Sandra Myrna Díaz
Sandra Myrna Díaz (geboren am 27. Oktober 1961 in Bell Ville, Argentinien) ist eine Biologin und Professorin für Ökologie. Sie ist besonders wegen ihrer Forschung zur Biodiversität weltweit anerkannt und wurde von der Fachzeitschrift Nature in die Liste der zehn bedeutendsten Persönlichkeiten für die Wissenschaft im Jahr 2019 aufgenommen.[1] Sie war auch Teil des Weltklimarats, der 2007 gemeinsam mit Al Gore den Friedensnobelpreis bekam. Eine wichtige Rolle spielte sie außerdem als Co-Chair des Global Assessment Reports des Weltbiodiversitätsrats (IPBES), der im Mai 2019 in Paris vorgestellt wurde und wegen seiner alarmierenden Erkenntnisse zur Bedrohung der Artenvielfalt große Aufmerksamkeit fand.[2][3]
Werdegang
Sandra Díaz wuchs in der Provinz von Córdoba in Argentinien auf und interessiert sich für Biologie, seit sie sich erinnern kann. Ihre Eltern hatten einen großen Garten und liebten Tiere und Pflanzen. Ihr Vater brachte immer wieder wilde Tiere, wie Babyeulen oder Hasen nach Hause, was damals nicht unüblich war.[4] Díaz studierte Biologie an der Nationalen Universität Córdoba und erlangte 1984 ihren Abschluss. An derselben Universität promovierte sie 1989 auch. Im Zeitraum von 1985 bis 1991 war sie Forschungsstipendiatin am Zentrum für Ökologie und erneuerbare natürliche Ressourcen. Anschließend ging sie als Postdoktorandin an die Universität Sheffield (Großbritannien) zu Philip Grime in die Einheit für vergleichende Pflanzenökologie. Im Jahr 1993 kehrte sie an die Universität Córdoba zurück, wo sie unter anderem als Professorin für Gemeinschafts- und Ökosystemökologie lehrt. Außerdem ist sie leitende Forscherin am Multidisziplinären Institut für Pflanzenbiologie IMBIV (Instituto Multidisciplinario de Biología Vegetal), einer Kooperation der Universität mit der nationalen Forschungsorganisation CONICET.[5]
Wissenschaftliche Schwerpunkte und Tätigkeiten
Díaz hat sich auf Biodiversität, Ökosystemökologie und die Rolle von Pflanzen spezialisiert, einschließlich der Frage, wie diese mit globalen Umweltveränderungen zusammenhängen. Insbesondere hat sie wichtige Kenntnisse über die Pflanzenökologie und die biologische Vielfalt und deren Zusammenhang beispielsweise mit der Landnutzung und dem globalen Wandel vermittelt.
Zu ihren Erkenntnissen gehört, dass die besondere Kombination verschiedener Organismen in einem Ökosystem und die Rolle, die sie spielen, uns mehr über die Funktionsweise und den Nutzen des Ökosystems sagen kann als nur die Anzahl der Arten. Sie erkannte auch die große Bedeutung unterschiedlicher funktioneller Merkmale von Pflanzen (englisch: traits), die an sehr ähnlichen Arten auftreten können. Diese funktionellen Charakteristika (morphologisch, physiologisch, phänologisch) bestimmen ökologische Strategien und die Art und Weise, wie Pflanzen auf Umweltfaktoren reagieren, andere trophische Ebenen beeinflussen und die Eigenschaften des Ökosystems beeinflussen. Die Vielfalt der pflanzlichen Funktionsmerkmale und ihr Zusammenspiel hat sich als nützlich für die Behandlung vieler wichtiger ökologischer Fragen auf verschiedenen Ebenen erwiesen, was eine Nachfrage nach standardisierten Methoden zur Messung ökologisch sinnvoller Pflanzenmerkmale nach sich zog. Díaz hatte eine führende Rolle bei der Entwicklung konzeptioneller Grundlagen und Implementierung einer Methodik, die es Wissenschaftlern an verschiedensten Orten der Welt ermöglicht, die in der jeweiligen Flora vorhandenen Funktionsmerkmale systematisch zu erfassen und zu messen. So soll es ermöglicht werden, die Auswirkungen und den Nutzen der biologischen Vielfalt von Pflanzen in einem Ökosystem und ihre Nutzung durch den Menschen auf unterschiedliche Weise (Treibstoff, Nahrung, Materialien etc.) zu quantifizieren und auch ihre Wirksamkeit bei der Bekämpfung der globalen Erwärmung, zum Beispiel durch das Einfangen von in der Atmosphäre vorhandenem CO2 zu bestimmen.[6]
