SOKA-BAU
SOKA-BAU (Sozialkassen der Bauwirtschaft) ist die gemeinsame Dachmarke für die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft (ULAK) und die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes AG (ZVK).
SOKA-BAU | |
---|---|
Rechtsform | ULAK: wirtschaftlicher Verein ZVK: AG |
Sitz | Wiesbaden |
Leitung | Gregor Asshoff Gerhard Mudrack |
Branche | Bauhauptgewerbe |
Website | www.soka-bau.de |
Die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft und die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes sind gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien der Bauwirtschaft. Insbesondere die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse ist wesentlicher Bestandteil des Bauarbeitsrechts.
Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft
Die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft (ULAK) wurde 1949 als „Gemeinnützige Urlaubskassen für die Bauwirtschaft“ gegründet. Zweck der Kasse ist die Sicherung des Urlaubsentgelts für die Bauarbeitnehmer. 1955 wurde die Lohnausgleichskasse für die Bauwirtschaft gegründet. Seit 1975 arbeiten die beiden Kassen als Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft zusammen. Die ULAK ist eingetragen im Lobbyregister des Deutschen Bundestages.
Urlaubsverfahren
Das Urlaubsentgelt für gewerbliche Arbeitnehmer in der Bauwirtschaft wird über einen monatlich vom Arbeitgeber zu entrichtenden Beitrag, der sich aus der Bruttolohnsumme der gewerblichen Arbeitnehmer errechnet, finanziert.
Durch die nach wie vor hohe Fluktuation in der Bauwirtschaft (36 % aller Arbeitnehmer sind weniger als sechs und 53 % weniger als zwölf Monate im Kalenderjahr beim selben Arbeitgeber beschäftigt) hätten die Arbeitnehmer vielfach nicht die Möglichkeit, ihren Urlaub zusammenhängend zu nehmen. Das Bundesurlaubsgesetz sieht zwar vor, dass der Urlaub grundsätzlich zusammenhängend zu gewähren ist, der volle Urlaubsanspruch entsteht nach dem Gesetz aber erst nach einem halben Beschäftigungsjahr. Außerdem kommen in der Bauwirtschaft verhältnismäßig häufig Insolvenzen vor, weshalb das Urlaubsentgelt in diesen Fällen gefährdet wäre.
Um dies auszuschließen, verwaltet die ULAK das Geld treuhänderisch und zahlt es den Bauunternehmen wieder zurück, nachdem der Arbeiter seinen Urlaub genommen hat. Damit werden aber auch die Arbeitgeber von dem Risiko entlastet, für den vollen Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers aufkommen zu müssen, obwohl dieser gar nicht das ganze Jahr im Betrieb beschäftigt ist.
SOKA-BAU führt das Urlaubsverfahren auch für gewerbliche Arbeitnehmer durch, die von ausländischen Betrieben nach Deutschland auf Baustellen entsandt werden. Dadurch sollen Chancengleichheit zwischen deutschen und ausländischen Baubetrieben hergestellt und grundlegende Arbeitnehmerrechte gesichert werden.
Berufsbildung
An der Berufsausbildung beteiligt sich in der Bauwirtschaft die gesamte Branche. Jeder Betrieb zahlt dafür einen Beitrag, abhängig von der Bruttolohnsumme der bei ihm beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer, bei der ULAK ein.
Im Gegenzug bekommen Arbeitgeber bzw. die überbetrieblichen Ausbildungszentren für jeden Auszubildenden einen Großteil der Kosten für die Ausbildungsvergütung und für die überbetriebliche Ausbildung von der ULAK erstattet.
Absicherung von Arbeitszeitkonten
Im Rahmen der so genannten großen Arbeitszeitflexibilisierung können Arbeitszeitguthaben von bis zu 150 Stunden entstehen. Mit dem Sicherungskonto SIKOflex können Arbeitgeber die Guthaben der Beschäftigten gegen Insolvenz absichern. Im Fall einer Insolvenz bleibt das Wertguthaben erhalten und wird direkt an den Arbeitnehmer ausgezahlt.
Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes AG
Die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VVaG wurde 1957 gegründet, um Nachteile in der gesetzlichen Rentenversicherung für Bauarbeiter durch Nichtbeschäftigungszeiten während der Schlechtwetterperiode auszugleichen. Seit 2007 ist die ZVK eine Aktiengesellschaft. Die ZVK ist eingetragen im Lobbyregister des Deutschen Bundestages.
Rentenbeihilfe / Tarifrente Bau
Ab dem 1. Januar 2016 gilt der Tarifvertrag über eine zusätzliche Altersversorgung im Baugewerbe (TZA Bau). Mit der damit verbundenen Einführung der Tarifrente Bau wird die seit 1957 bestehende, überwiegend umlagefinanzierte Rentenbeihilfe schrittweise ersetzt. Die arbeitgeberfinanzierte Tarifrente Bau ist kapitalgedeckt und gilt für alle Arbeitnehmer und Auszubildenden in der Bauwirtschaft.
