Rubroboletus
Rubroboletus ist eine Pilzgattung aus der Familie der Dickröhrlingsverwandten (Boletaceae). Markant ist die Merkmalskombination aus rötlicher Hutoberfläche, einer orange-roten bis blutroten Oberfläche der Röhrenschicht, gelben Röhren, einem pinken bis roten Netz oder ebenso gefärbten Punkten auf der sonst gelben Stieloberfläche, bläulicher Verfärbung bei Verletzung, ein nicht amyloides Fleisch, oliv-braunem Sporenpulver, glatten Sporen und einer verwobenen trichodermalen Hutdeckschicht.
Rubroboletus | ||||||||||||
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Weinroter Purpur-Röhrling (Rubroboletus rubrosanguineus) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Rubroboletus | ||||||||||||
K. Zhao & Zhu L. Yang |
Merkmale
Makroskopische Merkmale
Die in Hut und Stiel gegliederten Fruchtkörper haben einen röhrenförmiges Hymenophor. Der Hut hat eine halbkugelige, polsterartige oder flache Form und ist gräulich, pink bis rot gefärbt. Das weiße, gelbliche bis zitronengelbe Fleisch (Trama) blaut schnell bei Luftkontakt. Die Röhrenschicht hat eine orange-rote bis blutrote, im Alter auch orange-gelbe Oberfläche und verfärbt sich auf Druck rasch blau. Die Röhren besitzen dagegen eine gelbe bis oliv-grüne Farbe, blauen sofort bei Verletzung und nehmen dann langsam wieder die ursprüngliche Farbe an. Der zentrale Stiel ist mit einem pinken, roten bis braun-roten Netz oder ebenso gefärbten Punkten bedeckt.[1]
Mikroskopische Merkmale
Die Hutdeckschicht (Pileipellis) ist ein verwobenes Trichoderm aus mehr oder weniger vertikal ausgerichteten, manchmal gelatinisierten faserigen Pilzfäden (Hyphen). Die Hymenophoraltrama ist boletoid. Die annähernd spindeligen bis eiförmig-elliptischen Sporen sind glatt und leicht dickwandig. Die sterilen Elemente auf der Röhrenfläche (Pleurozystiden) und den Röhrenmündungen (Cheilozystiden) sind flaschenförmig und dünnwandig. Schnallen an den Zwischenwänden (Septen) der Pilzfäden fehlen. Eine Amyloidreaktion wurde nicht beobachtet.[1]
Gattungsabgrenzung
Rubroboletus teilt einige Merkmale mit der Gattung Suillellus, wie die blutrote Oberfläche der Röhrenschicht und die blaue Verfärbung auf Druck. Suillellus unterscheidet sich von Rubroboletus durch den gelblich-braunen bis dunkelbraunen Hut, den gelb bis braun genetzten Stiel und ausschließlich amyloide Hyphen im Fleisch[2][3][4], wohingegen die Vertreter von Rubroboletus einen gräulich-roten bis leuchtend roten oder dunkelroten Hut, ein rosafarbenes bis rotes Stielnetz und nicht amyloide Hyphen haben.
Caloboletus ist ein wenig mit Rubroboletus verwandt. Obwohl beide Gattungen den genetzten Stiel und das Blauen gemein haben, unterscheidet sich Caloboletus deutlich durch den einzigartigen bitteren Geschmack und die gelbe Oberfläche der Röhrenschicht – ausgenommen Caloboletus firmus mit der orange-roten Oberfläche.[5]
Crocinoboletus unterscheidet sich von Rubroboletus durch die prächtige orange Farbe der Fruchtkörper, die auf den ungewöhnlichen Boletocrocin-Polyene-Pigmenten beruhen, und die bläulich-olivfarbene Verfärbung auf Druck in allen Teilen des Fruchtkörpers.[6]
Exsudoporus-Arten haben ebenfalls einen rötlichen Hut, eine blutrote bis orange-rote Oberfläche der Röhrenschicht und verfärbt bläulich auf Druck. Sie können jedoch durch das auffallend erhabene Stielnetz und die einzigartigen Poren, die jung Exsudat-Tröpfchen bilden, erkannt werden.[7]
Einige Neoboletus-Arten wie N. magnificus und der Flockenstielige Hexen-Röhrling (N. luridiformis) (= Boletus erythropus im Sinne einiger Autoren) sehen ebenfalls den Vertretern von Rubroboletus ähnlich. N. magnificus hat einen spärlich genetzten Stiel, der immer mit rot-gepunkteten Elementen bedeckt oder mit rotem Fäserchen gestreift ist.[8][9] N. luridiformis hat einen braunen bis dunkelbraunen Hut und einen keulenförmigen Stiel, der mit dichten orange-roten Flocken bedeckt ist.[10][11]
Ökologie
Rubroboletus-Arten bilden Ektomykorrhiza mit verschiedenen Laub- und Nadelbäumen.[1]
Arten
Die Gattung Rubroboletus umfasst weltweit 13 Arten[1][12][13][14], von denen 7 in Europa vorkommen bzw. zu erwarten sind[15].
