Schildwall
Der Schildwall oder auch Schildburg ist eine Gefechtsformation. Die Schildburg ist eine kompaktere Version des Schildwalls.[1]
Geschichte
Phalanx
Die Phalanx lässt sich, wie sie im östlichen Mittelmeerraum z. B. von den Griechen praktiziert wurde, ebenfalls unter diesen Begriff einordnen.[2]
Testudo
Die römischen Legionen nutzten die Testudo (Schildkrötenformation), um sich gegen Reiterangriffe und schießende Einheiten zu schützen. Zudem kombinierten sie die Formation mit dem gezielten Wurf von Pila in die Masse der angreifenden Gegner.[3]
Frühmittelalter
Der Begriff „Schildwall“ wird für lose Formationen aus dem germanischen und keltischem Raum benutzt, welche als reine Verteidigungsformation ad hoc im Angriffsfalle gebildet wurde. Diese Formationen lassen sich nicht mit den Manövern der Heere der Mittelmeerstaaten vergleichen: diese beruhten auf einer intensiveren taktischen Schulung, was ermöglichte, dass die Phalanx nicht nur als Formation im Verteidigungsfalle, sondern quasi als Grundaufstellung der Heere, und damit auch zum Angriff, eingesetzt werden konnte.
Bei der ersten Schildwall-Variante kniet die erste Soldatenreihe, während die zweite steht, so dass die überlappenden Schilde eine geschlossene Mauer bilden. Der Schildwall wurde vor allem von den Wikingern (Skjaldborg), aber auch von den Angelsachsen zum Beispiel in der Schlacht bei Hastings eingesetzt. Gaius Iulius Caesar erwähnte, dass die Gallier ebenfalls vom Schildwall Gebrauch machten.
Eine zweite, vor allem von den Angeln praktizierte Schildwall-Variante sah folgendermaßen aus: Während die erste Reihe stand und ihre breiten Schilde zu einer dichten Mauer verband, kniete hinter ihnen eine zweite Reihe Krieger. Diese wiederum waren mit langen Spießen oder Speeren ausgestattet und stachen, sobald der Schildwall angegriffen wurde, auf die Beine der Gegner.
Als dritte Schildwall-Variante überdeckte die rechte Seite jedes Schildes die linke Schildseite des rechten Nachbarn in der Vorderreihe. Somit traf der Gegner, meist Rechtshänder, auf eine verdoppelte Schilderschicht. Die Männer in der zweiten Reihe trugen (Wurf-)Speere, die sie beim Aufeinandertreffen zweier Schildwälle in die gegnerischen Reihen stießen, wodurch Lücken im anderen Wall entstanden. Sobald ein Schildwall auseinanderbrach, wurden die Gegner rücksichtslos verfolgt und mit Wurfspeeren angegriffen. Diese Variante des Schildwalles wurde meist von den Sachsen, Bretonen und Normannen im fünften bis elften Jahrhunderts verwendet. Sie ist auf dem Teppich von Bayeux bei der Schlacht bei Hastings aufseiten der Angelsachsen dargestellt.[4]
Die eigentliche Schlachtreihe des Schildwalls wurde, wenn möglich, von hinten durch Wurfspeere und Bogen unterstützt. Diese Kombination mit Fernkampfwaffen diente mangels Zahl und Qualität eher zur Ablenkung des Gegners und weniger zum tatsächlichen Kampfeinsatz.
Eine schwächere, aber auch flexiblere Variante wandten die Sachsen im frühen Mittelalter an: Im Falle eines Angriffs bildeten die Krieger mit ihren Schilden einen Kreis und nahmen ihre Oberhäupter oder eventuell vorhandene Fernkämpfer in die Mitte. Ein großer Vorteil dieser Formation war, dass man den Kriegern nicht in den Rücken fallen konnte, da sie in jede Richtung geschützt waren. Da die Schilde nicht miteinander verbunden waren, bot die Formation zwar nicht viel Schutz gegen Angriffe, konnte aber bei Bedarf schnell aufgelöst werden, so dass die Krieger schnell zum Gegenangriff übergehen konnten. Der Schutz gegen berittene Einheiten war nicht besonders gut, und falls Soldaten des Gegners in den Schildwall eindringen konnten, war die Niederlage sehr wahrscheinlich. Deshalb wurde diese Taktik nicht lange verwendet.
Polizei
Heute wird diese Verteidigungsformation von Polizisten in Straßenkämpfen angewendet, die einen Schildwall bilden, wenn sie bei Einsätzen mit Gegenständen beworfen werden.[5]
Siehe auch
Weblinks
Literatur
- H. W. Koch: Illustrierte Geschichte der Kriegszüge im Mittelalter (1998), Bechtermünz Verlag, ISBN 3-8289-0321-5, S. 60–61.
Einzelnachweise
- Philipp Roskoschinski: Von Schild, Schwert, Speer und Axt: Kampfesweise und Waffengebrauch im germanischen Barbaricum und nordeuropäischen Frühmittel. (PDF) In: Experimentelle Archäologie in Europa. Bilanz 2011. EXAR – Europäische Vereinigung zur Förderung der Experimentellen Archäologie e.V., 2011, S. 9, abgerufen am 27. März 2019.
- Victor Davis Hanson: Der Krieg in der griechischen Antike. Brandenburgisches Verlags-Haus, Berlin 2001, ISBN 3-89488-140-2.
- Ross Cowan: Roman Battle Tactics 109 BC - AD 313. Osprey Publishing, 2007, ISBN 978-1-84603-184-7 (englisch).
- Chapter 13: The Battle of Hastings. Scene 2: English soldiers on foot. In: readingmuseum.org.uk. Reading Museum, abgerufen am 12. Januar 2022.
- GdP Positionspapier: Die Bereitschaftspolizei. Grundlagen, Herausforderungen und Perspektiven. In: gdp.de. Gewerkschaft der Polizei, September 2019, abgerufen am 12. Januar 2022.