Paradieskasarka
Der Paradieskasarka (Tadorna variegata) ist ein ausschließlich in Neuseeland heimischer Entenvogel, der zu den Halbgänsen zählt. Die Art hat einen für die Gattung der Kasarkas ungewöhnlich ausgeprägten Unterschied in der Gefiederfärbung der beiden Geschlechter.
Paradieskasarka | ||||||||||||
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Paradieskasarka (Tadorna variegata), Ganter | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Tadorna variegata | ||||||||||||
(Gmelin, 1789) |
In Neuseeland ist der Paradieskasarka eine der wenigen ursprünglichen Arten, die von der Veränderung der neuseeländischen Vegetation durch den Menschen profitieren. Als Kulturfolger ist sie auf Weideflächen und an Wasserrückhaltebecken zu beobachten. Sie ist entsprechend häufig und darf bejagt werden. Jährlich werden etwa 100.000 Paradieskasarkas in Neuseeland geschossen.[1] Die Jagd ist jedoch mittlerweile stärker reglementiert, da es in einigen Regionen auf Grund der Bejagung zu deutlichen Populationsrückgängen kam.[2]
Erscheinungsbild
Paradieskasarkas sind eine kleine Kasarka-Art. Sie weisen den für diese Gattung charakteristischen gänseähnlichen Habitus auf. Ihre Körperlänge beträgt zwischen 63 und 71 Zentimeter.[3] Sie wiegen zwischen 1,5 und 2 Kilogramm.[4] Die Art zeigt einen auffälligen Geschlechtsdimorphismus. Im Prachtkleid hat der Ganter einen schwarzgrünen Kopf und Hals. Der restliche Körper ist dunkel befiedert. Die Unterschwanzdecke ist von einem kräftigen Lehmbraun. Der Schnabel ist schwarz, im Verhältnis zur Kopfgröße kurz und leicht aufgewölbt. Die Beine und die Füße sind dunkelgrau. Die Augen sind schwarz.
Das Weibchen hat im Prachtkleid einen weißen Kopf und Hals. Der Rücken ist dunkelgrau. Die Flanken und die Unterschwanzdecke sind leuchtend kastanienrot. Beine, Füße, Schnabel und Augenfarbe entsprechen denen des Männchens. Jungvögel gleichen den erwachsenen Männchen. Das Mantelgefieder ist bei ihnen dunkelbraun und schwarzgrau überwaschen. Die Flügel sind wie bei den adulten Vögeln gefärbt, jedoch sind die großen Decken grau und nicht weiß. Der Kopf ist schwarzgrau, die Schnabelwurzel und die Augengegend ist aufgehellt. Junge Weibchen sind etwas kleiner als junge Männchen und haben eine weiße Schnabelbasis. Bei ihnen sind außerdem der Rücken und die Flanken etwas bräunlicher. Der für die Weibchen charakteristische weiße Kopf wird von jungen weiblichen Paradieskasarkas ab dem 2. Jahreskleid gezeigt.
Ausgewachsene Weibchen durchlaufen die Mauser zwischen Januar und März und damit gegen Ende der Fortpflanzungszeit. Sie beginnen mit dem Wechsel des Kleingefieders, wenn die Jungvögel etwa 40 Tage alt sind. Der Abwurf der Schwingenfeder setzt wenig später ein. Sie sind dann für einen Zeitraum von 28 bis 42 Tagen flugunfähig.[5]
Verwechslungsmöglichkeiten mit anderen Arten
Verwechslungsmöglichkeiten bestehen mit kaum einer anderen Art. Beim Weibchen ist vor allem der weiße Kopf und Hals zu allen Jahreszeiten auffällig und charakteristisch. Die Männchen und die Jungvögel dagegen können mit ihrem dunklen Kopf und Hals mit dem Australischen Kasarka verwechselt werden, der in Körpergröße, Gestalt und Körperhaltung dem Paradieskasarka gleicht.[6] Dem Paradieskasarka fehlt jedoch das weiße Halsband, und er ist anders als der Australische Kasarka auf der Körperunterseite einfarbig dunkel.
