Strumpfwirker
Strumpfwirker ist die Bezeichnung für einen ehemaligen Beruf. Sie stellten durch Fadenverschlingung Maschenwaren wie Strümpfe, Socken, Schlafhauben, Hosen, Handschuhe aus Schafwolle, Seide, Baumwolle oder Leinengarn her. Das Handstricken soll in Italien schon 1254 bekannt gewesen sein, jedenfalls trug Papst Innozenz IV. auf seinem Sterbebett gestrickte seidene Handschuhe. Gestrickte Strümpfe setzten sich erst mit der Vorherrschaft der spanischen Tracht seit Mitte des 16. Jahrhunderts durch. 1589 gelang dem protestantischen englischen Geistlichen William Lee die Erfindung der Strickmaschine. Nach dem Edikt von Fontainebleau, das die Gleichberechtigung der Hugenotten mit den Katholiken im Königreich Frankreich rückgängig machte, flüchteten die protestantischen Wirker samt ihren Werkzeugen unter anderem nach Deutschland in protestantische Territorien und führten dort die Wirkerei ein. Wenige Jahre nach ihrer Einwanderung wurde das in Frankreich erlernte Strumpfwirkerhandwerk in den Waldenserorten in Württemberg ausgebaut, so in der „welschen“ Kolonie „Le Bourcet“ (Neuhengstett) im Schwarzwald. Calw im Nordschwarzwald war im Mittelalter eine bedeutende Handelsstadt, insbesondere mit Tuch- und Lederhandel.
Das Strumpfwirkerhandwerk wurde einst in der Gegend von Albstadt und dem Heuberg in Meisterbetrieben betrieben.[1] Aus den Resten wurden seit 1798 Schuhe („Hudelsocken“) in Heimarbeit gefertigt. Dabei wird von Hand mit einer auf einer bespannten Holzform gewoben. Man kann mit allen (Abfall-)Stoffstreifen weben.[2] So auch aus Resten von gewalkten Wollwirkstoffen vom damals neu gezüchteten Merinolandschaf.[3] 1797: Für Albstadt arbeiten 2144 Personen in diesem Gewerbe, 150000 Gulden beträgt der jährliche Geldwert der ins Ausland ausgeführten Waren der Strumpfwirker.[4]
Das Strumpfwirkerhandwerk spielte auch für die brandenburg-ansbachische Planstadt Marktsteft im heutigen Unterfranken eine große Rolle. Ab 1731/32 siedelte man gezielt Strumpfwirkermeister aus dem Raum um Frankfurt bzw. der Region Neustadt an der Aisch an. Noch im Jahr 1800 sind 19 Meister des Handwerks in Marktsteft nachweisbar. Der Straßenname Strumpfwirkergasse im Ortskern verweist auf die Vergangenheit.
Siehe auch
Literatur
- Rudi Palla: Das Lexikon der untergegangenen Berufe. Eichborn, Frankfurt am Main 1994, ISBN 3-8289-4152-4.
Einzelnachweise
- Fritz Scheerer: Beginn der Industrialisierung unserer Heimat. Heimatkundliche Blätter 1965. Hrsg.: Heimatkundliche Vereinigung. Balingen 1965.
- Albstadt, "Drücka und Zieha ischt ’s A und O", Schwarzwälder-Bote, 8. August 2013, Oberndorf am Neckar
- Der lange Marsch, 10. November 2012, Südwest Presse (SWP), Ulm
- Walter Stettner: Ebingen – Die Geschichte einer württembergischen Stadt. Thorbecke, Sigmaringen 1986, S. 230.