Díaz ist Gründerin und Direktorin der internationalen Initiative Nucleus Diversus für Diversität und Nachhaltigkeit, deren Hauptzweck die Durchführung qualitativ hochwertiger Forschung in den Bereichen Biodiversität, Ökosysteme und Nachhaltigkeit als Antwort auf gesellschaftlich relevante Probleme ist.[7]
In jüngerer Zeit hat Díaz wesentlich zur Förderung eines interdisziplinären Ansatzes zur biologischen Vielfalt beigetragen, einschließlich der Zusammenarbeit mit Sozialwissenschaftlern. Zu den gemeinsamen Bemühungen mit Ökologen gehört der Aufbau einer internationalen Datenbank mit Zehntausenden von Pflanzenarten (TRY), die durch die Global Communal Plant Initiative aufgebaut wurde, deren Mitbegründerin und Co-Leiterin sie ist.[8]
Immer wieder fordert Díaz in Interviews oder im Internet zu mehr nachhaltigem Klimaschutz auf und kritisiert, dass dieser auch wider besseres Wissen aus ökonomischen Gründen oft nicht genügend verfolgt werde.[9][10][11]
Ehrungen und Auszeichnungen (Auswahl)
- 2002 Guggenheim Fellow[12]
- 2007 Cozzarelli-Preis, Proceedings of the National Academy of Sciences[13]
- 2009 Aufnahme in die National Academy of Sciences der Vereinigten Staaten[14]
- 2010 Aufnahme in die argentinische Academia Nacional de Ciencias[15]
- 2010 Fellow der The World Academy of Sciences (TWAS)[16]
- 2014 Ehrenmitgliedschaft der British Ecological Society[17]
- 2017 Margalef-Preis für Ökologie der Generalitat de Catalunya[18]
- 2019 Auswärtiges Mitglied (Foreign Member) der Royal Society, London[19]
- 2019 Prinzessin-von-Asturien-Preis gemeinsam mit Joanne Chory[20][21]
- 2019 Gunnerus-Preis der Royal Norwegian Society of Sciences and Letters (DKNVS)[22]
- 2019 Benennung der Aula ihrer Schule in Bell Ville nach Sandra Díaz[23]
- 2020 BBVA Foundation Frontiers of Knowledge Awards
Veröffentlichungen (Auswahl)
- Inaugural-Artikel anlässlich der Aufnahme in die National Academy of Sciences: "Linking functional diversity and social actor strategies in a framework for interdisciplinary analysis of nature's benefits to society"
- Mit dem Cozzarelli-Preis ausgezeichnete Publikation: "Incorporating plant functional diversity effects in ecosystem service assessments"
- J. Kattge, S. Díaz u. a.: TRY – a global database of plant traits. In: Global Change Biology. 17, 2011, S. 2905, doi:10.1111/j.1365-2486.2011.02451.x.
Weblinks
- Porträt in Die Tageszeitung vom 19. Dezember 2019
- Website der Initiative Nucleus Diversus (englisch und spanisch)
- Ausführliches Porträt in Proceedings of the National Academy of Sciences, 2012 (englisch)
- S. M. Diaz: Profile of Sandra M. Diaz. Interview by Bijal P. Trivedi. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. Band 109, Nummer 29, Juli 2012, S. 11469–11471, doi:10.1073/pnas.1210043109, PMID 22761316, PMC 3406846 (freier Volltext).
- Publikationen (Google Scholar)
Einzelnachweise
- Nature’s 10. Abgerufen am 19. Februar 2020 (englisch).
