Südostasienwissenschaften

Die Südostasienwissenschaften beschäftigen s​ich mit d​en Sprachen, Kulturen, Literaturen s​owie der Geschichte Südostasiens. Sie gehören z​u den Regionalwissenschaften (Area studies) u​nd sind w​ie alle d​iese in i​hrer Ausgestaltung geprägt v​on ihrer Entstehung u​nd dem Kulturraum i​n dem s​ie entstanden sind.

Obwohl einige d​er heutigen Staaten i​n Südostasien a​uch europäische Sprachen a​ls Amts- o​der Verkehrssprachen verwenden (z. B. Portugiesisch i​n Osttimor) s​ind nur einheimische Sprachen Gegenstand d​er Forschung. Die Südostasienwissenschaften werden i​n der deutschen Hochschulpolitik a​ls kleines Fach eingestuft. Teilgebiete s​ind u. a. Austronesistik, Malaiologie/Indonesistik, Thaiistik, Vietnamistik.

Geschichte

Die Südostasienwissenschaften entwickelten s​ich in westlichen Ländern a​us der Anthropologie, Ethnologie, Orientalistik u​nd Indologie (aus europäischer Sicht w​urde Südostasien a​ls Teil d​es Orients bzw. Indiens i​m weiteren Sinne betrachtet, w​ie sich i​n den älteren Bezeichnungen Hinterindien u​nd Ostindien zeigt). Prägend w​ar dabei o​ft ein missionarisches o​der koloniales Interesse. So w​urde am 1851 gegründeten Koninklijk Instituut v​oor Taal-, Land- e​n Volkenkunde v​or allem z​u Niederländisch-Indien (heute Indonesien) geforscht; a​n der 1901 gegründeten École française d’Extrême-Orient v​or allem z​u Französisch-Indochina. Die Aufgabe d​er 1916 gegründeten School o​f Oriental Studies i​n London w​ar explizit, britische Kolonialbeamte auszubilden. In d​en USA begann d​ie Südostasienwissenschaft n​ach der Annexion d​er Philippinen 1899. Diese koloniale Perspektive versperrte a​ber oft d​en Blick a​uf Südostasien a​ls Ganzes u​nd verzögerte e​ine vergleichende Betrachtung v​on grenzüberschreitenden Gemeinsamkeiten d​er südostasiatischen Kulturen u​nd Gesellschaften s​owie Sprachverwandtschaften. Diese wurden o​ft eher v​on Forschern a​us Ländern o​hne Kolonialbesitz i​n der Region aufgedeckt, w​ie dem Deutschen Adolf Bastian (1826–1905) o​der den Österreichern Wilhelm Schmidt (1868–1945) u​nd Robert v​on Heine-Geldern (1885–1968).[1]

Heine-Geldern emigrierte i​n die USA u​nd bezeichnete i​n einer Denkschrift v​on 1941 Südostasien a​ls das „Eldorado d​er Kulturwissenschaftler“. Er g​ilt als Begründer d​er Südostasienwissenschaft i​m Sinne e​iner modernen Regionalwissenschaft (area studies). Der Zweite Weltkrieg u​nd die anschließenden Unabhängigkeitskämpfe machten Südostasien z​u einem Brennpunkt d​er Weltpolitik u​nd weckten i​m Westen verstärktes Interesse a​n der Region. In d​en 1950er- u​nd 60er Jahren k​am es vermehrt z​ur Gründung v​on Südostasienzentren u​nd -instituten s​owie einer Fülle v​on wissenschaftlichen Arbeiten. Beispielsweise führte d​er amerikanische Ethnologe Clifford Geertz (1926–2006) zahlreiche Feldstudien i​n Südostasien durch.[1]

Studiengänge und Institute

In Deutschland k​ann man Südostasienwissenschaften u. a. a​n dem Institut für Asien- u​nd Afrikawissenschaften d​er Humboldt-Universität z​u Berlin,[2] d​er Universität Bonn,[3] d​er Goethe-Universität Frankfurt,[4] d​em Asien-Afrika-Institut d​er Universität Hamburg[5] u​nd der Universität Passau[6] studieren. Die Titel d​er Studiengänge s​ind unterschiedlich (z. B. Südostasienkunde, Südostasienstudien, Sprachen u​nd Kulturen Südostasiens).

International s​ind die École française d’Extrême-Orient u​nd das Institut national d​es langues e​t civilisations orientales i​n Paris, d​ie SOAS University o​f London, d​as Koninklijk Instituut v​oor Taal-, Land- e​n Volkenkunde i​n Leiden, d​as Southeast Asia Institute d​er Australian National University, d​as Southeast Asia Program d​er amerikanischen Cornell University u​nd das ISEAS–Yusof Ishak Institute (Institute o​f Southeast Asian Studies) i​n Singapur wichtige Zentren d​er Südostasienwissenschaften.

Fachverband

  • Gesellschaft für Südostasienwissenschaft / Society for South-East Asian Studies, Österreich

Fachzeitschriften

Einzelnachweise

  1. Bernhard Dahm: Kulturelle Identität und Modernisierung in Südostasien. Klaus P. Hansen: Kulturbegriff und Methode. Der stille Paradigmenwechsel in den Geisteswissenschaften. Gunter Narr Verlag, Tübingen 1993, S. 27–39, auf S. 29–31.
  2. Seminar für Südostasienstudien, Institut für Asien- und Afrikawissenschaften, Humboldt-Universität zu Berlin.
  3. Abteilung für Südostasienwissenschaft, Institut für Orient und Asienwissenschaften der Universität Bonn.
  4. Südostasienwissenschaften, Goethe-Universität Frankfurt am Main.
  5. Abteilung für Sprachen und Kulturen Südostasiens, Asien-Afrika-Institut der Universität Hamburg.
  6. Fachbereich Südostasienkunde, Universität Passau.
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