SIMIS C
SIMIS C (Sicheres Mikrocomputersystem von Siemens) ist ein Elektronisches Stellwerk (ESTW) der Firma Siemens.
Nach den Prototypstellwerken des Typs SIMIS B stellte SIMIS C die erste Serienbauform von Siemens-ESTW für die Deutsche Bundesbahn dar und wurde ab 1991 gebaut. Etwa ab dem Jahr 2007 wurden Neubauten zunehmend mit dem Nachfolgetyp SIMIS D realisiert, aber noch im Mai 2012 wurde in Emmerich ein SIMIS C neu in Betrieb genommen.
Stellwerke der Bauform SIMIS C arbeitet nach dem Spurplanprinzip. Die Gruppenverbindungen (hier Elementverbindungen genannt) bestehen jedoch nur virtuell im Softwarepaket. Änderungen, die in einem klassischen Spurplanstellwerk durch das Umstecken von Spurkabelsteckern realisierbar sind, erfordern das deutlich teuerere Erstellen und Aufspielen eines neuen Softwarepaketes. Für Anwendungen nach Regionalnetz-Lastenheft der DB existierte eine abgespeckte Version „SIMIS C net“. Kennzeichnend für alle SIMIS-C-Stellwerke war die Verwendung von zentral in der Stellwerksinnenanlage angeordneten Relaisstellteilen zur Ansteuerung der Außenanlagen. Bei den frühen SIMIS-B-Prototypstellwerken hatte Siemens hingegen für die Lichtsignale noch dezentrale per Glasfaser angebundene Stellteile eingesetzt. Dies wurde auf Wunsch der Bundesbahn ab den späten Prototypstellwerken geändert. Das System wurde während der Produktlebensdauer immer wieder weiterentwickelt, so dass zahlreiche Untertypen von SIMIS-C-Stellwerken existieren. In den letzten Untertypen des SIMIS C wurde der Stellwerkskern zunehmend mit Baugruppen der Nachfolgebauart SIMIS D aufgebaut.
Aufbau
- BPR (Bedienplatzrechner): Dies ist ein nicht sicherer Rechner. In den frühen Untertypen des SIMIS C mit dem Bedienplatzsystem BPS 900 waren am BPR Tastatur und Grafiktablett des Bedienplatzes sowie der Kommunikationsanzeigemonitor und die Monitore für die nicht sicheren Bereichsübersichten angeschlossen. Nachdem mit dem Bedienplatzsystem BPS 901 die Unterscheidung zwischen sicheren und nicht sicheren Monitoren weggefallen war, wurden die sämtliche Monitore an den BPR angeschlossen.
- BAR (Bedien- und Anzeigerechner): Sicherer Rechner in 2von3-Konfiguration. Verarbeitet die vom BPR übergebenen Bedienereingaben, prüft sie auf Zulässigkeit und gibt sie an den EKIR weiter. Gibt die Informationen für die nicht sicheren Anzeigen an den BPR weiter. Die Bildschirme für Lupenbilddarstellungen waren bei den frühen Untertypen direkt an den BAR angeschlossen (über eine Sichtgerätedoppelsteuerung, die zwischen den Grafikkarten verschiedener BAR-Kanäle zyklisch umschaltete).
- EKIR (Eingabe-, Kontroll- und Interpretationsrechner): Sicherer Rechner in 2×(2von2)-Konfiguration. Enthält die für das jeweilige Stellwerk anlagenspezifischen Daten in nichtflüchtiger Form und rüstet die Bereichsstellrechner bei deren Hochlauf mit diesen Daten aus. Der EKIR gibt Stellbefehle an die jeweils zuständigen Bereichsstellrechner weiter und verwaltet Weichenlaufketten. In den frühen Untertypen war die Kommandofreigabetaste zur Ausführung sicherheitsrelevanter Bedienhandlungen an den EKIR angeschlossen.
- BSTR (Bereichsstellrechner): Sicherer Rechner in 2×(2von2)-Konfiguration. Die BSTR steuern und überwachen die Außenanlagen des Stellwerks und befinden sich deshalb in Modulgebäuden in der Nähe ihres jeweiligen Zuständigkeitsbereichs.
- SR (Servicerechner): Dient der Diagnose bei Störungen.
- RR (Referenzrechner): Dient der Verfahrenssicherung bei der Darstellung von Meldebildern im Bedienplatzsystem 901. Hierzu erzeugt der RR dieselben Meldebildausgaben wie der Bedienplatzrechner, so dass sie bei Bedarf verglichen werden können.
