Pindarplatz
Der Pindarplatz ist ein Aussichtspunkt auf einem Felsvorsprung am Alpsee im Landkreis Ostallgäu, in der Nähe von Schloss Hohenschwangau. Er liegt etwa 30 m höher als der See. Vom Alpsee-Rundweg aus ist er über einen kurzen Stichweg zu erreichen.
Geschichte
Bereits König Ludwig I. von Bayern würdigte den antiken griechischen Dichter Pindar (517 bis 438 v. Chr.), indem er seinen Thronsaal[1] (im Königsbau der Münchner Residenz) mit Reliefbildern dekorieren ließ, die von den "Siegesgesängen" Pindars inspiriert sind; diese Reliefs wurden von Ludwig Schwanthaler entworfen.[2]
Der Bayerische Kronprinz Maximilian (später König Maximilian II.) las schon im Alter von zwölf Jahren Originaltexte Pindars, gemeinsam mit dem Altphilologen und Philhellenen Friedrich Wilhelm Thiersch[3].
Maximilian entdeckte den Aussichtspunkt am Alpsee.
Thiersch weilte im August 1839 auf Einladung des Kronprinzen auf Schloss Hohenschwangau. In einem Brief[4] an seine Frau schrieb er am 17. August 1839 über den Gang zu dem Aussichtspunkt:
„Der Freitag [16.08.1839] begann mit Regen, hellte sich aber gegen 10 Uhr auf. Der Kronprinz schickte nach mir, und nachdem wir uns über Anordnung und Führung seiner griechischen Studien besprochen, gingen wir, den Pindar in der Tasche, durch den Wald nach einem Felsenvorsprung über dem See, den er hatte ebnen und sichern lassen. Der neue Sitz auf der vordersten Kante, auf dem man hoch über der Fläche des Sees und wie mitten darüber schwebt, mit der Aussicht darüber hin und in die Gebirge, wurde sofort mit dem Pindar eingeweiht, und in der Conversation und Erörterung, die gegen drei Stunden dauerte, wurden die beiden ersten olympischen Oden zu Ende gebracht. Alles, was wir lasen und ihm deutlich wurde, machte auf ihn, den Prinzen, den größten Eindruck und mir selbst schien darum Pindar an dieser Stelle und in dieser Umgebung wie neu und verjüngt zu sein. Der Flügelschlag seines mächtigen Genius schwebte offenbar über uns und seinen Gesängen.“
Vermutlich war dieses Erlebnis für Max der Grund, den Aussichtspunkt Pindarplatz zu nennen.
Der Pindarplatz gehörte auch zu den Lieblingsplätzen von König Ludwig II. So war es ganz natürlich, dass er Richard Wagner, als er ihn im November 1865 nach Schloss Hohenschwangau eingeladen hatte, zum Pindarplatz führte (am 16. Nov.). Wagner notierte dazu in seinem Tagebuch:[5] "Mit dem Trauten [d. h. König Ludwig] aus dem Schlosse ... nach d. Pindarplatz, Ruhe so erhebend, so wohlthuend ..."
Im Baedeker Deutschland und Österreich/Handbuch für Reisende von 1872[6] hat der Pindarplatz einen Stern * und die allerdings ungenaue Bemerkung "(wo König Ludwig stets Pindar las)".
Der Pindarplatz in der Lyrik
Der Dichter Friedrich Beck besang in Stillleben: Lyrische Dichtungen in neuer Auswahl von 1861 den Pindarplatz:[7]
„
Auf dem Pindarplatz
bei Hohenschwangau.
Einsam steh’ ich, waldumrauscht,
Ueber der Tiefe des See’s
Auf ragender Klippe;
Es hat sie Pindar’s Name geweiht.
Schön und sinnvoll! Gerne knüpft
An das bedeutende Wort
Sich tiefe Betrachtung ;
Den gold’nen Faden spinnet der Geist.
Nie für Viele hat getönt
Jenes Hellenen Gesang;
Man nennt ihn mit Ehrfurcht,
Doch die ihn kennen, zählest du leicht.“
Weblinks
- Johanna Riemann: Zeitlos rauscht der Flügelschlag am Pindar-Platz; online zu lesen in http://archiv.füssener-heimatzeitung.de/HZ161/170/. In diesem Aufsatz ist die Aussage (S. 179) irrig, dass der Pfauenwagen Ludwigs II. zum Pindarplatz führen sollte.
- Monika Philipp: Ein mächtiger Genius schwebt über dem Pindarplatz; online zu lesen in http://archiv.füssener-heimatzeitung.de/HZ178/56/.
Einzelnachweise
- Joseph Heinrich Wolf: Historisch-statistische Einzeln-Beschreibung der königlichen Haupt- und Residenzstadt München und ihrer Umgebungen. München 1847; insbes. Seite 13 (Scan 17). Online zu lesen bei der Bayerischen Staatsbibliothek (BSB).
- Ernst Osterkamp, Thorsten Valk: Imagination und Evidenz: Transformation der Antike im ästhetischen Historismus. Berlin [u. a.], W. de Gruyter 2011; insbes. Seite 86.
- A. Baumeister über Thiersch in der Allgemeinen Deutschen Biographie 38 (1894), online
- H. W. J. Thiersch, F. W. Thiersch: Friedrich Thiersch's Leben 1830–1860, Leipzig [u. a.] 1866; Seite 525 (Scan 585), online bei der Bayerischen Staatsbibliothek zu lesen.
- Richard Wagner, Sämtliche Briefe, Band 17. Hrsg. v. Martin Dürr. Breitkopf und Härtel, Wiesbaden u. a. 2006; Seiten 416 und 421.
- Auch dieses Werk ist online bei der BSB zu lesen.
- Becks Stillleben ist online vollständig zu lesen bei der Bayerischen Staatsbibliothek, BSB