Sonos (Verband)
Sonos ist ein Schweizer Dachverband der Gehörlosen- und Hörgeschädigten-Organisationen im Bereich der Fach- und Selbsthilfe.
Er wurde 1911 als Schweizerischer Fürsorgeverein für Taubstumme gegründet. Bis Ende 2001 hiess der Gehörlosenverband Schweizerischer Verband für das Gehörlosenwesen SVG (alter Geschäftssitz: Sonneggstr. 31 & Feldeggstr. 69, Zürich). Seit 2018 befindet sich der Geschäftssitz in Winterthur am Oberen Graben 48. Sonos ist eine gemeinnützige Organisation (NPO).
Geschichte
Der heute mit dem Namen Sonos bezeichnete Schweizerische Hörbehindertenverband wurde 1911 von dem gehörlosen Eugen Sutermeister (1862–1931) in Olten als Schweizerischer Fürsorgeverein für Taubstumme gegründet. Unterschiedliche Organisationen der Selbst- und Fachhilfe im Hörbehindertenwesen schlossen sich bis in die 1970er-Jahre unter seinem Dach zusammen. 1912 wurde der Verband Träger der 1907 von Eugen Sutermeister gegründeten Schweizerischen Taubstummenzeitung. 1920 erfolgte der Anschluss an die neugegründete Vereinigung für Anormale (heute Schweizerische Vereinigung Pro Infirmis). 1925 wurde die Schweizerische Vereinigung für Bildung taubstummer und schwerhöriger Kinder gegründet. 1933 schlossen sich der Schweizerische Fürsorgeverein für Taubstumme und die Schweizerische Vereinigung für Bildung taubstummer und schwerhöriger Kinder zum Schweizerischen Verband für Taubstummenhilfe zusammen. 1954 wurde der Verband Träger der Berufsschule für Hörgeschädigte (BSFH) in Zürich-Oerlikon. 1960 nannte sich der Verband um in Schweizerischer Verband für Taubstummen- und Gehörlosenhilfe, 1977 dann in Schweizerischer Verband für das Gehörlosenwesen, abgekürzt SVG. 1999 trat der Schweizerische Gehörlosenbund SGB-FSS nach Uneinigkeiten in der Ausrichtung aus dem Verband aus, der SGB-FSS positioniert sich seither als Dachverband für Selbsthilfe-Organisationen. 2002 folgte die Umbenennung in Sonos. Schweizerischer Dachverband für Gehörlosen- und Hörgeschädigten-Organisationen. Der Name leitet sich ab vom lateinischen Wort Sonus (Laut, Ton, Klang). Seit 2018 heisst der Dachverband Sonos Schweizerischer Hörbehindertenverband.
Heutige Ausrichtung von Sonos
Sonos nimmt vor allem Aufgaben in den Bereichen Arbeit, Barrierefreiheit, Bildung und hörbehindertengerechtes Wohnen, sowie Netzwerkarbeit und Sozialpolitik wahr. In der Schweiz leben rund 600'000 Menschen, die ein Hörproblem haben. Circa 200'000 Personen tragen in der Schweiz ein Hörgerät bzw. sind hochgradig schwerhörig und 10'000 Personen sind vollständig gehörlos und auf die Gebärdensprache dringend angewiesen.
Sonos erhält als Dachverband Staatsbeiträge des Bundesamtes für Sozialversicherung gemäss Art. 74 des Invalidenversicherungsgesetzes und leitet diese an Hörbehindertenorganisationen wie beispielsweise Beratungsstellen für hörbehinderte Menschen etc. weiter, die mit Sonos diesbezüglich einen Leistungsvertrag abgeschlossen haben und wichtige Dienstleistungen im Bereich der privaten Behindertenhilfe erbringen. Der Bund leistet Subventionen an Organisationen der privaten Behindertenhilfe in der Höhe von momentan insgesamt 130 Millionen Franken pro Jahr. Sonos selbst erhält als Dachverband vom Bund derzeit um die 2,5 Millionen Franken, die er an die 8 Unterleistungsvertragsnehmenden weiterverteilt. Sonos ist verantwortlich für die Kontrolle, dass diese Staatsgelder effektiv zweckkonform verwendet werden.
