Presbyakusis
Presbyakusis („Altersschwerhörigkeit“, englisch presbycusis, auch presbyacusis) ist eine Art der Schwerhörigkeit, die durch physiologische Alterungsprozesse entsteht und etwa ab dem fünften bis sechsten Lebensjahrzehnt auftritt. Typischerweise handelt es sich um eine beidseitige, symmetrische, zunehmende Innenohrschwerhörigkeit bei hohen Frequenzen.
Klassifikation nach ICD-10 | |
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H91.1 | Presbyakusis, Altersschwerhörigkeit |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Diagnostik
Die altersphysiologischen und alterspathologischen degenerativen Prozesse im Corti-Organ[1] einer Altersschwerhörigkeit können bei einem Patienten nicht direkt untersucht werden. Die Anhebung der Hörschwelle insbesondere bei hohen Frequenzen, die durch ein Tonaudiogramm ermittelt werden kann, ist ein wichtiger Hinweis auf das Vorliegen einer Altersschwerhörigkeit. Ein weiterer Hinweis ist das erschwerte Sprachverstehen in Umgebungsgeräuschen.
In der Diagnostik ist eine Trennung einer reinen Altersschwerhörigkeit und einer Schwerhörigkeit durch Lärmbelastung nur sehr schwierig möglich. Selbst wenn genaue Daten über die Lärmbelastung, z. B. während der Berufsausübung, bekannt sind, lassen sich die Anteile nicht exakt quantifizieren.
Wesentlich für die Diagnostik aufgrund von Messergebnissen ist auch die Definition dessen, was als „otologisch normales“[2] bzw. unbeeinträchtigtes Gehör definiert ist. Einen Anhaltspunkt dafür gibt beispielsweise die entsprechende Festlegung der Norm DIN EN ISO 7029.[3]
Einflussfaktoren
Lebenslange exogene und endogene Einwirkungen können einen Einfluss auf die Entwicklung bzw. Ausprägung von Altersschwerhörigkeit haben:[1]
- genetische Veranlagung
- Ernährung
- Diabetes mellitus
- Durchblutungsstörungen
- ototoxische Medikamente
- arterielle Hypertonie
- Lärm
Dass ein höheres Lebensalter nicht zwangsläufig mit Schwerhörigkeit zusammenfallen muss, verdeutlichen wissenschaftliche Untersuchungen aus der Völkerkunde: So weist das Hörvermögen von älteren afrikanischen Hirten, die zu ihrer Lebenszeit in ihrer Umwelt kaum hohen Schalldruckpegeln ausgesetzt waren, kaum Empfindlichkeitsverluste auf. Schwerhörigkeit im Alter lässt sich somit auch auf eine intensive Umweltbeeinflussung des Gehörs zurückführen und die Bezeichnung „Altersschwerhörigkeit“ ist also eher undifferenziert und genaugenommen falsch.[4] Eine neuere Reanalyse der historischen Daten zur Hörfähigkeit sudanesischer Hirten lässt jedoch daran zweifeln, ob die Hörfähigkeit dieses naturnahen Volkes im Alter tatsächlich wesentlich besser ist.[5]
Therapie
Als Therapieform kommen zurzeit nur Hörgeräte oder Hörimplantate in Frage.
Eine medikamentöse Behandlung ist nicht möglich, es werden aber z. T. verschiedene Ansätze diskutiert, auch um ein Fortschreiten der Erkrankung zu mindern.[6]
Es wird in der Forschung nach Wegen gesucht, Möglichkeiten zur Regeneration der Haarsinneszellen zu finden.[7] Zurzeit ist nicht absehbar, ob und wann dies tatsächlich möglich sein wird.
Weblinks
- Welche Höreinschränkungen gibt es? – Infothek des Projekts hörkomm.de – Barrierefrei hören und kommunizieren in der Arbeitswelt
Einzelnachweise
- H. G. Boenninghaus, T. Lenarz: HNO: Hals-Nasen-Ohrenheilkunde. Springer, Berlin 2007, S. 107.
- Wie viele Menschen sind schwerhörig? (Memento des Originals vom 31. Januar 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. In: Zeitschrift für Audiologie/Audiological Acoustics. 2-2010, S. 61 ff, Median-Verlag von Killisch-Horn, Heidelberg (PDF; 241 kB)
- DIN EN ISO 7029 Akustik - Statistische Verteilung von Hörschwellen als eine Funktion des Alters; Ausgabedatum: 2001-01, Beuth Verlag, Berlin.
- S. Rosen, M. Bergmann, D. Plester: Presbyacusis study of a relatively noise-free population in the Sudan. 1962, PMID 13974856.
- Eckhard Hoffmann: Hörfähigkeit und Hörschäden junger Erwachsener. 1. Auflage. Median-Verlag, Heidelberg 1997, S. 8 (online PDF).
- B. Mazurek, T. Stöver, H. Haupt, J. Gross, A. Szczepek: Die Entstehung und Behandlung der Presbyakusis . In: HNO. Springer, Berlin/ Heidelberg, Volume 56, Number 4 / April 2008.
- John V. Brigande, Stefan Heller: Quo vadis, hair cell regeneration? In: Nature Neuroscience. Vol 12, No. 6, Mai 2009.