Otto Münch
Otto Münch (* 23. Oktober 1885 in Meissen; † 26. Januar 1965 in Zürich) war ein Schweizer Stuckateur, Steinbildhauer und Bronzeplastiker. Bekannt wurde er vor allem durch die Gestaltung der beiden Bronzetüren des Grossmünsters in Zürich. Daneben schuf er zahlreiche Plastiken, Brunnenfiguren und Bauschmuck für Zürich.
Leben
Von 1900 bis 1904 absolvierte Münch in Meissen eine Lehre als Holzbildhauer, anschliessend liess er sich bis 1907 zum Bildhauer, Stuckateur und Innenarchitekt ausbilden. Von 1907 bis 1911 besuchte er in Dresden die Kunstgewerbeschule bei Bildhauer Karl Gross und Architekt Wilhelm Kreis.
1911 zog Münch nach Zürich, wo er im Architekturbüro Bollert & Herter arbeitete. 1912 machte er sich im ehemaligen Atelier von Arnold Böcklin in Zürich-Hottingen als Bildhauer selbständig und führte zusammen mit seiner Frau Maria Münch-Winkel eine Kunstschule für Plastik und Kunstgewerbe. Als vorbildhaft für seine Figurendarstellungen nannte Münch selber Andrea Pisano, Ernst Barlach und Käthe Kollwitz. Im gleichen Jahr kam es zur ersten Zusammenarbeit mit den Architekten Otto und Werner Pfister, die in Zürich zahlreiche grosse Gebäude an prominenter Lage errichteten. 1912 bis 1914 gestaltete Münch die Jugendstil-Treppenhalle des Kaufhauses St. Annahof, die Aussenplastiken am Peterhof (Modehaus Grieder), am Leuenhof (Bank Leu) sowie deren Deckenstuck. Von 1919 bis 1922 hatte Münch die künstlerische Oberleitung für den Bauschmuck der Nationalbank Zürich inne und schuf die Modelle für die Pfeilerreliefs sowie Stuck und eine Plastik im Innern des Gebäudes.
1923 erhielt Otto Münch das Bürgerrecht von Zürich. Emilio Stanzani machte bei ihm von 1923 bis 1926 seine Bildhauerlehre. Ab 1929 lebte Münch für knapp 15 Jahren in Zollikon an der Höhestrasse. Nach 1930 schuf er vermehrt freistehende Plastiken sowie Bronzereliefs, Brunnenskulpturen und Gebrauchsobjekte. Aus den Jahren 1931/32 stammt beispielsweise der Meinrad-Lienert-Brunnen.[1] 1933 erhielt er die Aufgabe, die Fassadenplastiken am Grossmünster zu restaurieren und teilweise durch Neuschöpfungen zu ersetzen. In diesem Zusammenhang stellte er eine Kopie der Figur Karls des Grossen auf dem Südturm her.
Durch den Auftrag, die bronzene Bibeltür am Grossmünster zu schaffen, erlangte Münch internationale Aufmerksamkeit. Die Bibeltür besteht aus 42 Relieffeldern und wurde 1950 vollendet.[2] Dargestellt sind die Zehn Gebote, das Glaubensbekenntnis mit Vater, Sohn und Heiligem Geist, Geschichten aus dem Neuen Testament sowie Huldrych Zwinglis erste Grossmünsterpredigt. 1939 hatte Münch bereits die Zwinglitür mit 24 quadratischen Feldern fertiggestellt. Es folgen grössere Aufträge in Deutschland, unter anderem schuf Münch den Pfingstaltar für die St. Katharinenkirche in Hamburg. Das 1960 entstandene Bronzerelief Maurer, Zimmerleute, Mineure im Haus «Zum Schanzengraben» in Zürich ist Münchs letztes grosses profanes Werk. Während seiner jahrzehntelanger Tätigkeit hat er Plastiken, Brunnenfiguren und Bauschmuck für Zürich geschaffen. Münch war Mitglied des Schweizerischen Werkbundes sowie der Künstlervereinigungen Gesellschaft Schweizerischer Maler und Bildhauer GSMBA und Oktagon.
Nachwirkung
Nach seinem Tod, er fand seine letzte Ruhestätte auf dem Zürcher Friedhof Enzenbühl, gerieten Münch und seine Werke rasch in Vergessenheit; bis heute gibt es zu ihm weder eine Monographie noch ein Gesamtverzeichnis seiner Werke. Seine Formensprache orientierte sich an der Antike und der Renaissance. Münch abstrahierte seine Werke nicht, blieb der Tradition und dem Figurativen verhaftet und galt deswegen jahrzehntelang als unzeitgemäss. Die Brunnenfiguren werden als dekorative Objekte wahrgenommen, die Ornamente an den öffentlichen Bauten als Teil der Architektur. Die Bronzeplastik «Mädchen im Wind» (1936) steht beim Mythenquai wie verloren am Rand der Landiwiese an einer stark befahrenen Strasse. Bei keinem der Werke ist der Name des Künstlers angegeben.
Der Nachlass von Otto Münch wird im Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft SIK ISEA in der Villa Bleuler in Zürich Riesbach aufbewahrt. Unter der Signatur HNA_ 257 Otto_Münch werden in 13 systematisch erschlossenen Schachteln zahlreiche Dokumente zum Leben und Werk Münchs aufbewahrt.
Bilder
- «Mädchen im Wind» Bronzestatue am Mythenquai, Zürich
- Brunnenfigur beim Dufourplatz in Zollikon
- Brunnenfigur am Bellevue, Zürich
- Grabmal der Familie Göhner, Friedhof Enzenbühl, Zollikon
- Säulen an der Nordfassade der Nationalbank Zürich
Literatur
- Robert Heinrich Oehninger: Das Zwingliportal am Grossmünster in Zürich. Kirchenrat der Evangelisch-reformierten Landeskirche des Kanton Zürich (Hrsg.). Zürich 2004, ISBN 978-3-03823-122-6.
- Thomas Müller: Der allgegenwärtige Unbekannte. In: Zolliker Jahrheft 1915, S. 16–27
- Germaid Ruck: Münch, Otto. In: Allgemeines Künstlerlexikon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker (AKL). Band 91, de Gruyter, Berlin 2016, ISBN 978-3-11-023257-8, S. 217.
Weblinks
- Susann Wintsch: Münch, Otto. In: Sikart
- Matthias Oberli: Münch, Otto. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Urs Steiner: Der allgegenwärtige Unbekannte – Auf den Spuren von Otto Münch. NZZ vom 17. August 2005
- Otto Münch In: Artnet
Einzelnachweise
- Kanton Zürich, Baudirektion, Amt für Raumentwicklung, Archäologie und Denkmalpflege: Inventar der Denkmalschutzobjekte von überkommunaler Bedeutung 5/23 (Digitalisat)
- Die Zwilingstüre am Grossmünster