- Summary for policymakers of the global assessment report on biodiversity and ecosystem services – unedited advance version. Mai 2019, abgerufen am 20. Februar 2020 (englisch).
- ZEIT ONLINE: Artenvielfalt: Eine Million Arten sind vom Aussterben bedroht. In: Die Zeit. 6. Mai 2019, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 20. Februar 2020]).
- B. P. Trivedi: Profile of Sandra M. Diaz. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. Band 109, Nr. 29, 3. Juli 2012, ISSN 0027-8424, S. 11469–11471, doi:10.1073/pnas.1210043109 (pnas.org [abgerufen am 19. Februar 2020]).
- Joanne Chory and Sandra Myrna Díaz Princess of Asturias Award for Technical and Scientific Research - Press. In: Fundación Princesa de Asturias. Abgerufen am 18. Februar 2020 (englisch).
- Sandra Myrna Díaz, la bióloga que investiga y defiende “la trama de la vida” ante la crisis climática | Vidas científicas. 11. Juli 2019, abgerufen am 20. Februar 2020 (spanisch).
- Núcleo DiverSus. Abgerufen am 22. Februar 2020 (englisch).
- J Kattge, S Díaz, S Lavorel, I C Prentice, P Leadley: TRY – a global database of plant traits. In: Global Change Biology. Band 17, Nr. 9, 26. April 2011, ISSN 1354-1013, S. 2905–2935, doi:10.1111/j.1365-2486.2011.02451.x, PMC 3627314 (freier Volltext).
- Sandra Myrna Díaz, la bióloga que investiga y defiende “la trama de la vida” ante la crisis climática | Vidas científicas. 11. Juli 2019, abgerufen am 20. Februar 2020 (spanisch).
- Mar Centenera: Sandra Díaz: “Con este modo de producción nos estamos comiendo el futuro”. In: El País. 12. Juni 2019, ISSN 1134-6582 (spanisch, elpais.com [abgerufen am 20. Februar 2020]).
- Alejandra Martins: "En América Latina estamos hipotecando nuestro patrimonio natural y ni siquiera damos de comer a todos": la bióloga argentina ganadora del Premio Princesa de Asturias. In: BBC News Mundo. 18. Oktober 2019 (spanisch, bbc.com [abgerufen am 20. Februar 2020]).
- John Simon Guggenheim Foundation | Sandra M. Díaz. Abgerufen am 22. Februar 2020 (amerikanisches Englisch).
- The Cozzarelli Prize:| PNAS. Abgerufen am 22. Februar 2020.
- Sandra Diaz. Abgerufen am 25. Februar 2020.
- Sandra Myrna Díaz. In: Academia Nacional de Ciencias. 18. September 2017, abgerufen am 18. Februar 2020 (europäisches Spanisch).
- Diaz, Sandra Myrna. Abgerufen am 18. Februar 2020 (englisch).
- Our Honorary Members. British Ecological Society, abgerufen am 22. Februar 2020 (britisches Englisch).
- Dr. Sandra Díaz, Co-Chair of IPBES Global Assessment awarded 2017 Premi Ramon Margalef d’Ecologia | IPBES. Abgerufen am 22. Februar 2020.
- Distinguished scientists elected as Fellows and Foreign Members of the Royal Society | Royal Society. Abgerufen am 18. Februar 2020 (britisches Englisch).
- Prinzessin-von-Asturien-Preise vergeben. In: Deutschlandfunk Kultur. 18. Oktober 2019, abgerufen am 18. Februar 2020 (deutsch).
- Joanne Chory y Sandra Myrna Díaz - Premiados - Premios Princesa de Asturias. In: Fundación Princesa de Asturias. Abgerufen am 18. Februar 2020 (spanisch).
- Gunnerus Award goes to expert on biodiversity. Abgerufen am 18. Februar 2020 (englisch).
- Merecido homenaje de la ciudad a una de sus hijas dilectas: Sandra Díaz. In: Municipalidad de Bell Ville. 11. November 2019, abgerufen am 20. Februar 2020 (europäisches Spanisch).