Orange Riots
Die Orange Riots waren zwei gewalttätige Unruhen im New Yorker Stadtbezirk Manhattan in den Jahren 1870 und 1871. Es handelte sich um Auseinandersetzungen zwischen irischen Protestanten des Oranier-Ordens und katholischen Iren. Als die Katholiken 1871 den Oranier-Marsch attackierten, schossen Truppen der Nationalgarde, die den Marsch schützend begleiten sollten, in die Menge. Über 60 Menschen wurden getötet. Die Unruhen lösten eine Kampagne gegen die Parteiorganisation der Demokraten unter William Tweed bei, die zur Zerschlagung des sogenannten „Tweed Rings“ führte.
Unruhen 1870
Am 12. Juli 1870, dem Orangemens Day, wurde in Manhattan ein Umzug irischer Protestanten veranstaltet, welcher den Sieg von Wilhelm III. – dem König von England und Prinz des Hauses Oranien – über den Katholiken Jakob II. in der Schlacht am Boyne feierte. Die Marschroute war von der Eighth Avenue hoch zum Elm Park[1] in der 92nd Street.[2]
Als die Demonstranten die katholisch-irischen Einwohner von Hell’s Kitchen verspotteten, folgten viele von diesen dem Umzug und erwiderten die Beleidigungen. Am Park schlossen sich 300 irische Arbeiter dem 200-köpfigen Mob an und zusammen griffen sie die Protestanten an. Die Polizei schritt ein, um den Kampf zu beenden. Bei den Unruhen wurden acht Menschen getötet.[2][3]
Vorgeschichte der Unruhen 1871
Im folgenden Jahr, erfragte der Oranier-Orden bei der Polizei um Erlaubnis, erneut zu marschieren. Der Police Commissioner James J. Kelso untersagte dies jedoch, da er erneute Gewaltausbrüche befürchtete. Unterstützt wurde er dabei von William Tweed, dem Kopf der Tammany Hall, der Parteimaschine der Demokratischen Partei, welche Stadt und Bundesstaat kontrollierte. Während der katholische Erzbischof John McCloskey applaudierte, kritisierten Protestanten die Entscheidung. Gleiches taten die New York Times und der New York Herald in Leitartikeln. Es kam zu einer Petition von Geschäftsleuten an der Wall Street und Thomas Nast veröffentlichte im Harper’s Weekly einen Cartoon zum Thema.[4] Es war nicht nur das Demonstrationsverbot, welches den Eindruck erweckte, als würde man das Verhalten des katholischen Mobs honorieren; es gab auch zunehmende Stimmen, welche vor der wachsenden politischen Macht der irischen Katholiken und der zunehmenden Sichtbarkeit des linksgerichteten irischen Nationalismus in der Stadt warnten sowie die Furcht vor einem Umsturz wie der Pariser Kommune.[2]
Dieser Druck – zusammen mit bereits bestehender Kritik an Tweeds Regime allgemein – brachte Tammany dazu, den Kurs zu ändern und den Umzug zu erlauben.[2] Tammany musste zeigen, dass sie in der Lage waren, die irischen Einwanderer zu kontrollieren, welche einen bedeutenden Teil ihrer Wählerschaft ausmachten.[3] Gouverneur John T. Hoffman – ein Tammany-Mann – hob das Demonstrationsverbot auf und ordnete an, dass der Umzug von Einheiten der New Yorker Polizei und der Nationalgarde[3] geschützt werden sollte, darunter auch Kavallerieeinheiten.[2]
Unruhen 1871
Am 12. Juli fand der Umzug unter massiven Polizeischutz statt. Insgesamt schützten 1.500 Polizeibeamte und fünf Regimenter der Nationalgarde – mit über 5.000 Mann – die Parade.[2] Der Umzug startete am Hauptquartier der Oranier, der Lamartine Hall an der Eighth Avenue und der 29th Street,[5] um 13:30 Uhr. Die 21st bis zur 33rd Street waren voller Leute, die meisten katholisch und Arbeiter. Beide Seiten der Avenue waren abgeriegelt. Die Polizei und Nationalgarde erschienen, zum Missvergnügen der Menge, und die wenigen Oranier begannen ihre Parade um 14:00 Uhr, flankiert von Soldaten.[2]
Fast augenblicklich fing die Menge an die Demonstranten mit Steinen, Ziegeln, Flaschen und Schuhen zu bewerfen. Als die Nationalgardisten daraufhin mit Musketenfeuer reagierten, wurde aus der Menge mit Pistolen geschossen. Die Polizei versuchte, die Fortsetzung der Parade durch das Zurückdrängen der Menge mithilfe moderaten Schlagstockeinsatzes zu ermöglichen.
