Nebenmilz

Eine Nebenmilz (Splen accessorius, Lien accessorius, Splenunculus) i​st das Resultat e​iner häufigen embryologischen Fehlentwicklung, b​ei der e​in oder mehrere kleine Knötchen v​on Milzgewebe unabhängig v​on der Milz, m​eist im Bereich d​es Milzhilus, i​m Bauchraum vorliegen. Diese Normvariante m​uss von d​er Splenose unterschieden werden, d​ie das Resultat e​iner Versprengung v​on Milzgewebe i​m Rahmen e​iner Milzverletzung ist.[1]

Klassifikation nach ICD-10
Q89.0 Angeborene Fehlbildungen der Milz
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Epidemiologie

Nebenmilzen werden i​n Autopsiestudien i​n 10–30 % d​er Fälle gefunden.[2][3]

Ätiologie

Nebenmilzen entstehen infolge e​iner Fehlentwicklung während d​er Embryonalperiode. Die zugrundeliegenden Ursachen s​ind dabei weitgehend unbekannt. Eine gehäuftes Auftreten v​on intrapankreatischen Nebenmilzen s​owie weitere Entwicklungsanomalien d​er Milz werden b​ei der Trisomie 13 (Patau-Syndrom) beschrieben.[4]

Pathologie

Nebenmilz (14 mm) im Ultraschallbild.

Makroskopisch imponieren Nebenmilzen als rundliche, üblicherweise etwa kirschgroße, 1–1,5 cm (maximal etwa 4 cm) messende, meist von einer dünnen Kapsel begrenzte Raumforderungen von dunkelrötlicher Farbe. Sie sind ganz überwiegend im Bereich des Milzhilus (75 % der Fälle) lokalisiert, werden aber auch längs der Milzgefäße, in den gastrosplenischen oder splenorenalen Ligamenten, der Wandung von Magen und Darm, im Pankreasschwanz, dem Mesenterium sowie selten auch im Bereich des Beckens oder Skrotums gefunden. Wenige Einzelfallberichte beschreiben das Vorhandensein von Milzgewebe innerhalb des Leberparenchyms. Nebenmilzen kommen einzeln oder multipel vor, wobei ihre Zahl jedoch nur selten sechs überschreitet. Feingeweblich entspricht der Aufbau einer Nebenmilz dem der Milz, das heißt die Herde setzen sich aus einer roten und weißen Pulpa zusammen.[1]

Klinik

Bei den meisten Patienten ist die Diagnose einer oder mehrerer Nebenmilzen ein symptomloser Zufallsbefund ohne Notwendigkeit eines therapeutischen Eingreifens. Grundsätzlich besteht wie auch bei der Splenose die Gefahr, dass Nebenmilzen in der diagnostischen Bildgebung als Tumorerkrankung oder Lymphknotenschwellung fehlgedeutet werden.[1] Nach einer Milzentfernung (Splenektomie), etwa zur Therapie eines Hypersplenismus (Überfunktion der Milz mit abnorm gesteigerter Blutzellsequestration), können Nebenmilzen die Funktion der Milz ganz oder teilweise übernehmen und somit den beabsichtigten Therapieeffekt aufheben.[5] Eine seltene akute Komplikation im Zusammenhang mit Nebenmilzen ist ein akutes Abdomen infolge eines Nebenmilzinfarktes mit oder ohne Torsion der Blutgefäßversorgung.[6][7]

Einzelnachweise

  1. I. Varga, P. Galfiova, M. Adamkov, L. Danisovic, S. Polak, E. Kubikova, S. Galbavy: Congenital anomalies of the spleen from an embryological point of view. In: Med Sci Monit. 15(12), Dez 2009, S. RA269-RA276. PMID 19946246
  2. W. J. Dodds, A. J. Taylor, S. J. Erickson: Radiologic imaging of splenic anomalies. In: Am J Radiol. 155, 1990, S. 805–810.
  3. J. L. Freeman, S. Z. H. Jafri, J. L. Roberts u. a.: CT of congenital and acquired abnormalities of the spleen. In: RadioGraphics. 13, 1993, S. 597–610. PMID 8316667
  4. K. Gomi, Y. Sato, M. Tanaka u. a.: Specificity of splenopancreatic field anomaly in trisomy 13 syndrome: Macroscopic and histological analysis in 21 autopsy cases. In: Pathol Internat. 59, 2009, S. 147–151. PMID 19261091
  5. Keith L. Moore: Clinically Oriented Anatomy. 3. Auflage. Williams & Wilkins, Baltimore 1992, ISBN 0-683-06133-X, S. 187.
  6. T. L. Babcock, D. D. Coker, J. L. Haynes, H. B. Conklin: Infarction of an accessory spleen causing an acute abdomen. In: The American Journal of Surgery. 127, 1974, S. 336–337. PMID 4812242
  7. P. Impellizzeri, A. S. Montalto, F. A. Borruto, P. Antonuccio, G. Scalfari, F. Arena, C. Romeo: Accessory spleen torsion: rare cause of acute abdomen in children and review of literature. In: J Pediatr Surg. 44(9), Sep 2009, S. e15–e18. PMID 19735802

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