Pickett-Hamilton Fort
Das Pickett-Hamilton Fort ist eine Art von britischen Bunkern aus dem Zweiten Weltkrieg.[1] Es konnte, wenn es nicht gebraucht wurde, im Boden versenkt werden, damit es vom Feind nicht vorzeitig entdeckt wurde und damit es dem Flugverkehr auf dem Boden und in der Luft nicht im Weg war. Es konnte, wenn es benötigt wurde, um etwa 75 cm (2½ Fuß) angehoben werden, um das Landen von Flugzeugen zu verhindern und bereits gelandete feindliche Fallschirmspringer oder Flugzeuge und deren Besatzung zu beschießen.[2][3][4][5][6]
Entwicklung
“By reason of its forming no obstacle to use
of ground for flying or traffic, the post can
be sited in places where not even a rifleman
or small post can be put, and can bring fire
on to ground which otherwise could not be
covered at all or only at extreme ranges.”
„Ohne ein Hindernis für den Boden- oder Luft-
verkehr zu bilden, kann der Posten an Stellen
platziert werden, wo nicht einmal ein Schütze
oder kleiner Posten stationiert werden kann,
und kann die Umgebung beschießen, die sonst gar
nicht oder nur über weite Entfernungen beschossen
werden könnte.“
Die offenen Flächen von militärisch genutzten Flugplätzen waren ein mögliches Ziel für Angriffe feindlicher Luftlandetruppen, und daher wurde es als wichtig befunden, diese effektiv verteidigen zu können. Konventionelle Schutzeinrichtungen wie Schützengräben oder sogenannte Pillboxes waren dafür nicht geeignet, weil sie die eigenen Flugzeuge behindert hätten. Daher kontaktierten mehrere Privatunternehmen die Regierung mit ihren Ideen.
Das Pickett-Hamilton Fort war von Francis Norman Pickett und Donald St Aubyn Hamilton erfunden und konstruiert worden. Pickett (1887–1957)[8] war ein Ingenieur. Er graduierte 1907 an der London University und war von 1918 bis 1931 Besitzer der Firma F. N. Pickett et Fils, die sich mit der Vernichtung von Munition befasste.[9] Diese Firma war zwar in unterschiedlichen Schwierigkeiten, aber Pickett verdiente mit ihr ziemlich viel Geld,[10] S. 201–206 bevor die Firma schließlich schließen musste.[11] Pickett verbrachte die frühen 1920er Jahre vor allem im Motorsport.[12] Er wurde anschließend Geschäftsführer von Kaycee Ltd (1931–1935), von Consolidated Rubber Manufacturers Ltd (1935–1938) und Ocean Salts (Products) Ltd (1938).[8] Hamilton (1907–1956) war ein Architekt in London.[13] Später entwarf er für Donald Hamilton, Wakeford & Partners mehrere Gebäude in London und Südengland.[2]
Ein Freund von Norman Pickett, der Rennfahrer Donald Campbell, stellte seine Werkstätten für das Erstellen von Prototypen zur Verfügung.[14][15] Er war auch bei den ersten Erprobungen Anfang 1940 auf dem Flugplatz RAF Andover zugegen.[14][15]
Winston Churchill schrieb am 12. Juli 1940 einen Brief an General Ismay, in dem er berichtete: „Ich sah diese Pillboxes zum ersten Mal, als ich letzte Woche Langley besuchte. Sie scheinen eine bewundernswerte Möglichkeit der Verteidigung gegen Fallschirmtruppen zu sein und sollten sicherlich vielerorts eingesetzt werden. Legen Sie mir einen Plan vor.“[16] Diese Pillbox wurde daraufhin vom Air Ministry verwendet und wurde Pickett-Hamilton Fort oder umgangssprachlich Pop Up Pillbox genannt.[17][16]
Design
Meistens bestand das Pickett-Hamilton Fort aus zwei Betonzylindern mit jeweils einem geschlossenen Boden. Der etwas kleinere Zylinder wurde in dem größeren Zylinder über kleine, auf dem kleineren Zylinder angebrachte Führungsrollen in den Führungsnuten des größeren Zylinders geführt.[2] Die Pillbox hatte einen Durchmesser von 9 Fuß (2,7 m) und eine Wandstärke von 9 bis 10 Zoll (22 bis 25 cm).[16] Die Struktur wurde im Boden versenkt, so dass die Oberseite des Deckels des größeren Zylinders ebenerdig positioniert war. Im geschlossenen Zustand war die Pillbox wie ein großer Kanaldeckel unauffällig und konnte von Flugzeugen und anderen Fahrzeugen befahren werden.[2]
Das Innere war von oben über eine kleine Luke zugänglich. Der innere Zylinder konnte mit einem Mechanismus um etwa 75 cm (2½ Fuß) angehoben werden, wodurch drei Schießscharten sichtbar wurden. Eine Besatzung von zwei Mann konnte das Fort dann wie eine Pillbox verwenden.
