Spezialklasse (DDR)
Die Spezialklassen für Mathematik und Physik und die Spezialklassen für Chemie (offiziell: Spezialklassen an Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultäten der Universitäten und Hochschulen[1]) waren in der DDR Einrichtungen zur Förderung von hochbegabten Schülern an Universitäten und Hochschulen.
Grundlage für die Gründung war die „Anweisung Nr. 9/1964 des Staatssekretariats für das Hoch- und Fachschulwesen zur Einrichtung von Spezialklassen an Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultäten der Universitäten und Hochschulen“.[1][2] Sie waren damit nicht wie die Erweiterten Oberschulen (EOS) und die späteren Spezialschulen mathematisch-naturwissenschaftlich-technischer Richtung dem Ministerium für Volksbildung, sondern dem Staatssekretariat (und späteren Ministerium) für Hoch- und Fachschulwesen unterstellt. Trotz dieser Unterschiede in der Zuständigkeit wurden die Begriffe „Spezialklassen“ und „Spezialschule“ teils gemischt verwendet. So hießen z. B. die Spezialklassen der Humboldt-Universität „Spezialschule Mathematik/Physik an der Humboldt-Universität zu Berlin“[3] und die Klassen an der Spezialschule in Riesa Spezialklassen oder S-Klassen.
Aufbau und Inhalt
Aufgenommen wurden Absolventen der 10. Klasse der Polytechnischen Oberschule (POS). (Im Unterschied dazu ging es in den späteren Spezialschulen schon ab der 9. Klasse los, zur Wende hin auch schon ab der 7. Klasse.) Die Spezialklassen unterrichteten den Stoff der 11. und 12. Klasse bis zum Abitur. In den Fächern, die nicht ihrer Spezialisierung entsprachen, arbeiteten sie nach den allgemeinen Lehrplänen der EOS, vermittelten in den Spezialisierungsfächern aber weit darüber hinausgehenden Stoff. Sie bereiteten die Schüler direkt auf ein entsprechendes Hochschulstudium vor und konnten damit auch zu speziellen Studienstrukturen führen.
Der Unterricht wurde vor allem in den Spezialisierungsfächern, aber auch in Mathematik und Fremdsprachen weitgehend von Lehrkräften der Hochschulen durchgeführt. Die Klassenstärke war mit durchschnittlich 15 Schülern deutlich geringer als bei üblichen Abiturklassen.[1]
Die einzelnen Spezialklassen
1964 entstanden Spezialklassen an folgenden fünf[4] Hochschulen:[1]
Hochschule/Universität | Spezialklassen | von—bis | Adresse/Ort |
---|---|---|---|
Humboldt-Universität zu Berlin | Spezialklassen/-schule Mathematik/Physik (anfangs noch einzügig) |
Nov.1964 — Jul.1992[5] | Burgstr. 26, Berlin[6] |
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg | Spezialklassen für Mathematik und Physik | 1964–1991[7] | ? |
Technische Hochschule Magdeburg | Spezialklassen für Mathematik und Physik | 1964–1991[8] | ? |
Technische Hochschule Karl-Marx-Stadt | Spezialklassen für Mathematik[9][10] | ? | ? |
Technische Hochschule "Carl Schorlemmer" in Merseburg | Spezialklassen für Chemie | 1964–1992[11] | ? |
Von den insgesamt 14 Spezialschulen mathematisch-naturwissenschaftlich-technischer Richtung, die in den 1980er Jahren gegründet wurden, gab es jeweils auch eine in Berlin, Halle, Magdeburg und Karl-Marx-Stadt. In diesen vier Städten gab es zu dieser Zeit somit sowohl die Spezialklassen an den Hochschulen als auch Spezialschulen. Als erstere im Zuge der Angleichung an das westdeutsche Bildungssystem 1991 bzw. 1992 schließen mussten, konnten die Schüler der Spezialklassen an die Spezialschulen wechseln und dort ihr Abitur ablegen.[7]
Arbeitsgemeinschaften für Schüler
An verschiedenen Hochschulen und Universitäten der DDR gab es auch Arbeitsgemeinschaften für Hochbegabte, etwa die Arbeitsgemeinschaft Mathematik an der Technischen Hochschule Dresden (jetzt TU) oder den Bezirksklub Junger Mathematiker an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und die Bezirkskorrespondenzzirkel für Mathematik[12] und Chemie[13] an der TU Karl-Marx-Stadt (jetzt TU Chemnitz). Diese waren zwar organisatorisch nicht mit den Spezialklassen verknüpft, jedoch wurden Informationen über die Möglichkeit der Spezialklassenausbildung an die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaften und Korrespondenzzirkel verteilt.
Einzelnachweise
- H. Frank, W. Ziemann: Informationen über Spezialklassen an Sektionen für Mathematik und Naturwissenschaften der Universitäten und Hochschulen, Fassung vom Januar 1979, Humboldt-Universität zu Berlin, Blatt 1, Blatt 2
- Anweisung Nr. 9/1964 des Staatssekretariats für das Hoch- und Fachschulwesen zur Einrichtung von Spezialklassen an Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultäten der Universitäten und Hochschulen. In: Mitteilungen des Staatssekretariats für das Hoch- und Fachschulwesen 1/1964
- Spezialschule Mathematik/Physik an der Humboldt-Universität zu Berlin
- Jürgen Kaube: Begabtenförderung: Mathe - oder das Monopol der Sprachen, in FAZ, 13. März 2008
- Magnifizenz eröffnete Sonderklasse. Humboldt-Universität zu Berlin. 23. November 1964.
- Spezialschule Mathematik/Physik an der Humboldt-Universität Berlin
- A. Koch: Die Spezialklassen für Mathematik und Physik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. 29. Februar 2000.
- A. Koch: Die Spezialklassen für Mathematik und Physik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. 29. Februar 2000.
- Spezialklassen für Mathematik an der TH/TU Karl-Marx-Stadt
- Spezialklasse. Fakultät für Mathematik, TU Chemnitz. 2004.
- Spezialklassen für Chemie an der Technischen Hochschule "Carl Schorlemmer" – Geschichte
- Ein Leben für den Mathe-Nachwuchs. In: Freie Presse, 22. Januar 2014.
- Gesellschaft der Freunde der Technischen Universität Chemnitz e. V.: Das etwas andere Jubiläumsbuch, Mai 2011, S. 39.
Weblinks
- Informationen über Spezialklassen an Sektionen für Mathematik und Naturwissenschaften der Universitäten und Hochschulen von 1979: Blatt 1, Blatt 2 (JPG)
- http://www.spezialklassen.de/ – hier beschäftigt man sich mit allen Spezialklassen: denen an Universitäten/Hochschulen und denen an Spezialschulen/EOS