Operation Gatekeeper
Die Operation Gatekeeper war eine 1994 von der US-Regierung unter Bill Clinton umgesetzte neue Kontrollstrategie zur Eindämmung der Migrantenströme im San-Diego-Sektor der Grenze zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko. Ziel der Strategie war die Verringerung der unerlaubten Einwanderung in die Vereinigten Staaten, die Verschiebung der Migrantenströme nach Osten und die Erhöhung des Risikos der Festnahme von Migranten ohne Einreisevisum bzw. Aufenthaltstitel, was durch eine erhebliche Aufstockung von Personal und Ausstattung der Grenzschutzbehörden sowie stärkere bauliche Sicherungen der Grenze erreicht werden sollte.
Die Operation wurde vom Center for Low Intensity Conflict (CLIC), einer Behörde des US-Verteidigungsministeriums, entwickelt, am 17. September 1994 durch U.S. Attorney General Janet Reno bekanntgegeben und zwei Wochen später, am 1. Oktober 1994 umgesetzt.[1]
Finanzierung/Ressourcen
Das Budget der Behörde wuchs mit einem Anstieg von 375 Millionen US-Dollar auf 952 Millionen US-Dollar auf etwa den dreifachen Betrag.[2] Die Gesamtzahl des Personals der U.S. Border Patrol wurde bis 1999 auf ca. 8.200 verdoppelt. In Gegenden wie San Diego und El Paso (Texas) wurden mehrere Meilen neuer Stahlzäune errichtet und das Grenzpersonal mit Hightech-Geräten ausgerüstet.
Phasen der Umsetzung
In Phase I konzentrierte man sich auf den Abschnitt mit der höchsten Zahl an Migranten, einen etwa fünf Meilen breiten Bereich um den Checkpoint Imperial Beach, der sich von der Westküste bis zum San Ysidro Point of Entry erstreckt. Die verstärkte Kontrolle bewirkte eine sofortige Verlagerung der Migrantenrouten nach Osten sowie eine Zunahme professioneller Menschenschmuggler. Ein im Mai 1995 von der U.S. Border Patrol gestartetes Programm unter der Bezeichnung Operation Disruption sollte den gewachsenen Menschenschmuggel eindämmen.
Phase II, die im Frühjahr 1996 einsetzte, erweiterte die betroffene Region auf den gesamten San Diego-Sektor. Einwohner von East San Diego County hatten Druck aufgrund der dortigen stark angestiegenen Zahl illegaler Grenzüberschreitungen ausgeübt. Ein weiterer Schritt bestand darin, Migranten in unwirtlichere Gebiete wie die Tecate Mountains zu verdrängen. Phase II beinhaltete dazu die Einführung von IDENT, einem Computersystem zur Identifizierung von Wiederholungstätern, „kriminellen Migranten“ und kriminellen Personen ohne US-Staatsbürgerschaft.
Phase III, gestartet im Oktober 1997, dehnte die Aktivitäten in den El Centro-Sektor aus, der sich von der östlichen Grenze San Diegos bis zur Grenze zwischen Kalifornien und Arizona erstreckt. Die Folge war eine weitere Verschiebung der Migrantenströme in die weiter östlich liegenden Wüstengebiete.[3]
Auswirkungen
Die verstärkte Grenzsicherung im Bereich San Diego bewirkte eine starke Verschiebung der Migrationsströme in unwegsame Regionen, vor allem östlich von Mexicali und in die Region um Tecate. Die in den dortigen Wüstengebieten herrschenden hohen Temperaturen von bis zu 50 Grad Celsius führten zu einem starken Anstieg von Todesfällen. Zwischen dem 1. Oktober 1994 bis zum 1. Oktober 1998 starben mindestens 322, bis Oktober 2004 ca. 3000 Migranten beim Grenzübertritt in die USA, die meisten von ihnen durch Hitzschlag oder Dehydrierung.[1] Vor 1994 waren ca. 20 bis 30 Tote pro Jahr zu verzeichnen.[4][5]
Am 23. Juni 1996 erschien in einer lokalen Zeitung San Diegos ein Bericht in dem Operation Gatekeeper von zwei Vertretern des National Border Patrol Council als Misserfolg bezeichnet wurde und hohe Beamte der Border Patrol der Dokumentenfälschung und Irreführung der Öffentlichkeit bzgl. der Effektivität des Programmes beschuldigt wurden. Im Juli 1996 wurden die Beschuldigungen vor einem California State Assembly subcommittee wiederholt, im August vor einem Congressional subcommittee und in weiteren Medien. Im Juli 1996 nahm das Department of Justice’s Office of the Inspector General (OIG) die Ermittlungen auf. Der Untersuchungsbericht, der acht Kategorien von Anschuldigungen beinhaltet, wurde im Juli 1998 präsentiert.[6]
Die Auswirkungen von Operation Gatekeeper werden durch das U.S. / Mexico Border Program and Immigration Law Enforcement Monitoring Project der Menschenrechtsorganisation American Friends Service Committee protokolliert.
Siehe auch
- Operation Hold the Line
Weblinks
- Verteilung der Todesfälle entlang der mexikanischen Grenze von 1995 bis 2001 (Memento vom 2. Dezember 2005 im Internet Archive)
Literatur
- Joseph Nevins: Operation Gatekeeper: The Rise of the "Illegal Alien" and the Making of the U.S.-Mexico Boundary (Memento vom 15. Oktober 2008 im Internet Archive) Routledge, New York 2002, ISBN 0-415-93105-3
Quellen
- USA/Mexiko: Kritische Bilanz von Nichtregierungsorganisationen zu vier Jahren „Operation Gatekeeper“ (Memento vom 27. September 2007 im Internet Archive) Migration und Bevölkerung, Ausgabe August 1998
- Bill Vann: Operation Gatekeeper claims the lives of 444 immigrant workers in five years World Socialist Web Site, 9. Oktober 1999
- Operation Gatekeeper Fact Sheet (Memento vom 8. Juli 2006 im Internet Archive) www.stopgatekeeper.org
- U.S. Border Patrol in S. California Developing Deadly But Ineffective Operation Gatekeeper Interview mit Roberto Martinez, In Motion Magazine, 12. Dezember 1999
- Tenth Anniversary of Operation Gatekeeper Interview mit Roberto Martinez vom 2. Oktober 2004, In Motion Magazine, 1. Februar 2005
- Operation Gatekeeper: An Investigation Into Allegations of Fraud and Misconduct (July, 1998) USDOJ/OIG Special Report