Anfangs bestand der Hebemechanismus aus einem standardisierten 8-t-Flugzeug-Wagenheber, so dass es drei Minuten brauchte, das Fort komplett auszufahren.[17] Der Wagenheber wurde bald durch einen Pneumatikzylinder ersetzt, der ursprünglich für den landwirtschaftlichen Einsatz vorgesehen war.[16][18] Der Pneumatikzylinder wurde über in Tanks gespeicherte Pressluft bedient. Dadurch konnte das Fort schnell angehoben und abgesenkt werden, wenn das erforderlich war.[17] Eine Handpumpe wurde als Notlösung oder für Wartungsarbeiten mitgeliefert.[7]
Eine Designvariante war mit Gegengewichten ausgestattet, um das Fort anzuheben.[2] Dadurch konnte das Fort von zwei Mann bedient werden. Diese Variante hatte zwei Eingangsluken und bot in einer etwas größeren unterirdischen Kammer und wegen Wegfall des zentral angebrachten Pneumatikzylinders einer Besatzung von vier Soldaten Platz.[7][19] Es wurde Ende 1940 entwickelt und nur etwa ein Dutzend dieser Forts wurde landesweit installiert.[20]
Die Kosten der Herstellung betrugen etwa 240 £[7], was inflationsbereinigt heute(2017) etwa 11.800 £ entspricht.[21]
Erhaltene Forts
Die Forts wurden häufig überflutet und waren nicht ausreichend stabil für die schweren Flugzeuge, die während des Zweiten Weltkriegs entwickelt wurden.[17] Daher wurden die meisten an die Peripherie der Flugplätze verlagert und sind nicht mehr an ihrer ursprünglichen Stelle. In der Nachkriegszeit wurden einige Forts entfernt, als die Flugplätze für moderne Flugzeuge ausgelegt wurden. Anhand von Aufzeichnungen ist belegt, dass es etwa 335 Bauten gab.[17] 48 davon existieren heute noch.[22]S. 21
Da die Forts unauffällig im Boden versenkt werden konnten, wurden viele Exemplare vergessen und erst mehrere Jahre später wiederentdeckt.[15][23] Einige Forts werden in Museen ausgestellt: Tangmere Military Aviation Museum[14], Lashenden Air Warfare Museum[16], D-Day Museum, Southsea (nicht mehr am ursprünglichen Standort) und nur der innere Zylinder im Imperial War Museum Duxford.
Das Management des Kent International Airport (früher RAF Manston) vermachte ein Pickett-Hamilton Fort an das Lashenden Air Warfare Museum. Obwohl die meisten Forts überflutet wurden, war das von Manston trocken und in einem exzellenten Zustand.[16] Das Fort wurde ausgegraben und innerhalb von 18 Monaten wieder in einen betriebsfähigen Zustand versetzt. Obwohl es eigentlich auf dem Flugplatz wieder eingegraben werden sollte, wurden Bedenken laut, dass dies dem Beton über die Zeit schaden könne. Daher wurde es auf Bodenhöhe aufgestellt und mit einem Hügel aus Erde und Sandsäcken umgeben. Das Fenster im Zylinder wurde zu Ausstellungszwecken erst nachträglich eingebracht, um den Hebemechanismus von außen sehen zu können. Der Hebemechnismus ist betriebsbereit und kann von den Besuchern gegen Münzeinwurf bedient werden.[16] Es ist das einzige funktionsfähig restaurierte Pickett-Hamilton Fort.
Weblinks
- The National Archives. In: Repository of UK government records. Abgerufen am 2. August 2010.
Einzelnachweise
- Henry Wills: Pillboxes: A Study of UK Defences. Leo Cooper, 1985, ISBN 0-436-57360-1.
- Francis Norman Pickett, Donald St Aubyn Hamilton: An improved means for the protection of aerodromes, aircraft landing fields and other situations (patent). In: Espacenet. 12. Juli 1940. Abgerufen am 23. September 2016.
- Pickett-Hamilton fort. In: Thesaurus. English Heritage. Abgerufen am 21. September 2016.
- A Rare Find. In: uk.rec.subterranea. Abgerufen am 21. September 2016.
- William Foot: Beaches, fields, streets, and hills … the anti-invasion landscapes of England, 1940. Council for British Archaeology, 2006, ISBN 1-902771-53-2.
- Mike Osborne: Defending Britain … twentieth century military structures in the landscape. Tempus Publishing, 2004, ISBN 0-7524-3134-X.
- WO 199/2527 – Pillboxes. In: The Catalogue. The National Archives. November 1940.
- Francis Norman Pickett (obituary). In: Grace's Guide. Abgerufen am 23. September 2016.
- Manure From TNT. 1. Juli 1920. Abgerufen am 23. September 2016.
- Jean Pascal Zanders: The destruction of old chemical munitions in Belgium. In: The Trench. Abgerufen am 23. September 2016.
- Mr. F. N. Pickett's Failure. In: The Times, 19. Oktober 1932, S. 16, Spalte e.
- Counting the Akelas. März 1997.
- Belling-Lee Radio Factory
- The Pickett Hamilton Fort. In: Tangmere Military Aviation Museum. Abgerufen am 21. September 2016.
- Rare war-time 'disappearing pillbox' found at Evanton. In: BBC News. 17. Dezember 2013. Abgerufen am 21. September 2016.
- Pickett Hamilton Fort. In: Lashenden Air Warfare Museum. Abgerufen am 21. September 2016.
- Paul Francis: Pickett-Hamilton Fort. In: Pillbox study group. Abgerufen am 21. September 2016.
- Cecil Edgar Goldup: Improvements relating to the raising and lowering of agricultural implements. In: Espacenet. 26. August 1938. Abgerufen am 26. September 2016.
- Pickett Hamilton Pillbox Worthy Down. In: Derelict Places. Abgerufen am 28. September 2016.
- World War II Pickett-Hamilton Fort SU 4681 3512 (NO.1), Worthy Down Airfield. In: Historic England. Abgerufen am 28. September 2016.
- UK Consumer Price Index inflation figures are based on data from Gregory Clark (2016), „The Annual RPI and Average Earnings for Britain, 1209 to Present (New Series)“, MeasuringWorth.com.
- Austin Ruddy: British Anti-Invasion Defences 1940–1945 (= Official Handbook of the Pillbox Study Group). Historic Military Press, 2003, ISBN 1-901313-20-4.
- Hidden WWII secrets unearthed at RAF Coltishall. In: North Norfolk News. Abgerufen am 21. September 2016.