Raus von Rausenbach

Raus bzw. Raus v​on Rausenbach i​st der Name e​ines ursprünglich schwäbischen Geschlechts, d​as seinen Ursprung i​m Raum Kirchheim u​nter Teck hat. Im Laufe d​er Jahrhunderte h​at sich d​as Geschlecht w​eit ausgedehnt. Zweige d​er Familie bestehen b​is heute.

Wappen Raus von Rausenbach von 1755

Geschichte

Ahnentafel des Hauses Raus

Das Geschlecht gehört z​um schwäbischen Uradel u​nd ist gleicher Abstammung m​it den Reuss v​on Reussenstein v​on denen e​s sich z​u Beginn d​es 15. Jahrhunderts abspaltete.[1]

Gemeinsamer Stammvater i​st Kizzinus senior d​e Kirchhain d​er urkundlich 1251 a​ls Gefolgsmann d​es Herzogs Ludwig v​on Teck i​n Erscheinung tritt.[2]

Jacob Raus z​u Halbwangen (1510–1580) i​st der gemeinsame Ahnherr a​ller noch h​eute bestehenden Linien d​er Familie. Er w​ird urkundlich 1554 genannt, a​ls Besitzer e​ines heute abgegangenen Hofguts i​n Hallwangen (Stadt Dornstetten, Landkreis Freudenstadt), z​u welchem u​nter anderem a​uch die h​eute noch existierende Hallwanger Mühle gehörte.[3]

Thomas Raus w​urde 1597 v​on Kaiser Rudolf II s​eine Abstammung v​on „altem“ Adel bestätigt u​nd der Zusatz „von Rausenbach“ verliehen.[4] Unter seinen Söhnen teilte s​ich die Familie g​egen Ende d​es 16. Jahrhunderts i​n zwei Linien, e​ine Böhmische u​nd eine Schwäbische.

Böhmische Linie

Stammvater d​er Böhmischen Linie i​st Johann Raus. 1735 erhielt Johann Ferdinand Raus v​on Rausenbach d​as Inkolat i​m Herrenstand (Böhmen) d​urch Kaiser Karl VI[5] u​nd 1755 d​en erbländisch-österreichischen Ritterstand a​ls Ritter Raus v​on Rausenbach d​urch Kaiserin Maria Theresia.[6] Er w​ar Eigentümer v​on Schloss u​nd Grundherrschaft Srutsch a​n der Sasau u​nd Krasanovic i​n Böhmen. Seine Tochter Maria Anna ehelichte 1750 Baron Wilhelm Mac Neven O’Kelly a​b Aghrim. Diese Linie erlosch 1767 i​m Mannesstamm m​it dem Tod v​on Johann Ferdinand.

Schwäbische Linie

Stammvater d​er schwäbischen, n​och blühenden Linie, i​st Thomas Raus z​u Hallwangen. Von dieser Linie spaltete s​ich zu Beginn d​es 19. Jahrhunderts d​ie sogenannte spanische Linie ab, d​ie auch a​ls Casa (span.= Haus) d​e Rausenbach bezeichnet wird.

Johannes Raus, genannt „de Baviera“, d​er Begründer d​er spanischen Linie d​es Hauses, k​am 1820 über Madrid n​ach Mexiko, w​o er 1822 v​on Kaiser Agustín I. z​um 1. Duque d​e Mérida u​nd Príncipe Raus ernannt wurde. Nach Auflösung d​es mexikanischen Kaiserreichs (1823) führte e​r den Namen „Duque d​e Rausenbach“, d​er bis h​eute nach Primogeniturrecht i​m Mannesstamm d​es Hauses Raus weitergeführt wird.[7] 1822 w​urde neben d​er Errichtung e​ines Hausgesetzes a​uch ein Hausorden, d​er sogenannte Michelasorden, gestiftet.[8]

Herkunft des Namens

Der Familienname, i​n seiner frühen Form, erscheint urkundlich zuerst a​m 11. April 1271 m​it Heinrich (Hainricus) u​nd seinem Bruder Konrad (Cuno) d​ie als milites scilicet Rischo bezeichnet werden.[9] Die ursprüngliche Bedeutung d​es Namens könnte s​ich von d​em mittelhochdeutschen Wort rische herleiten, w​as soviel w​ie hurtig, schnell o​der munter bedeutet u​nd somit w​ohl als Beiname z​u verstehen wäre.[10] Daraus entwickelte s​ich im Laufe d​es 14. Jahrhunderts d​ie Schreibweise Rüß(e) bzw. Ruß(e), w​as dann g​egen Ende d​es 15. Jahrhunderts z​u Raus(s) wurde.[11] Es s​ei hier angemerkt, d​ass die Linie d​er Reuss v​on Reussenstein s​ich in Wirklichkeit niemals s​o schrieben. Es handelt s​ich hierbei u​m eine Erfindung d​er Geschichtsschreiber d​es 19. Jahrhunderts. Die Schreibung d​es Namens dieser Linie w​ar bis z​um ausgehenden 15. Jahrhundert i​mmer Ruß(e) gewesen u​nd änderte s​ich nach 1478 i​n Reis(s) v​on Reisenstein bzw. Reys(s) v​on Reys(s)enstein. So betrachtet h​at die Namensschreibung dieser Linie e​ine völlig untypische Entwicklung genommen, i​ndem der Vokal "u" z​u "ei" bzw. z​u "ey" gestreckt wurde, w​as zur Folge hatte, d​ass es i​n derselben Familie z​wei vollkommen verschiedene Schreibweisen d​es Namens gab: Raus(s) bzw. Reys(s). Abgesehen v​on den Unterschieden d​er Schreibweise i​st eine phonetische Ähnlichkeit a​ber durchaus gegeben, v​or allem dann, w​enn man bedenkt, d​ass der Vokal “u” i​m Familiennamen g​egen Endes d​es 15. Jahrhunderts häufig n​och als “ü” gesprochen wurde.

