Sidestick
Der Begriff Sidestick [ˈsaɪdstɪk], deutsch Seitenknüppel, bezeichnet einen joystick-ähnlichen Steuerknüppel, der das konventionelle Steuerhorn bzw. die Steuersäule eines Luftfahrzeuges ersetzt.
Im Gegensatz zum Steuerhorn, das vor dem Piloten positioniert ist, befindet sich der Sidestick neben dem Piloten. Er wird nur mit einer Hand bedient.
In der kommerziellen Luftfahrt finden elektronische Sidesticks besonders in Flugzeugen des europäischen Flugzeugherstellers Airbus Verwendung. Hier laufen die elektrischen Steuersignale des Sidesticks in einem Computer zusammen, und es kommt die Fly-by-wire-Technik zum Einsatz. Die in Airbusflugzeugen zum Einsatz kommenden Sidesticks sind mit einem sogenannten „side stick priority pushbutton“ ausgestattet. Damit kann durch kurzes Betätigen der Autopilot abgeschaltet werden. Wird der Knopf länger als 30 Sekunden gedrückt, wird der zweite Sidestick deaktiviert.[1] Das ist erforderlich, da es schon Beinaheunfälle gegeben hat, wenn Kapitän und Copilot gleichzeitig und evtl. gegensätzlich ihren Sidestick bedienen, was nicht vorgesehen ist.[2]
Es existieren auch neuere Kampfflugzeuge mit elektronischen Sidesticks. Mechanische Sidesticks kommen zum Beispiel in der Speed Canard zum Einsatz.
"Active Sidestick"
Bei einer klassischen Steuerknüppel-Ausführung werden die Kräfte, die während des Fluges auf das Flugzeug wirken, in Form von Widerstand und Ausschlag auf die Steuereinheit übertragen. Beim konventionellen elektronischen Sidestick entfällt diese Rückmeldung. Seit den 2000er-Jahren wurden sogenannte „aktive“ Sidesticks erprobt, die eine elektronisch geregelte Kraftrückkopplung realisieren. Solche Systeme wurden ab den frühen 1990er-Jahren entwickelt und 2008 von UTAS auf der Luftfahrtmesse von Le Bourget vorgestellt.[3] Schon 2001 war das Active Inceptor System von BAE Systems für die F-35 ausgewählt.[4] In der Militärluftfahrt wird das System in der KAI T-50, der F-35 und der Embraer KC-390 eingesetzt. In der Zivilluftfahrt wurde das System erstmals in der Gulfstream G500 eingesetzt.[5] Ein Active Sidestick kann auch genutzt werden, um dem Piloten ein besseres Situationsbewusstsein (engl. Situation Awareness) darüber zu vermitteln, inwieweit der Flugpfad über Sidestick-Steuereingaben im Augenblick überhaupt noch in eine bestimmte Richtung beeinflusst werden kann; hierzu wird dem Piloten über ein geeignet ausgestaltetes Force Feedback eine Rückmeldung über die in einer bestimmten Steuerrichtung (Ausschlagsrichtung des Sidestick) zur Verfügung stehenden Steuerreserven bis zum Erreichen einer Steuergrenze gegeben.[6]
Zwischenfälle
Zwischenfälle, die ursächlich auf die Sidestick-Technologie zurückgeführt werden, sind nur wenige bekannt. So wurden 2001 bei einem Airbus 320-200 im Rahmen von Wartungsarbeiten Drähte der Querruderansteuerung beim Wechseln eines Steckers am linken Sidestick vertauscht, sodass die Querruder entgegengesetzt zur Eingabe am linken Sidestick ausschlugen. Der zweite Flugzeugführer übernahm sofort die Steuerung, korrigierte mit dem rechten Sidestick die Querlage des Flugzeuges und konnte sicher landen.[7] Da bei modernen Flugzeugen auch bei der Steuerhorn-Ausführung die Fly-by-Wire-Technik zum Einsatz kommt, wäre der Fehler dort genauso möglich.
Nach Ansicht von Chesley B. Sullenberger, Sachverständiger für Flugunfälle, wäre das Flugunglück des Air-France-Fluges 447 im Juni 2009 mit einer Boeing, die klassische Steuerhörner verwendet, mit geringerer Wahrscheinlichkeit geschehen, da diese mechanisch gekoppelt sind und jede Steuereingabe des einen Piloten somit für den anderen Piloten klar erkennbar ist.
Einzelnachweise
- Website mit Infos zur Sidestickbedienung. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 3. Februar 2014; abgerufen am 11. September 2009 (englisch).
- Publikation der BFU zu einer Störung durch falsche Sidestickbenutzung. Abgerufen am 30. Januar 2014.
- MC-21 ushers active sidesticks into commercial aircraft cockpits, flightglobal, 21. April 2015
- , airpower.at, 21. Oktober 2001
- Gulfstream's next generation private plane is getting some fighter jet tech, Businessinsider.com, 28. Dezember 2016
- Florian J. J. Schmidt-Skipiol Haptisches Feedback bei der Führung von Fly-by-Wire-Flugzeugen. Niedersächsisches Forschungszentrum für Luftfahrt, Braunschweig 2018, ISBN 978-3-947623-01-3.
- Publikation der BFU über eine schwere Störung nach Wartungsarbeiten. Abgerufen am 24. Januar 2013.