Tarifliche Zusatzrente
2001 wurde im Rahmen des Alterseinkünftegesetzes die Tarifliche Zusatzrente, eine freiwillige Zusatzrente für Beschäftigte der Bauwirtschaft, eingeführt. Üblicherweise sind die Leistungen per Entgeltumwandlung und tariflich vorgesehenem Arbeitgeberanteil finanziert, der Durchführungsweg ist die Pensionskasse.
Sozialkassenbeiträge
Die Leistungen der Pflichtverfahren werden bei gewerblichen Arbeitnehmern über lohnabhängige Beiträge vom Arbeitgeber als zusätzliche Lohnnebenkosten entrichtet. Bei Angestellten werden Pauschalbeiträge abgeführt. Für gewerbliche Arbeitnehmer beträgt der Sozialkassenbeitrag im Jahr 2018 20,40 % in Westdeutschland, 17,20 % in Ostdeutschland, 26,55 % in Berlin-West und 23,55 % in Berlin-Ost (bezogen auf die Bruttolohnsumme).[1]
Kritik
Die Beitragspflicht gegenüber den Sozialkassen der Bauwirtschaft hängt davon ab, ob es sich um ein Bauunternehmen handelt. Die Zeit schrieb im August 2012:
„Unternehmer aus Nachbarbranchen assoziieren mit dem Kürzel SOKA-Bau jedoch eher Bedrohung als soziale Wohltaten. Mit saftigen Beitragsforderungen bringt die Kasse ahnungslose Betriebe in Zahlungsschwierigkeiten.“
Zahlreiche Verfahren sind bei den zuständigen Arbeitsgerichten in Wiesbaden und Berlin anhängig. Die Forderungen der Soka-Bau sorgen für Irritation, Unverständnis und können im schlimmsten Fall den wirtschaftlichen Ruin bedingen. Dabei wird häufig übersehen, dass die Beiträge wieder vollständig in die Branche zurückfließen. Einen Großteil erhalten die Betriebe sogar unmittelbar. So werden grundsätzlich mindestens 70 Prozent der Sozialkassenbeiträge für das Urlaubsverfahren entrichtet. Diese Beiträge werden in Höhe der ohnehin tarifvertraglich festgelegten Ansprüche der gewerblichen Arbeitnehmer auf Urlaubsvergütung entrichtet und würden daher auch ohne Sozialkassenverfahren entstehen. Gewährt ein Arbeitgeber Urlaub, erhält er die entsprechenden Beiträge wieder vollständig zurück. Bei ausbildenden Betrieben ist die Erstattungsquote noch deutlich höher. Sie erhalten zum Teil sogar höhere Leistungen als sie insgesamt Sozialkassenbeiträge bezahlen. Der verbleibende Beitragsanteil fließt in die betriebliche Altersversorgung der Arbeitnehmer der Branche, die hierbei unmittelbare Ansprüche gegen die ZVK erlangen.
„Wenn ein Betrieb über die Hälfte der Arbeitszeit für ‚baugewerbliche Tätigkeiten‘ einsetzt, ist er verpflichtet, Beiträge an die Soka-bau zu überweisen. Der Begriff ‚baugewerblich‘ ist jedoch weit gefasst, 42 Kategorien wie ‚Bohrarbeiten‘ oder ‚Fertigbauarbeiten‘ sind im Tarifvertrag aufgelistet. Wirklich trennscharf ist das nicht. ‚Leitplanken verschrauben oder Gerüste aufbauen – das alles kann Soka-pflichtig sein‘ […].“[2] Im Januar 2017 haben sich die Tarifvertragsparteien des Bauhauptgewerbes mit den Verbänden des Ausbaugewerbes grundsätzlich auf eine bessere Koordinierung ihrer tarifpolitischen Arbeit und Klarstellungen in der Abgrenzung der Branchen verständigt. Dies haben sie im Oktober 2017 nochmals in einer ausführlichen Vereinbarung festgelegt (Hauptverband der Deutschen Bauindustrie). Für die Unternehmen wird dadurch noch mehr Rechtssicherheit geschaffen. In der Praxis war allerdings auch schon zuvor die Zahl der Gerichtsverfahren, die den Anwendungsbereich der Sozialkassenverfahren betrafen, mit rund 200 jährlichen Verfahren bei insgesamt rund 78.000 teilnahmepflichtigen Betrieben gering.