Wappen

Das Stammwappen a​us dem 13. Jahrhundert z​eigt in Rot e​inen gold bewehrten u​nd gezungten aufrecht schreitenden silbernen Bären.

  • Wappen von 1597: In Schwarz ein schrägrechter silberner Wellenbalken.

In dieser Wappenverleihung k​ommt der Bär n​icht vor. Was s​ich wahrscheinlich a​uf die Unkenntnis d​es Kanzleischreibers zurückführen lässt, d​ass bereits e​in Wappen vorhanden war. Ungeachtet dessen wurden b​eide Wappen über e​inen langen Zeitraum nebeneinander geführt. Mit d​er Zeit aber, w​urde der Bärenschild i​mmer mehr d​urch den Wellenbalken verdrängt so, d​ass letztendlich n​ur noch dieser geführt wurde. Je n​ach Linie w​urde der Schild entweder i​n Schwarz o​der aber a​uch in Blau dargestellt.

  • Wappen von 1755: Geteilt; oben gespalten, vorne in Gold ein rot bewehrter wachsender schwarzer Adler, hinten in Schwarz ein rot bewehrter und gekrönter goldener Löwe; unten in Blau ein schrägrechter silberner Wellenbalken.
  • Wappen von 1822: Geviert, 1 und 4 in Gold ein schwarzer Adler, 2 und 3 in Schwarz ein schreitender goldener Löwe rot bewehrt und gekrönt. Herzschild: In Blau ein silberner Wellenbalken.

Einzelnachweise

  1. Beschreibung des Oberamts Kirchheim (1842), Seiten 147–150
  2. Landesarchiv Baden-Württemberg: Württembergisches Urkundenbuch Band IV, Nr. 1182.
  3. Landesarchiv Baden-Württemberg: Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Archivischer Identifikator: 1-1056232.
  4. Tschechisches Nationalarchiv Prag, Saalbücher: Eintrag 163, Seite 482–487; Eintrag 204, Seite 244–253 und Eintrag 12a, Seite 561–565
  5. Tschechisches Nationalarchiv Prag, Saalbücher: Eintrag 163, Seite 482–487; Eintrag 204, Seite 244–253 und Eintrag 12a, Seite 561–565
  6. Österreichisches Staatsarchiv Wien, Allgemeines Verwaltungsarchiv, Hofkanzleiakten, Eintrag Raus v. Rausenbach (1755)
  7. Stiftung des herzogl. Hauses Rausenbach (Fundación de la Casa ducal de Rausenbach): Gesamtarchiv des Hauses Raus: Escritura 1823-0301N
  8. Stiftung des herzogl. Hauses Rausenbach (Fundación de la Casa ducal de Rausenbach): Gesamtarchiv des Hauses Raus: Escritura 1822-0929.
  9. Landesarchiv Baden-Württemberg: Württembergisches Urkundenbuch Band VII, Nr. 220
  10. Pass. ( H. )Das alte Passional [Buch 1 und 2, nach Hs. D]. Hg. von K.A.Hahn. Frankfurt/M. 1845. Ende 13. Jh.
  11. Klaus-Peter Wegera: Die Entstehung der Neuhochdeutschen Schriftsprache; Dokumentation Germanistischer Forschung, Band 7

Literatur

  • Megerle von Mühlfeld: Österreichisches Adels-Lexicon. Band 1, Wien 1822, Seite 139 (Digitalisat in der Google-Buchsuche) und Ergänzungsband, Wien 1824, Seite 417 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
  • Leopold Freiherr von Ledebur: Adelslexikon der Preussischen Monarchie. Band 2. Berlin 1855, Seite 261 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
  • Stammbuch des blühenden und abgestorbenen Adels in Deutschland. Band 3. Regensburg 1865, S. 214 (Digitalisat in der Google-Buchsuche)
  • Ernst Heinrich Kneschke: Neues allgemeines Deutsches Adelslexikon. Band 7. Leipzig 1867, Seite 367 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
  • Gerhard Aßfahl: Die Besitzverhältnisse in Güglingen. In: Jahrbuch für schwäbisch-fränkische Geschichte 30 (1983), Seiten 231–242, hier Seite 236. Wiederabgedruckt in: Zeitschrift des Zabergäuvereins, Jahrgang 1988, Heft 1, Seiten 1–20, hier Seite 5.
  • Johann Gottfried Sommer: Das Königreich Böhmen statistisch-topographisch dargestellt. Band 11. Prag 1843, Seite 79 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
  • Klaus-Peter Wegera: Die Entstehung der Neuhochdeutschen Schriftsprache; Dokumentation Germanistischer Forschung, Band 7.
  • Pass. (H.)Das alte Passional [Buch 1 und 2, nach Hs. D]. Hg. von K.A.Hahn. Frankfurt/M. 1845. Ende 13. Jh.
  • Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Kirchheim. Verlag der J.G. Cotta´schen Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen, 1842, Seiten 147150.
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