- BAnpR (Bedienanpassrechner): Sicherer Rechner in 2von2-Konfiguration, ermöglicht die Fernsteuerung eines Relaisstellwerks durch das ESTW. Hiermit fernsteuerbar sind neuere westdeutsche Relaisstellwerkstypen - Sp Dr S60, Sp Dr S600, Sp Dr L60 und MC L84. Auf Redundanz wird verzichtet, da das Relaisstellwerk im Störungsfall auch vor Ort besetzt werden könnte und die signaltechnische Sicherheit von der Relaisanlage selbst gewährleistet wird.
- METARE (Meldetafelrechner): Ansteuerung der Meldetafeln bei SIMIS C Typ 2.
In neueren Untertypen wurde zunächst die Aufgabenverteilung zwischen den Rechnern und später auch die Hardwarestruktur geändert: Die Einführung der Mausbedienung machte es notwendig, dass auch die Meldebilder der Lupenbilder durch den nicht sicheren BPR erstellt wurden. Als wünschenswerter Nebeneffekt ergab sich, dass dadurch die Trennung zwischen lupenbildfähigen und nicht lupenbildfähigen Bildschirmen entfiel, und somit die Bildschirmdarstellungen vom Bediener freier disponiert werden konnten. Zuletzt wurden BAR und EKIR zu einem gemeinsamen Rechner zusammengefasst, dem Zentralen Schnittstellen- und Aufrüstrechner (ZeSAR).
Die Baugruppen der sicheren Rechner waren durch Siemens selbst entwickelt worden. Um das Jahr 1996 wurden die BSTR und EKIR mit Intel 8085 realisiert, die BAR mit Intel 80486. Nach der Jahrtausendwende wurden sie durch Pentium-1-Prozessoren ersetzt, dadurch ergab sich bei Neustarts und Kanalwechseln eine deutlich kürzere Hochlaufzeit.
Untertypen
- Typ 2 (1991): Dies waren die Stellwerke in Orxhausen, Kirchheim, Hockenheim und München Nord. Diese wurden noch ausschließlich per Tastatur bedient und hatten noch keine Bildschirmdarstellung von Bereichsübersichten, sondern stattdessen von einem Meldetafelrechner angesteuerte Meldetafeln im Bedienraum. Auch Anzeigen der Zugnummernmeldeanlage waren nur auf der Meldetafel verfügbar. Die von einer LZB-Zentrale benötigten Informationen mussten wie bei Relaisstellwerken über potentialfreie Kontakte an den Relaisstellteilen abgegriffen werden.
- Typ 3a (1993): Neues Bedienplatzsystem BPS 900 mit Bedienung über Grafiktablett.
- Typ 5: Direkte Schnittstelle zur LZB-Zentrale. Stellwerke ab Typ 5 können im Bedarfsfall hochgerüstet werden auf neuere Untertypen mit ZeSAR.
- Typ 6b (1995): Neues Bedienplatzsystem BPS 901 mit Mausbedienung und signaltechnisch sicheren Bereichsübersichten.
- Typ 8 (1997): Mehrere Unterzentralen von einem Bedienplatz steuerbar.
- Typ 9 (2002): Neue Hardwarestruktur des Stellwerkskerns. Zusammenfassung des vormaligen BAR und EKIR zum ZeSAR.
- Typ 10 (2011): Die Unterzentrale SIMIS C kann Bereichsstellrechner des Typs SIMIS D steuern. Hierzu wurde dem ZeSAR eine IIC/OMC-Rechnerbaugruppe aus der SIMIS-D-Technik beigeordnet.
- Typ 11: ZeSAR in neuer Hardware-Generation. Weiterer Einsatz von SIMIS-D-Technik im Stellwerkskern („Element Control Computer“, ECC-CU). ETCS Level 2 mit Signalen ist möglich.
- Typ 12: Letzter Entwicklungsstand.
Literatur
- Walter Jonas: Elektronische Stellwerke bedienen - Der Regelbetrieb. ISBN 3-9808002-0-2.
- Thomas Knop: Bahnhof Hagen Hbf – Anlagen und Stellwerke im Wandel der Zeit. ISBN 3-89053-054-0.
- André Lisker: Lückenloser Ausbau bestehender ESTW der Stellwerksplattform Simis C durch Simis D. In: Signal + Draht. Nr. 4, April 2012.
- Ulrich Maschek: Analyse zur Gestaltung elektronischer Stellwerke. (tu-dresden.de [PDF; abgerufen am 30. Oktober 2021]).
- Eckehard Schnieder (Hrsg.): Verkehrsleittechnik: Automatisierung des Straßen- und Schienenverkehrs. ISBN 978-3-540-48296-3, S. 291.