Renfield-Syndrom
Als Renfield-Syndrom (auch klinischer Vampirismus) wird eine psychische Störung bezeichnet, bei der sich der Betroffene zum Blutkonsum hingezogen fühlt. Die Bezeichnung stammt von dem US-amerikanischen Psychiater Richard Noll und bezieht sich auf R.M. Renfield (der allerdings lebende Tiere, u. a. Fliegen und Spinnen, verspeist), eine Romanfigur aus Dracula von Bram Stoker.
Nur wenige psychiatrische Fachartikel verwenden eine der genannten Bezeichnungen; meist wird das entsprechende Verhalten nur als Symptom einer Schizophrenie oder Paraphilie abgehandelt.
Ursache
Dem Renfield-Syndrom liegt Noll zufolge ein bestimmtes Erlebnis in der Kindheit zugrunde, das die betroffene Person traumatisiert habe. Bei Erwachsenen gehe die Erregung durch den Konsum von Blut meist mit sexueller Erregung einher. Oft glaube der Betroffene, dass das Blut übermenschliche Kräfte weckt oder bestimmte Dinge magisch fernhält. Daher trete das Renfield-Syndrom nicht selten als Nebenerscheinung der Schizophrenie oder anderer Psychosen auf.
Varianten
- Autovampirismus – das Trinken des eigenen Blutes, auch Autohemophagia genannt
- wahrer Vampirismus – Konsum fremden menschlichen Blutes
Der Drang zum Konsum von Blut wird meist durch Eigenblut gestillt. Die jeweiligen Personen haben daher oft typische Schnittverletzungen an den Unterarmen, verursacht durch Rasierklingen u. ä., um das Blut zu „saugen“. Dieser Zustand ist vergleichbar mit dem Selbstverstümmelungs-Syndrom.
Bei manchen Betroffenen kommt es allerdings auch zum „wahren Vampirismus“. Dieser wird meist dadurch gestillt, dass der oder die Betroffene jemandem mit dessen Einverständnis etwas Blut abnimmt und trinkt. Gebissen wird – entgegen verbreiteter Vorstellung – extrem selten, da durch den Biss eines Menschen unweigerlich Bakterien übertragen werden, die zu schweren Wundinfektionen führen können. Meist werden daher Kanülen oder seltener Rasierklingen zur Blutentnahme verwendet.
Auch läuft die Blutentnahme im Normalfall nach strengen Vorschriften ab. So gilt zum Beispiel dieselbe Regel wie beim Sadomasochismus: „Safe, sane and consensual.“ (dt.: „Sicher, gesund und einverstanden.“) Außerdem müssen zwischen zwei Blutentnahmen mehrere Tage liegen.
Literatur
- Richard Noll: Vampires, Werewolves and Demons: Twentieth century reports in the psychiatric literature. Brunner/ Mazel, New York 1992, ISBN 0-87630-632-6.