Die größte Verwechslungsmöglichkeit besteht zwischen Weibchen des Australischen Kasarkas und jungen Weibchen des Paradieskasarkas, die ihr Körpergefieder gerade in das adulter Weibchen wechseln. Bei diesen ist der weiße Kopf und Hals noch nicht stark ausgeprägt. Junge weibliche Paradieskasarkas lassen sich jedoch ebenfalls anhand des fehlenden weißen Halsbands sowie der dunklen und nicht kastanienfarbenen Schwanzunterdecken von den Australischen Kasarkas unterscheiden.
Verbreitung, Lebensraum und Bestand
Paradieskasarkas sind eine endemische Art Neuseelands. Irrgäste kommen in östlicher Richtung bis zu den Chatham-Inseln vor und erreichen in nordwestlicher Richtung gelegentlich Lord Howe Island. Vor der Besiedelung Neuseelands war der Paradieskasarka auf die südliche Insel begrenzt und kam nördlich des 39°S nur selten vor. Paradieskasarkas kamen zu dieser Zeit ausschließlich auf Sumpfflächen vor, die mit niedrigen Grasbüscheln bewachsen waren. Vermutlich war die Art verhältnismäßig selten, da solcher Lebensraum nicht häufig zu finden war.[7]
Die Umwandlung von Wald in Weideland durch den Menschen hat dazu geführt, dass die Art ihren Lebensraum ausdehnen konnte und ist heute in ganz Neuseeland verbreitet. Als eine Art, die Weideland als Nahrungsgrund nutzt, ist sie heute auf allen landwirtschaftlich genutzten Flächen häufig. Während sie früher auf Altbaumbestände angewiesen war, weil sie Bruthöhlen zur Fortpflanzung benötigt, sind ihre häufigsten Niststandorte heute die ausgebrannten Stümpfe der nach Brandrodungen verbleibenden Baumstämme.[8] In Neuseeland findet man sie auch an Gewässern, die sich in einem städtischen Umfeld befinden. Obwohl der Paradieskasarka bejagt wird, nimmt die Population zu. Im Jahre 2001 betrug der Bestand mehr als 300.000 Individuen.[9]
Als Brutrevier reichen dem Paradieskasarka kleine Gewässer und Sümpfe aus, sofern ausreichend Weideland vorhanden sind. Ein kleiner Teil der Population besiedelt auch Flussmündungen und flache Küstenregionen. Paradieskasarkas brüten auch in der neuseeländischen Alpenregion auf Plateauebenen mit langsam fließenden Gewässern.[10] Paradieskasarkas sind überwiegend Standvögel, auch die Mauserplätze finden sich unweit der Brutreviere.
Lebensweise
Paradieskasarkas fressen überwiegend pflanzliche Nahrung, nur die Jungen leben während ihrer ersten fünf Wochen überwiegend von Insekten.[11] Die meiste Nahrung finden sich, indem sie auf Weideland oder abgemähten Agrarflächen grasen. Sie nehmen dabei auch Insekten und Würmer auf, wenn sie sie finden. Dunenküken beginnen mit dem Grasen etwa im Alter von einer Woche.
Während der Brutzeit können zwei Formen des Zusammenlebens unterschieden werden: Paare verteidigen Brutreviere und größere Trupps nicht-brütender Paradieskasarkas finden sich an bestimmten Stellen in Gewässernähe und guten Nahrungsgründen. Diese Trupps bestehen überwiegend aus Jungvögeln der vorangegangenen Fortpflanzungsperiode. In den Schwärmen finden sich aber auch einige Zweijährige sowie nicht verpaarte, geschlechtsreife ältere Vögel.
