Siron (Epikureer)
Siron (Σίρων oder Σείρων), lateinische Namensform Siro, war ein epikureischer Philosoph des 1. Jh. v. Chr., der in Neapolis wirkte.[1] Zu Leben und Lehre ist fast nichts bekannt, Werke sind nicht überliefert. Seine Person ist indirekt in Reflexen seiner Zeitgenossen zu fassen. So lässt Cicero in seinem Dialog De finibus 2, 119 (geschrieben 45 v. Chr., dramatisches Datum 50 v. Chr.) den Unterredner Torquatus Siron in einer Reihe mit dem Zeitgenossen Philodemos von Gadara (gleichfalls Epikureer und mit Neapel assoziiert) als bedeutenden Gelehrten adressieren;[2] eine Verbindung mit Philodem wird auch durch die Erwähnung Sirons in den Herculanensischen Papyri gestützt.[3] Cicero selbst bescheinigt Siron im Lucullus (geschrieben 45 v. Chr., dramatisches Datum ausgehende 60er Jahre v. Chr.), alle Lehren Epikurs im Gedächtnis zu haben;[4] in seinem Brief ad fam. 6, 11, 2 (geschrieben 45 v. Chr.) nennt er Siron seinen Freund, von dem seine Taten gutgeheißen wissen möchte.[5]
Zum Kreis der Schüler Sirons zählten in jungen Jahren der Dichter Vergil und ein mit diesem befreundeter Varus[6], wie der Servius-Kommentar zu Vergil Ecl. 6, 13 und Aen. 6, 264 sowie zwei mutmaßliche Jugendgedichte Vergils aus der Sammlung Catalepton (Nr. 5 und 8) mitteilen.[7] Zeitpunkt und Dauer dieses Aufenthaltes sind nicht genau bestimmbar; der Vergilforscher Karl Büchner schätzt ihn als "lange" und entsprechend prägend ein.[8] Das in Catal. 8 angesprochene bescheidene Landgut Sirons ("villula") ist möglicherweise dasjenige, auf dem später Vergil in der Nähe Neapels lebte.[9]
Literatur
- Wilhelm Crönert: Kolotes und Menedemos. Leipzig 1906, S. 125.
- Hans von Arnim, Wilhelm Kroll: Siron. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band III A,1, Stuttgart 1927, Sp. 353 f.
- Karl Büchner: P. Vergilius Maro. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band VIII A,1, Stuttgart 1955, Sp. 1021–1264 (Teil 1).
- Rudolf E. H. Westendorp Boerma: Vergilius: Catalepton I. Assen 1949.
- Marcello Gigante: I frammenti di Sirone. In: Paideia Band 45 (1990), S. 175–198.
Einzelverweise
- Beleg für Neapel ist ein Papyrus aus Herculaneum, Pap. Hercul. 312: Crönert, 1906, S. 125, vgl. Kroll, 1927, Sp. 354
- De fin. 2, 119: Familiares nostros, credo, Sironem dicis et Philodemum, cum optimos viros, tum homines doctissimos.
- Crönert, 1906, S. 125, vgl. Kroll, 1927, Sp. 354
- Luc. 106: et omnia meminit Seiron Epicuri dogmata; vera igitur illa sunt nunc omnia.
- Ad fam. 6, 11, 2 (ad Trebianum): haec praedicatio tua mihi valde grata est eaque te uti facile patior cum apud alios tum mehercule apud Sironem, nostrum amicum. quae enim facimus ea prudentissimo cuique maxime probata esse volumus.
- Publius Alfenus Varus, der Jurist (so Schanz/Hosius) oder Quintilius Varus Cremonensis (so Körte), vgl. Büchner, 1955, Sp. 1043f.
- Ausführliche Würdigung aller Zeugnisse und (älterer) Literatur zu Siron bei Westendorp Boerma, 1949, im Kommentar zu Catal. 5 (S. 95–122) und Catal. 8 (S. 153–165)
- Büchner, 1955, Sp. 1044
- Westendorp Boerma, 1949, S. 155f.