Sämtliche Verfahren zur Überprüfung der Wirksamkeit von Allgemeinverbindlicherklärungen der Bau-Tarifverträge beim Verwaltungsgericht Berlin sind ohne Sachentscheidung beendet worden. Bereits im Sommer 2014 hatte das Hessische Landesarbeitsgericht entschieden, dass die im Jahre 2008 und 2010 vom BMAS erteilten Allgemeinverbindlicherklärungen der Bau-Tarifverträge wirksam waren. Die hiergegen erhobene Revision hat das Bundesarbeitsgericht mittlerweile als unzulässig zurückgewiesen. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat mit Beschlüssen aus dem Frühjahr und Sommer 2015 in erster Instanz entschieden, dass die vom BMAS seit dem Jahre 2006 bis 2014 erteilten Allgemeinverbindlicherklärungen der Bau-Tarifverträge wirksam waren.[3][4][5][6][7]
Mit zwei Beschlüssen vom 21. September 2016[8][9] hat das Bundesarbeitsgericht jedoch letztinstanzlich die Beschlüsse des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg betreffend die Allgemeinverbindlicherklärungen des VTV von 2008, 2010 aufgehoben und diese Allgemeinverbindlicherklärungen aus formalen Gründen für ungültig erklärt. Die Allgemeinverbindlichkeitserklärung des VTV von 2014 hob das Gericht mit der Begründung auf, es gebe keine tragfählige Grundlage für die Annahme des Bundesarbeitsministeriums dass zum Zeitpunkt des Erlasses der AVE VTV 2014 in der Baubranche mindestens 50 % der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallenden Arbeitnehmer bei tarifgebundenen Arbeitgebern beschäftigt waren. Somit hätten die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung nicht vorgelegen. Das Gericht hat dabei zwar ausdrücklich die sozialpolitische Bedeutung der Sozialkassenverfahren sowie deren Vereinbarkeit mit den verfassungs- und europarechtlichen Vorgaben betont. Aufgrund der fehlenden Ministerbefassung in einigen Jahren sowie der falschen Berechnung bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Allgemeinverbindlicherklärung hat es dennoch deren Unwirksamkeit angenommen. Diese Beschlüsse sind von Experten mehrheitlich als überraschend bezeichnet worden und haben zu einer rechtlich unübersichtlichen Situation geführt. In der Folge waren die Sozialkassen und damit auch die Leistungsansprüche von Arbeitgebern und Arbeitnehmern existenziell gefährdet. Der Gesetzgeber hat daher schnell reagiert und mit dem Sozialkassenverfahrensicherungsgesetz alle betroffenen Tarifverträge sowie die aktuell gültigen Tarifverträge seit 2006 per Gesetz für alle Unternehmen und Beschäftigten der Bauwirtschaft für allgemeinverbindlich erklärt. Der Gesetzgeber hat damit somit den Rechtszustand wiederhergestellt, der unter den Allgemeinverbindlicherklärungen ohnehin gegolten hätte.
Am 25. Mai 2017 ist das Gesetz zur Sicherung der Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (SokaSiG, veröffentlicht im Bundesgesetzblatt, BGBl. 2017 I, S. 1210) in Kraft getreten.
Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hat am 21. März 2018 die Wirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärungen des VTV sowie des BRTV, des BBTV und des TZA-Bau für den Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis zum 31. Dezember 2015 festgestellt. Insbesondere habe ein öffentliches Interesse an der Allgemeinverbindlicherklärung dieser Tarifverträge bestanden, entschied das Gericht (Beschluss des Bundesarbeitsgerichts Erfurt vom 21. März 2018, Geschäftszeichen 10 ABR 62/16).
Es bestätigte damit die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 21. Juli 2016.
Dies war damit das erste Mal, dass das Bundesarbeitsgericht über Allgemeinverbindlicherklärungen, die nach Inkrafttreten des Tarifautonomiestärkungsgesetzes ergangen sind, zu befinden hatte. Es ist daher davon auszugehen, dass sie eine Leitentscheidung auch für künftige Gerichtsverfahren über die Wirksamkeit von Allgemeinverbindlicherklärungen, die nach dem Inkrafttreten des Tarifautonomiestärkungsgesetzes am 16. August 2014 ergangen sind, darstellt.
Weblinks
- Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes AG in der Unternehmensdatenbank der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
- Einträge (ULAK & ZVK) im Lobbyregister des Deutschen Bundestages
Einzelnachweise
- Sozialkassenbeitrag für gewerbliche Arbeitnehmer ab 01.01.2016. In: soka-bau.de. Abgerufen am 14. April 2016.
- Philipp Alvares de Souza Soares: Der Handwerkerschreck.: Die Sozialkasse der Bauwirtschaft bringt kleine Betriebe an den Rand des Ruins. In: Zeit.de, 4. August 2012; abgerufen am 29. Juli 2013
- Wirksamkeit einer Allgemeinverbindlicherklärung. In: www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de. 17. April 2015, abgerufen am 14. April 2016.
- Wirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärung von Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes. In: www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de. 8. Juli 2015, abgerufen am 14. April 2016.
- Beschluss des Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vom 9. Juli 2015, Geschäftszeichen 3 BVL 5003/14
- Beschluss des Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vom 21. August 2015, Geschäftszeichen 6 BVL 5006/14
- Beschluss des Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vom 4. August 2015, Geschäftszeichen 7 BVL 5007/14 und 7 BVL 5008/14
- Unwirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärungen von Tarifverträgen - Sozialkassenverfahren des Baugewerbes (AVE VTV 2008 und 2010). 21. September 2016, abgerufen am 26. September 2016.
- Unwirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrags - Sozialkassenverfahren des Baugewerbes (AVE VTV 2014). 21. September 2016, abgerufen am 26. September 2016.