Daneben will Sonos seine heute 44 Mitglieder in ihren mannigfaltigen und unterschiedlichen Tätigkeitsgebieten optimal unterstützen. Zu den Mitgliedern von Sonos zählen die ehemaligen Gehörlosen- heute Sprachheilschulen, stationäre Einrichtungen wie beispielsweise Gehörlosenheime, die Gehörlosenkirchen, die Gehörlosenfachberatungsstellen und zahlreiche wichtige Einzelorganisationen mit ganz unterschiedlicher Ausrichtung – wie z. B. die Fondation a Cappella, die sich schwergewichtig der Vermittlung der sog. ergänzten Lautsprache widmet.
Mit Partnerverbänden im Hörgeschädigtewesen pflegt Sonos heute eine enge und konstruktive Zusammenarbeit. Sonos ist in Kommissionen und Fachgremien vertreten. So hat Sonos beispielsweise den Vorsitz in der sozial-politischen Kommission der Hörbehindertenverbände, die sich jährlich zu Sitzungen trifft und gemeinsam Stellungnahmen zu sozialpolitisch relevanten Vorlagen ausarbeitet. Sonos bildet zudem zusammen mit dem Schweizerischen Gehörlosenbund SGB-FSS den Beirat der Stiftung Procom, die schweizweit Gebärdendolmetscher vermittelt und Telefonvermittlungs- sowie SMS-Dienstleistungen für Gehörlose anbietet. Im Weiteren ist Sonos in der Begleitgruppe im Zusammenhang mit der an der Hochschule für Heilpädagogik angebotenen Bachelor-Ausbildung zum Gebärdensprachdolmetscher und in der Teletextkommission, die sich dafür einsetzt, dass am Fernsehen möglichst viele Sendungen untertitelt ausgestrahlt werden. Sonos unterstützt Forschungsarbeiten wie beispielsweise die Studie an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Winterthur hinsichtlich der Leseverständlichkeit der untertitelten Sendungen für hörgeschädigte Menschen.
Der Verband Sonos gibt viermal pro Jahr die Zeitschrift Zeichen heraus.
Aufgaben der Gehörlosenkirche und Gehörlosenfachberatungsstellen
1909 wurde mit massgeblicher Hilfe Sutermeisters auch die Zürcher reformierte Gehörlosenkirche gegründet. Gustav Weber war der erste Gehörlosenpfarrer (1962–1934). Auf ihn folgte Jakob Stutz (1875–1970), dann Eduard Kolb (1918–2000). Von 2000 bis 2016 war Marianne Birnstiel (gestorben 2016) als Zürcher Gehörlosenpfarrerin tätig. Die Gehörlosenpfarrer hatten von allem Anfang an auch die Aufgabe, die Gehörlosen im Alltag zu unterstützen. Diese Aufgaben nehmen heute vor allem die sieben Gehörlosenfachstellen wahr, die in Zürich, Basel, Bern, Olten, Schaffhausen, Luzern und St. Gallen domiziliert sind. Träger der Gehörlosenfachstellen sind in der Regel regionale Gehörlosenfürsorgevereine.
