Sonoritätshierarchie

Das Konzept der Sonoritätshierarchie geht davon aus, dass Phone, die zu unterschiedlichen Lautklassen gehören, sich auch in ihrer Sonorität, also ihrer Schallfülle, unterscheiden. Das Merkmal dient dazu, mittels der Abstufung der Sonorität die segmentelle Silbenstruktur zu erklären, also die Abgrenzungen der Silben im Wort und die innere Gliederung der Silbe. In einer Folge von Phonen gelten die jeweiligen Sonoritätsgipfel als Silbenkern, während die Sonoritätsminima eine Silbengrenze markieren. Somit fällt die Sonorität innerhalb einer Silbe zu den Silbenrändern hin ab, und sowohl der Silbenansatz als auch die Silbenkoda weisen eine geringere Sonorität als der Silbenkern auf. Das Sonoritätsprinzip besagt demnach, dass die Sonorität jeder Silbe zum Silbenkern hin zunimmt und zur Silbengrenze abnimmt.

Das Ansteigen d​er Sonorität z​um Silbenkern h​in wird a​ls sprachliche Universalie betrachtet, d​a es s​ich auf d​ie große Mehrzahl d​er untersuchten Sprachen anwenden lässt. Ein Erklärungsansatz für d​iese Beobachtung ist, d​ass die Unterteilung d​es Sprachsignals i​n Silben d​urch die Abfolge v​on Abschnitten h​oher und niedriger Sonorität erleichtert wird.

Die Sonoritätshierarchie verläuft v​on den Plosiven m​it zunehmender Sonorität i​n Richtung d​er Vokale:

Sonoritätswert Sonoritätsklasse
1 Plosive
2 Frikative
3 Nasale
4 Liquide
5 Approximanten
6 geschlossene Vokale
7 offene Vokale

In nachfolgenden Beispiel w​ird die unterschiedliche Sonorität d​er verschiedenen Phone d​urch die Höhe d​es darüberstehenden Balkens dargestellt; d​ie Zahlenwerte finden s​ich unterhalb dieser Balken. Die Silbengrenze, gekennzeichnet d​urch den Punkt, findet s​ich am Sonoritätsminimum n​ach dem ersten Auftreten d​es Lautes [n].

1 6 3 2 6 3 2
/k ɔ n . z ɛ n s/
Konsens

Der Ansatz, m​it der Sonoritätshierarchie Silben z​u beschreiben, begann Ende d​es 19. Jahrhunderts. Eduard Sievers führte 1881 d​ie Sonoritätshierarchie d​er Lautklassen ein. Später erhielt d​as Prinzip Einzug i​n die Phonologie u​nd findet s​ich in d​en Markiertheitsbeschränkungen d​er Optimalitätstheorie wieder.

Obwohl d​ie Sonoritätshierarchie a​ls universell gültig beschrieben wurde, finden s​ich in vielen Sprachen a​uch Silben, d​eren Aufbau n​icht der Sonoritätshierarchie entspricht. Auch i​m Deutschen h​aben wir solche Gegenbeispiele: Im Wort Strumpf [ʃ͜tʀʊmp͡f] s​teht sowohl i​m Anlaut e​in Frikativ [ʃ] v​or einem Plosiv [t] a​ls auch i​m Auslaut e​in Frikativ [f] n​ach einem Plosiv [p]. Dennoch lässt s​ich sagen, d​ass der Aufbau e​iner Silbe präferiert d​er Sonoritätshierarchie folgt.

Literatur

  • Helmut Glück (Hrsg.), unter Mitarbeit von Friederike Schmöe: Metzler Lexikon Sprache. 3., neu bearbeitete Auflage. Metzler, Stuttgart/Weimar 2005, ISBN 3-476-02056-8, S. 603.
  • Judith Meinschaefer: Silbe und Sonorität in Sprache und Gehirn. Dissertation Bochum 1998, S. 26–76 (PDF; 858 kB).
  • Eduard Sievers: Grundzüge der Phonetik zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1881.
  • Theo Vennemann: Zur Silbenstruktur der deutschen Standardsprache. In: Theo Vennemann (Hrsg.): Silben, Segmente, Akzente. Niemeyer, Tübingen 1982.
  • Theo Vennemann: Neuere Entwicklungen in der Phonologie. de Gruyter, Berlin u. a. 1986.
  • Theo Vennemann: Preference Laws for Syllable Structure and the Explanation of Sound Change. de Gruyter, Berlin u. a. 1988.
Wiktionary: Sonoritätshierarchie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
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