Rubroboletus weltweit |
- Blutroter Hexen-Röhrling
Rubroboletus dupainii - Rubroboletus eastwoodiae
- Rubroboletus haematinus
- Le Gals Purpur- oder Falscher Satans-Röhrling
Rubroboletus legaliae - Wolfs-Röhrling
Rubroboletus lupinus - Rubroboletus pulcherrimus
- Rubroboletus rhodosanguineus
- Blasshütiger Purpur-Röhrling
Rubroboletus rhodoxanthus - Weinroter Purpur-Röhrling
Rubroboletus rubrosanguineus - Satans-Röhrling
Rubroboletus satanas - Rubroboletus sinicus
Systematik
Boletus sect. Luridi ist die artenreichste Sektion in der Gattung der Dickröhrlinge im weiten Sinne (Boletus s.l.) und hat sich als polyphyletisch herausgestellt. Die Vertreter dieser Sektion verteilen sich auf mehrere eigenständige Kladen (Vizzini 2014a; Wu et al. 2014). Rubroboletus entspricht der „sect. Luridi 4“ in Vizzini et al. (2014) und der „clade 40“ der Pulveroboletus-Gruppe in Wu et al. (2014). In den Jahren zuvor wurden bereits einige Arten der Sektion Luridi in die fünf Gattungen Caloboletus, Crocinoboletus, Exsudoporus, Neoboletus and Suillellus transferiert. Darüber hinaus lassen sich die Rubroboletus-Vertreter durch ihre morphologischen Merkmale abgrenzen (siehe Gattungsabgrenzung).[1]
Namensherkunft
Die Gattungsbezeichnung Rubroboletus leitet sich vom lateinischen Wort ruber „rot“ ab und bezieht sich auf die rote Farbe des Huts, der Oberfläche der Röhrenschicht und des Netzes oder der Punkte auf dem Stiel.[16][1]
Einzelnachweise
- Kuan Zhao, Gang Wu, Zhu L. Yang: A new genus, Rubroboletus, to accommodate Boletus sinicus and its allies. In: Phytotaxa. Band 188, Nr. 2, 2014, S. 61–77, doi:10.11646/phytotaxa.188.2.1.
- Jose Antonio Muñoz: Boletus s.l. In: Fungi Europaei. Band 2. Edizione Candusso, Alassio 2005, ISBN 88-901057-6-3.
- Wolfgang Klofac: Schlüssel zur Bestimmung von Frischfunden der europäischen Arten der Boletales mit röhrigem Hymenophor. In: Österreichische Zeitschrift für Pilzkunde. Band 16, 2007, S. 187–279.
- Henning Knudsen, Jan Vesterholt: Funga Nordica. Agaricoid, boletoid, clavarioid, cyphelloid and gastroid genera. 2. Auflage. Nordsvamp, Kopenhagen 2012, ISBN 978-87-983961-3-0 (englisch, Neubearbeitung von Nordic Macromycetes Band 2).
- Kuan Zhao, Gang Wu, Bang Feng, Zhu L. Yang: Molecular phylogeny of Caloboletus (Boletaceae) and a new species in East Asia. In: Mycological Progress. Band 13, Nr. 4, 2014, S. 1127–1136, doi:10.1007/s11557-014-1001-3.
- Nian-Kai Zeng, Gang Wu, Yan-Chun Li, Zhi-Qun Liang, Zhu-Liang Yang: Crocinoboletus, a new genus of Boletaceae (Boletales) with unusual boletocrocin polyene pigments. In: Phytotaxa. Band 175, Nr. 3, 2014, S. 133–140, doi:10.11646/phytotaxa.175.3.2.
- Alfredo Vizzini: Index Fungorum no. 183. (PDF) 14. August 2014, abgerufen am 25. Januar 2015.
- Wei Fan Chiu: The boletes of Yunnan. In: Mycologia. Band 40, 1948, S. 199–231., doi:10.2307/3755085.
- Wei Fan Chiu: Altas of Yunnan boletes. Science Press, Beijing 1957 (chinesisch).
- Gilbert Lannoy, Alain Estadès: Les Bolets. Flore mycologique d’Europe. In: Association d’Écologie et de Mycologie (Hrsg.): Documents Mycologiques Mémoire Hors. série no. 6. Lille 2001, S. 1–163.
- Alfredo Vizzini: Boletus mendax, a new species of Boletus sect. Luridi from Italy and insights on the B. luridus complex. In: Mycological Progress. Band 13, 2014, S. 95–109, doi:10.1007/s11557-013-0896-4.
- Michal Mikšík: Index Fungorum no. 207. (PDF) 16. Dezember 2014, abgerufen am 28. Januar 2014.
- Alfredo Vizzini: Index Fungorum no. 233. (PDF) 24. März 2015, abgerufen am 26. April 2015.
- Jonathan L. Frank: Index Fungorum no. 248. (PDF) 11. Juni 2015, abgerufen am 25. Juni 2015.
- Eric Strittmatter: Die Gattung Boletus. In: fungiworld.com. Abgerufen am 20. Januar 2015.
- Helmut Genaust: Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen. 3., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Nikol, Hamburg 2005, ISBN 3-937872-16-7, S. 544–545 (Nachdruck von 1996).