Norbert W. Schlinkert

Norbert Wilhelm Schlinkert (* 1964 in Schwerte) ist ein deutscher Schriftsteller und Kulturwissenschaftler.

Norbert W. Schlinkert bei einer Lesung in der Brotfabrik (Berlin) im Mai 2016

Leben

Schlinkert wuchs in Hagen und Schwerte auf. Nach dem Realschulabschluss, einer Tischlerlehre und anschließendem Zivildienst erwarb er das Abitur auf dem Westfalen-Kolleg Dortmund. In Berlin studierte er von 1999 an Kulturwissenschaft/ Ästhetik und Theaterwissenschaft/ Kulturelle Kommunikation an der Humboldt-Universität, wo er 2009 mit einer kulturwissenschaftlichen Arbeit zur Entstehung und Entwicklung des poetischen Ichs promoviert wurde.

Werk

Belletristische Texte

Die bisher von Schlinkert vorliegenden belletristischen Schriften, die in Buchform erschienenen wie auch viele der im Internet veröffentlichten, sind geprägt von einer der jeweiligen Thematik entsprechenden sprachlichen Intensität. Die Sprache ordnet sich so nicht dem zu erzählenden Stoff unter, sondern bildet mit diesem eine lebendige, in sich auf vielerlei Ebenen verwobene Einheit. Dies zeigt sich bereits in seiner Erstveröffentlichung story banal (1998) und findet seine Fortsetzung unter anderem in Stadt, Angst, Schweigen (2015), wo der Autor in einer zwischen innerem Monolog und einem Bewusstseinsstrom changierenden, furiosen und oft bitter-komischen Art und Weise von einem Mann erzählt, der durch Berlin wandernd eine Nacht der Angst durchlebt, in der der unbedingte Drang seines sich schonungslos selbstquälenden Geistes offenbar wird, die Wahrheit eines ganzen Lebens zu begreifen. In seiner 2016 erschienenen Arabeske Kein Mensch scheint ertrunken erzählt Schlinkert von einem älteren Mann, der im Weißen See in Berlin-Weißensee schwimmen geht und allerlei absurde Abenteuer zu überstehen hat. Sein 2020 erschienener erzählender Essay Tauge/Nichts zeigt eine moderne Taugenichtsgeschichte, in der der Taugenichts sich und seine ihm aufgezwungene Rolle reflektiert und die ihm von Joseph von Eichendorff in der Novelle Aus dem Leben eines Taugenichts zugeschriebene (Rollen-)Naivität vollständig ablegt, ohne dass er seines Taugenichtsseins damit verlustig gehen würde.

Die auf seinem literarischen Weblog Nachrichten aus den Prenzlauer Bergen! (seit September 2009 als einfache Website, seit Oktober 2011 auch als Blog) veröffentlichten Beiträge umfassen sowohl literarische Texte, etwa Romanfragmente, als auch Glossen, Vorträge und Essays.

Wissenschaftliche Texte

In seiner Studie Wanderer in Absurdistan. Novalis, Nietzsche, Beckett, Bernhard und der ganze Rest. Eine Untersuchung zur Erscheinung des Absurden in Prosa (2005) widmet sich Schlinkert den mentalen und kulturellen Befindlichkeiten des modernen Subjekts in Gestalt des poetischen Ichs in der erzählenden Literatur, das in seinem Tun, Denken und Fühlen die Grenze hin zum Absurden und „Ver-rücktsein“ hin merklich oder unmerklich überschreitet, so wie etwa in Thomas Bernhards Erzählung Gehen oder in Samuel Becketts Roman Molloy. In seiner Dissertation Das sich selbst erhellende Bewußtsein als poetisches Ich. Von Adam Bernd zu Karl Philipp Moritz, von Jean Paul zu Sören Kierkegaard (2011) geht Schlinkert der bisher kaum beachteten Frage nach, in welcher Art und Weise und in welchem soziokulturellen Kontext sich in der erzählenden Literatur seit etwa Mitte des 18. Jahrhunderts das poetische und damit nichtnormative Ich herausbildet. Das poetische Ich in der erzählenden Literatur zeichnet sich dadurch aus, auch das wird in diesem Text deutlich, dass es in der Wahrnehmung und im Nachvollzug durch den Leser als eine dem realen Ich gleichberechtigte Entität und somit als ein empfindungs- und entwicklungsfähiger Mensch empfunden wird.

Veröffentlichungen

Belletristik

  • Tauge/Nichts. Erzählender Essay. Mit einem Nachwort von Martin A. Völker. edition taberna kritika (etkbooks), Bern 2020. ISBN 978-3-905846-56-0
  • Kein Mensch scheint ertrunken. Eine Arabeske. edition taberna kritika (etkbooks), Bern 2016. ISBN 978-3-905846-38-6
  • Stadt, Angst, Schweigen. Heraklitischer Fließtext. Elsinor Verlag, Coesfeld 2015. ISBN 978-3-942788-29-8
  • story banal. bruno-dorn-verlag, Berlin 1998. ISBN 3-9804285-6-7

Wissenschaft

  • Das sich selbst erhellende Bewußtsein als poetisches Ich. Von Adam Bernd zu Karl Philipp Moritz, von Jean Paul zu Sören Kierkegaard. Eine hermeneutisch-phänomenologische Untersuchung. Wehrhahn Verlag, Hannover 2011. Band 23 der von Brunhilde Wehinger und Günther Lottes herausgegebenen Reihe Aufklärung und Moderne. ISBN 978-3-86525-152-7 (Dissertation).
  • Wanderer in Absurdistan: Novalis, Nietzsche, Beckett, Bernhard und der ganze Rest. Eine Untersuchung zur Erscheinung des Absurden in Prosa. Königshausen & Neumann, Würzburg 2005, ISBN 978-3-8260-3185-4.

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Heimat – eine Zerstreuung. In: Matthias Engels, Thomas Kade, Thorsten Trelenberg (Hrsg.): all over heimat. Anthologie. Lehrensteinsfeld 2019, ISBN 978-3-942181-89-1, S. 360 f.
  • Loch’n’Schlauch. In: SIC. Nr. 6. Aachen, Berlin 2017, S. 39. ISSN 1860-6156.
  • Heinrich Schirmbecks Roman Ärgert dich dein rechtes Auge im Blick der Vergangenheit und Zukunft. In: Walter Gödden, Arnold Maxwill (Hrsg.): Literatur in Westfalen. Beiträge zur Forschung 15. Aisthesis Verlag, Bielefeld 2017, ISBN 978-3-8498-1183-9, S. 357–368.
  • … zur hälfte programmiert, zur hälfte so gelaufen … Hartmut Abendscheins „nicht begonnenes fortsetzen“. Nachwort in: Hartmut Abendschein: nicht begonnenes fortsetzen. Text, Kontur, Schatten. edition taberna kritika, Bern 2017, ISBN 978-3-905846-43-0, S. 83–90.
  • Der Comte de Buffon: Naturwissenschaftler, Literat und radikaler Aufklärer des Ancien Régime. In: Friederike Rupprecht (Hrsg.): Lesezeiten. Die Bibliothek im Kloster Stift zum Heiligengrabe von 1600 bis 1900. Lukas Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-86732-110-5, S. 54–63.
  • Das Wannenbad. In: SIC. Nr. 4. Aachen, Berlin, Zürich 2009, S. 56–59. ISSN 1860-6156

Auszeichnungen

Einzelnachweise

  1. stiftung-kuenstlerdorf.de (Memento vom 19. März 2015 im Internet Archive)
  2. stiftung-kuenstlerdorf.de
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.