Prager Manifest

Das Prager Manifest w​urde im Jahre 1934 v​on der Auslandsleitung d​er SPD, d​ie sich i​m Prager Exil SoPaDe nannte, veröffentlicht u​nd rief z​um revolutionären Sturz d​es NS-Regimes auf.

Veröffentlichung und Verbreitung

Das Manifest erschien a​m 28. Januar 1934 i​m Neuen Vorwärts, d​er in dieser Zeit e​ine Auflage v​on ca. 20.000 Stück, i​n besonderen Fällen b​is zu 70.000 Stück hatte. Allerdings dürften wenige Exemplare n​ach Deutschland gelangt sein. Für Deutschland w​ar die Sozialistische Aktion vorgesehen, i​n der d​as Prager Manifest gleichfalls wiedergegeben w​urde und d​ie im Dünndruck m​it ca. 10.000 Exemplaren erschien. Darüber hinaus wurden 40.000 Tarnbroschüren m​it dem Titel Die Kunst d​es Selbstrasierens gedruckt u​nd über Kuriere i​n Deutschland eingeschmuggelt.

Inhaltsverzeichnis des Manifests

  1. Die Bedingungen des revolutionären Kampfes
  2. Die Ziele der Massenbewegung
  3. Die Ausübung der Macht
  4. Die Revolution der Wirtschaft
  5. Die Revolution der Gesellschaft
  6. Abrüstung und Kriegsgefahr
  7. Die Einheit des revolutionären Sozialismus

Schlussaufruf

In deutlicher Anlehnung a​n Das Kommunistische Manifest e​ndet das Prager Manifest m​it den Worten:

Deutsche Arbeiter, ihr habt nur die Ketten Eurer Knechtschaft zu verlieren, aber die Welt der Freiheit und des Sozialismus zu gewinnen. ... Durch Freiheit zum Sozialismus, durch Sozialismus zur Freiheit! Es lebe die deutsche revolutionäre Sozialdemokratie, es lebe die Internationale!

Reformer und Linksopposition

Auch wenn das Programm mit seinem Aufruf zum revolutionären Umsturz eine Abkehr vom reformistischen, kompromissbereiten sozialdemokratischen Kurs signalisierte, gelang es der SoPaDe nicht, mit diesem Programm das Vertrauen der innerparteilichen Linksopposition wie zum Beispiel der Gruppen Neu Beginnen, Revolutionäre Sozialisten Deutschlands oder dem Roten Stoßtrupp zu gewinnen. 1934 versuchten die drei genannten Gruppen durch die Gründung eines "Geheimen Kartells" die Führung der deutschen Sozialdemokratie im Exil zu übernehmen, den Prager Exilparteivorstand abzulösen und Zugriff auf das teilweise ins Ausland gerettete Parteivermögen zu gewinnen. Nicht ganz zu Unrecht betrachtete die Linksopposition das Prager Manifest als revolutionäres Lippenbekenntnis, das keinesfalls als, dann einziges, sozialdemokratisches Revolutionsprogramm gelten konnte, für das viele es hielten. Zwar wurde ein revolutionärer Umsturz gefordert, doch anschließend sollte der – verbesserte – bürgerliche Staat wiederhergestellt werden, so dass der Revolutionsbegriff des Manifests in den Augen der Linken wenig mit dem marxistisch geprägten Revolutionsbegriff dieser Zeit gemein hatte. Der zum Teil mit unredlichen Mitteln ausgetragene Führungsstreit innerhalb der deutschen sozialdemokratischen Emigration – der sich auch um die Frage der Einheitsfront, also einer offenen Zusammenarbeit mit Kommunisten, drehte – wurde bis spätestens 1938 zu Gunsten des inoffiziellen Prager Parteivorstandes entschieden.[1]

Autor des Manifests: Rudolf Hilferding

Verfasst wurde das Manifest von dem zeitweiligen Finanzminister Rudolf Hilferding, der in seinem Hauptbeitrag zur sozialdemokratischen und marxistischen Diskussion dieser Zeit, dem Werk Das Finanzkapital aus dem Jahre 1910, die Basis für die Entwicklung seiner späteren Theorie vom organisierten Kapitalismus gelegt hatte. Diese Theorie vertrat die These der selbstheilenden strukturellen Umbildung des Kapitalismus. Auf dem Hintergrund dieser zunehmend sowohl theoretisch als auch praktisch reformistischen sozialdemokratischen Entwicklung in der Weimarer Republik wird die Wirkung des Prager Manifestes als einziges sozialdemokratisches Revolutionsprogramm nachvollziehbar.

Quellen

Das Prager Manifest i​st heute i​n vollem Wortlaut u. a. z​u finden bei:

  • Wolfgang Abendroth: Aufstieg und Krise der deutschen Sozialdemokratie, Frankfurt/M. 1964
  • Wolfgang Runge: Das Prager Manifest von 1934, Hamburg 1963
  • Dieter Lange: Das Prager Manifest von 1934. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft (ZfG), XIX. Jahrgang 1972, Heft 7.
  • Programmatische Dokumente der deutschen Sozialdemokratie. Hrsg. von Dieter Dowe und Kurt Klotzbach, 3., überarb. u. akt. Aufl., Bonn 1990, S. 221–232.

Einzelnachweise

  1. Dennis Egginger-Gonzalez: Der Rote Stoßtrupp. Eine frühe linkssozialistische Widerstandsgruppe gegen den Nationalsozialismus. 1. Auflage. Lukas Verlag für Kunst- und Geistesgeschichte, Berlin 2018, S. 260 (Die Quelle beschreibt den Führungsstreit detailliert auf über 50 Seiten)
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