an Tanzschulen, die sich ausschließlich einer (seltener auch zwei) Tanzform widmen wie z. B. Ballett, Hip-Hop, Salsa, Tango Argentino, Stepptanz, Flamenco, Capoeira, Samba, Swing oder Gogodance. Boogie Woogie, Rock’n’Roll und Linedance werden in Deutschland überwiegend in Vereinen, also nicht-kommerziell unterrichtet.
Auch hier finden sich Tanzkurse und Workshops im Lehrangebot, das durch die Spezialisierung einerseits weniger breit gefächert, andererseits aber auch kompetenter und intensiver sein kann. Oft wird das Lehrangebot zusätzlich um Inhalte ergänzt, die thematisch eng mit dem Spezialgebiet verwandt sind, beispielsweise Perkussion bei Salsa-Tanz.
Siehe auch
Weblinks
- www.tanzen.de: Offizielle Seite des ADTV
- www.bdt-ev.de: Offizielle Seite des BDT
- www.dtiv-ev.de: Offizielle Seite der Deutschen Tanzschulinhabervereinigung
- www.swissdance.ch: Offizielle Seite des Schweizer Tanzlehrerverbandes Swissdance
- www.vtoe.at: Offizielle Seite des VTÖ