Sand-Hafer
Der Sand-Hafer oder Rau-Hafer (Avena strigosa) ist eine alte, heute kaum mehr angebaute Kulturpflanze aus der Gattung Hafer (Avena) der Süßgräser. Sie wurde als Getreide in Gebieten angebaut, wo der Saat-Hafer (Avena sativa) nicht mehr gedeiht.
Sand-Hafer | ||||||||||||
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Sand-Hafer (Avena strigosa), Illustration | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Avena strigosa | ||||||||||||
Schreb. |
Beschreibung
Der Sand-Hafer ist eine einjährige Pflanze von blaugrüner Farbe und manchmal stark bereift. Die Halme werden 40 bis 120, selten bis 150 cm hoch, sie sind kahl und haben drei bis fünf Knoten.
Die Blattscheiden sind kahl, die unteren sind zerstreut behaart. Das Blatthäutchen ist ein häutiger Saum von 2 bis 5 mm Länge. Die Blattspreite ist 8 bis 25, selten bis 40 cm lang, 5 bis 10 mm breit, rau und flach ausgebreitet.
Der Blütenstand ist eine 8 bis 30 cm lange Rispe, die bis 10 cm breit ist, aufrecht, locker und meist einseitwendig ist. Die Ährchen sind zweiblütig, nur selten ein- oder dreiblütig. Ohne Grannen sind sie 16 bis 24 mm lang, zur Reifezeit zerfallen sie nicht. Die Hüllspelzen sind fast gleich groß, haben sieben bis neun Nerven und sind so lang wie das Ährchen. Die untere Hüllspelze ist etwas kürzer als die obere. Sie sind lanzettlich, spitz, kahl und häutig. Die Deckspelzen sind siebennervig. Bis zur Spitze der Seitenlappen, also ohne Seitengrannen, sind sie 12 bis 17 mm lang, lanzettlich und am oberen Ende tief eingeschnitten. Die beiden Seitenlappen laufen je in eine 3 bis 9 mm lange Granne aus. Sie sind kahl, teilweise in der oberen Hälfte leicht behaart, zur Reife werden sie bräunlich bis schwärzlich, glänzend und dick. Auf dem Rücken unterhalb der Mitte trägt sie eine Granne, die 20 bis 30 mm lang ist, gekniet und im unteren Teil gedreht. Die Vorspelzen sind 10 bis 14 mm lang. Die Staubbeutel sind 2,5 bis 4 mm lang. Blütezeit ist Juni bis August.
Die Früchte (Karyopsen) sind 7 bis 8 mm lang und behaart.
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 14.[1]
Verbreitung und Standorte
Der Sand-Hafer ist ursprünglich in Westeuropa verbreitet,[2] wurde aber auch in Zentral- und Osteuropa angebaut.[3] Als Ursprungsgebiet gilt Portugal, Spanien, Frankreich und Korsika.[4]
Der Sand-Hafer wächst nach Aufgabe des Anbaus meist als Unkraut in Saat-Hafer-Feldern, kommt aber auch auf Schuttplätzen und auf Wegen vor. Er kommt vor in Gesellschaften des Verbands Aperion spicae-venti.[1] In vielen Gebieten seines früheren Anbaus ist er wieder verschwunden.
In Deutschland ist die Art in Schleswig-Holstein gefährdet, in Hessen ausgestorben, in den übrigen Bundesländern fehlend oder unbeständig. Sie wird als unbeständige Art, bzw. als Kulturart eingestuft.[5] In Österreich kommt der Sand-Hafer zerstreut bis sehr selten vor und ist für die Bundesländer Burgenland, Wien, Nieder- und Oberösterreich, Steiermark und Salzburg nachgewiesen.[6] Für die Schweiz gibt es keine ausreichenden Daten, hier gilt der Sand-Hafer als reine Kulturpflanze.[7]
Nutzung
Der Sand-Hafer wurde bis etwa Ende des 19. Jahrhunderts besonders im Westen Europas in Gebieten angebaut, die für den Saat-Hafer nicht mehr geeignet sind. Beispiele sind die Berglandschaften von Wales oder die Inseln im Westen und Norden Schottlands.[3] Die Nutzung erfolgte wie beim Saat-Hafer.
Aktuell wird der Sand-Hafer oft als abfrierende Gründüngung im Acker- und Gemüsebau verwendet.
Trivialnamen
Als weitere deutschsprachige Trivialnamen werden bzw. wurden, zum Teil nur regional, auch die Bezeichnungen Eichelhafer, Flughafer, Purhafer (Mecklenburg), Raubhafer (Unterweser), Spitzhafer und Swarthafer (Unterweser) verwandt.[8]
Belege
- Hans Joachim Conert: Pareys Gräserbuch. Die Gräser Deutschlands erkennen und bestimmen. Parey, Berlin 2000, ISBN 3-8263-3327-6, S. 192.
Einzelnachweise
- Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 246.
- Dietmar Aichele, Heinz-Werner Schwegler: Unsere Gräser. Süßgräser, Sauergräser, Binsen (= Kosmos-Naturführer). 10. überarbeitete und erweiterte Auflage. Franckh-Kosmos, Stuttgart 1991, ISBN 3-440-06201-5, S. 114.
- Charles Edward Hubbard: Grasses. A Guide to their Structure, Identification, Uses and Distribution in the British Isles. Revised by J. C. E. Hubbard. 3. Auflage. Penguin, London 1992, ISBN 0-14-013227-9, S. 235.
- Rafaël Govaerts (Hrsg.): Avena strigosa. In: World Checklist of Selected Plant Families (WCSP) – The Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew, abgerufen am 25. Mai 2020.
- FloraWeb, abgerufen am 16. Juli 2008.
- Manfred A. Fischer, Karl Oswald, Wolfgang Adler: Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol. 3., verbesserte Auflage. Land Oberösterreich, Biologiezentrum der Oberösterreichischen Landesmuseen, Linz 2008, ISBN 978-3-85474-187-9.
- Avena strigosa. In: Info Flora (Das nationale Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora), abgerufen am 16. Mai 2015.
- Georg August Pritzel, Carl Jessen: Die deutschen Volksnamen der Pflanzen. Neuer Beitrag zum deutschen Sprachschatze. Philipp Cohen, Hannover 1882, S. 54, online.
Weblinks
- Sand-Hafer. FloraWeb.de
- Sand-Hafer. In: BiolFlor, der Datenbank biologisch-ökologischer Merkmale der Flora von Deutschland.
- Steckbrief und Verbreitungskarte für Bayern. In: Botanischer Informationsknoten Bayerns.
- Verbreitung auf der Nordhalbkugel nach: Eric Hultén, Magnus Fries: Atlas of North European vascular plants 1986, ISBN 3-87429-263-0
- Thomas Meyer: Datenblatt mit Bestimmungsschlüssel und Fotos bei Flora-de: Flora von Deutschland (alter Name der Webseite: Blumen in Schwaben)