Der Umzug geriet erneut unter Blockade und wurde wieder mit Wurfwaffen angegriffen, was zu neuen Schüssen seitens der Soldaten führte. Der Andrang des Mobs stoppte den Umzug, so dass die Polizei mit ihren Schlagstöcken und die Nationalgarde mit ihren Bajonetten gegen diesen vorging. Derweil ging ein Hagel von Steinen und Küchengeschirr auf die Sicherheitskräfte von den umliegenden Dächern nieder. Letztendlich feuerten die Soldaten – ohne entsprechenden Befehl – in die Menge und die Polizei schloss sich mit berittenen Einheiten an.[2]
Der Umzug marschierte zur 23rd Street, wo sie links in die Fifth Avenue abbog, wo die Menge die Oranier unterstützte.[2] Die Stimmung änderte sich wieder, als es die Fifth Avenue weiter nach Süden ging, hin zum Unterhaltungsbezirk an der 14 Street, wo die Menge wieder feindlich gestimmt war. Der Umzug ging weiter bis zur Cooper Union, wo die Oranier verschwanden.[2]
Die Unruhen hatten das Leben von 60 Zivilisten – zumeist irische Arbeiter – und drei Nationalgardisten gefordert. Mehr als 150 wurden verwundet, darunter 22 Gardisten und mehr als 20 Polizisten, welche von geworfenen Gegenständen verletzt wurden. Vier erlitten nicht-tödliche Schusswunden. Mehr als 100 Personen wurden festgenommen.[2]
Am folgenden Tag demonstrierten 20.000 Menschen ihren Respekt gegenüber den Getöteten vor dem Leichenhaus des Bellevue Hospital. Beerdingungsumzüge machten sich auf den Weg zum Calvary Cemetery in Queens. In Brooklyn wurde Gouverneur Hoffman von irischen Katholiken in effigie gehängt und die Unruhen wurden folgend als „Metzelei an der Eighth Avenue“ bezeichnet.[2]
Auswirkungen
Die Tammany Hall hatte den Umzug gestattet, um ihre politische Macht zu sichern. Von den Auswirkungen konnte sie aber nicht profitieren, im Gegenteil war sie wachsender Kritik seitens der Zeitungen und der Stadtelite ausgesetzt. Tweed stürzte kurz darauf.
“One of the reasons many in the upper and middle classes had grudingly acquiesced in Tammany's hold on power was its presumed ability to maintain political stability. That saving grace was gone: Tweed could not keep the Irish in line. The time had come, said Congregationalist minister Merrill Richardson from the pulpit of his fashionable Madison Avenue church, to take back New York City, for if "the higher classes will not govern, the lower classes will."”
„Einer der Gründe, warum viele aus der Ober- und Mittelschicht die Herrschaft von Tammany zähneknirschend akzeptiert hatten, war dessen zugeschriebene Fähigkeit, für politische Stabilität zu sorgen. Diese Rettung war verschwunden: Tweed konnte die Iren nicht unter Kontrolle halten. Die Zeit sei gekommen, sagte der kongregationalistische Pfarrer Merrill Richardson von der Kanzel seiner schicken Kirche in der Madison Avenue aus, sich New York City zurückzuholen, denn „wenn die höheren Klassen nicht regieren, würden es die unteren Klassen tun.““[6]
Der Banker Henry Smith sagte der New York Tribune dazu, dass „so eine Lektion alle paar Jahre“ nötig sei. Wenn 1.000 Störer getötet würden, hätte es den Effekt, dass der komplette Rest eingeschüchtert werde.[6]
Literatur
- Russell S. Gilmore: Orange riots in der The Encyclopedia of New York City, Yale University Press, New Haven 1995, ISBN 0-300-05536-6.
- Edwin G. Burrows & Mike Wallace: Gotham: A History of New York City to 1898, Oxford University Press, New York City 1999, ISBN 0-19-511634-8.
Weblinks
Einzelnachweise
- Daytonian in Manhattan: The Lost 1764 Apthorpe Mansion vom 29. November 2010, abgerufen am 12. Januar 2014
- Burrows & Wallace, S. 1003–1008
- Gilmore, S. 866
- On July 29, 1871, Harper’s Weekly featured a cartoon about the Orange Riots in New York City
- New York Songlines: 8th Avenue, abgerufen am 12. Januar 2014
- Burrows & Wallace, S. 1008