Gehörlose Menschen und ihre Angehörigen werden in den Gehörlosenfachstellen zu allen Fragestellungen, mit denen sie in ihrem Leben konfrontiert sind, sei dies im Zusammenhang mit der Erwerbsarbeit (Stellenwechsel, Schwierigkeiten am Arbeitsplatz etc.), Partnerschaft, Kindererziehung, Suchtproblematik, Älterwerden nach Angaben des Vereins fachkundig beraten. Die Gehörlosenfachstellen unterhalten auch ein mannigfaches Angebot an Kursen und Freizeitaktivitäten. Die Hörbehinderung ist in erster Linie eine Kommunikationsbeeinträchtigung und soziale Isolation sind häufig die Folge einer gravierenden Hörschwäche und Gehörlosigkeit. Deshalb ist es so wichtig, dass es für alle hörbehinderten Menschen in allen Lebensaltern adäquate Angebote gibt, mit anderen Menschen zusammen zu sein und der Vereinsamungsgefahr Rechnung zu tragen sowie durch angemessene Förderung, eine möglichst barrierefreie Teilhabe in Schule, Beruf, Freizeit bzw. am sozialen Leben zu ermöglichensowie. Hilfreich für die soziale Eingliederung sind auch einfache Sprachkurse, sinnvoll erscheint die internationale Sprache und die dazugehörige Gebärdensprache Signuno, die auch von Hör- und Sehbehinderten sehr einfach zu erlernen ist.
Die Berufsfachschule für Lernende mit Hör- und Kommunikationsbehinderung BSFH
Der Verband ist Träger der seit 1953 bestehenden Berufsfachschule für Lernende mit Hör- und Kommunikationsbehinderung BSFH[1] in Zürich Oerlikon. Rund 240 gehörlose und hörbeeinträchtigte Jugendliche aus der ganzen Deutschschweiz, die eine Berufslehre erhalten, werden heute jährlich an der BSFH unterrichtet. Der Unterricht findet in hörgeschädigtengerechter Form, d. h. in Kleinklassen oder im Einzelunterricht und bei optimalen Licht- und Schallverhältnissen statt.
Auswirkungen des Cochlea Implants auf zusätzliche Dienstleistungen
Seit Ende der 80er Jahre spielt das Cochlea-Implantat, CI, für gehörlose und ertaubte Menschen eine immer wichtigere Rolle. Durch Implantation modernster Hörgerätetechnologie wurde es möglich, in die Gehörschnecke einen ganz feinen Draht zu legen, der mit einer Elektrode verbunden ist, die in den Schädelknochen eingepflanzt ist. So können die akustische Signale, die über den äusserlich oberhalb des Ohres getragenen Sprachprozessor wahrgenommen werden, an den Hörnerven als elektrische Impulse weitergeleitet werden. Mit Hilfe des Cochlea Implants können gehörlos geborene Kinder heute bilingual aufwachsen und neben der Gebärdensprache zusätzlich die Lautsprache erlernen. Ebenfalls können ertaubte Menschen so z. B. wieder Vogelgezwitscher akustisch wahrnehmen. Mittlerweile sind in der Schweiz über 2'800 Cochlea-Implantate implantiert, weltweit jährlich ca. 50'000 Implantate.[2]
Dieser Fortschritt im Bereich Medizin und Hörgerätetechnologie hat zu Änderungen im Aufgabenportefeuille von Sonos geführt. Sonos setzt daher einen neuen Schwerpunkt in der Frühförderung, mit den Patronat für die Audiopädagogik oder für das Recht auf Arbeit, mit dem Projekt Employability.
Weblinks
Quellen
- Eugen Sutermeister: Quellenbuch zur Geschichte des schweizerischen Taubstummenwesens. Bern 1929.
- Michael Gebhard: Hören lernen – hörbehindert bleiben : die Geschichte von Gehörlosen- und Schwerhörigenorganisationen in den letzten 200 Jahren. Hier + jetzt, Verlag für Kultur und Geschichte, Baden 2007, ISBN 978-3-03919-054-6.
- Sonos: 100 Jahre Sonos im Einsatz für Gehörlose und Schwerhörige!, Festschrift Sonos 1911–2011, Zürich 2011. Die Festschrift kann bei Sonos für Fr. 15.- bestellt werden, info@hoerbehindert.ch.