Für etwa zwei Monate pro Jahr verlassen die Paare ihre Brutreviere und halten sich gemeinsam mit ihrem Nachwuchs sowie den nicht-brütenden Paradieskasarkas an traditionellen Mauserplätzen auf. Dabei handelt es sich in der Regel um große Teiche, Wasserspeicher, Seen und Flüsse. Die ersten Individuen treffen an diesen Mauserplätzen gegen Ende Dezember ein. Dabei handelt es sich in der Regel um Paradieskasarkas im ersten und zweiten Lebensjahr. Die Brutpaare folgen etwas später und werden von ihrem diesjährigen Nachwuchs begleitet. Während der Mauser sind die Paradieskasarkas etwa für vier Wochen flugunfähig. Die Mauserplätze werden im Zeitraum März bis April verlassen.[12]
Brutbiologie
Paradieskasarkas sind bereits im zweiten Jahr geschlechtsreif, von den Weibchen dieser Altersklasse brüten aber nur etwa fünfzig Prozent im zweiten Lebensjahr. Dies hängt damit zusammen, dass bereits im Jahr vor dem ersten Brutversuch die Vögel verpaart sein und ein Brutrevier besetzt haben müssen.[13] Der Anteil zweijähriger Kasarkas, die erfolgreich im zweiten Lebensjahr mit dem Brutgeschäft beginnen, variiert entsprechend jedes Jahr: In einigen Jahren sind einjährige Kasarkas nicht in der Lage, geeignete Reviere zu finden. Entsprechend geringer ist im nächsten Jahr die Zahl der brütenden Zweijährigen.[14]
Paradieskasarkas bilden Paare, deren Beziehung lebenslang andauert. Ihr Brutrevier wählen die Paradieskasarkas mitunter schon zwei Monate vor der Eiablage aus. Es wird von beiden Geschlechtern energisch verteidigt. Von August bis Oktober werden 6–12 weiße Eier in ein Nest gelegt, das geschützt in Baumhöhlen, in Kaninchenbauen, unter Wurzeln umgefallener Bäume oder in Felsspalten untergebracht sein kann. Zum Schutz der Eier wird es mit Gras und Federn ausgepolstert. Nur das Weibchen brütet. Das Männchen bleibt in der Nähe des Nestes und ist später auch an der Aufzucht der Jungen beteiligt. Der Verlust an Küken ist verhältnismäßig gering. Im Durchschnitt werden sechs Jungvögel pro Gelege flügge.[15] Beide Elternvögel bewachen die Jungvögel und versuchen Fressfeinde zu verleiten. Bei Bedrohung versammeln sich die Jungen in einer dichten Gruppe in der Mitte des nächstliegenden Teiches. Sie tauchen, wenn sie sich unmittelbarer bedroht fühlen, oder versuchen sich in der Schwimmpflanzenvegetation zu verstecken. Die wichtigste Todesursache von jungen Paradieskasarkas sind ungünstige Wetterbedingungen. Außerdem stellen ihnen verwilderte Hauskatzen nach. Einigen der geschlüpften Dunenküken gelingt es außerdem nicht, die Nistkammer zu verlassen.[16]
Haltung in Europa
Die ersten Paradieskasarkas in Europa wurden ab 1863 im Zoo von London gezeigt. Die ersten Paradieskasarkas in Deutschland zeigte der Zoo Berlin ab 1869. Anders als beim Australischen Kasarka, der zum selben Zeitpunkt erstmals nach Europa gelangte und bei dem die Nachzucht erst 1939 gelang, glückte die Nachzucht in beiden Zoos bereits im zweiten Jahr der Haltung. Paradieskasarkas werden seitdem regelmäßig in Zoos gehalten und werden gelegentlich auch von Privatpersonen als Wasserziergeflügel gepflegt. Sie haben sich als wenig kälteempfindlich und verträglich gegenüber kleineren Entenarten erwiesen. Gegenüber anderen Gänsen und Schwänen verhalten sie sich jedoch aggressiv.[17]
Belege
Literatur
- P. J. Higgins (Hrsg.): Handbook of Australian, New Zealand & Antarctic Bird, Band 1, Ratites to Ducks, Oxford University Press, Oxford 1990, ISBN 0195530683
- Janet Kear (Hrsg.): Ducks, Geese and Swans. Oxford University Press, 2005, ISBN 0-19-854645-9.
- Hartmut Kolbe; Die Entenvögel der Welt, Ulmer Verlag 1999, ISBN 3-8001-7442-1
Weblinks
- Tadorna variegata in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2008. Eingestellt von: BirdLife International, 2008. Abgerufen am 31. Januar 2009.
- Videos, Fotos und Tonaufnahmen zu Tadorna variegata in der Internet Bird Collection
Einzelnachweise
- Kear, S. 439
- Higgins, S. 1204
- Kear, S. 437
- Higgins, S. 1202
- Kolbe, S. 140
- Higgins, S. 1203
- Higgins, S. 1203
- Kolbe, S. 141
- Kear, S. 437
- Kear, S. 438
- Higgins, S. 1205
- Higgins, S. 1205
- Higgins, S. 1206
- Higgins, S. 1206
- Kolbe, S. 141
- Higgins, S. 1208
- Kolbe, S. 142