Mittelbare Falschbeurkundung
Die mittelbare Falschbeurkundung ist ein strafbewehrter Tatbestand nach dem deutschen Strafrecht. Er ist in § 271 StGB geregelt. Systematisch liegt er im Bereich der Urkundendelikte. Die Vorschrift schützt den Rechtsverkehr nicht vor unechten, sondern vor echten und damit erhöht beweiskräftigen, aber inhaltlich unwahren öffentlichen Urkunden. Zugleich wird die Funktionsfähigkeit der Beurkundungsorgane geschützt.
Einordnung im Gesamtsystem
Wer eine öffentliche Urkunde selbst herstellt oder eine existierende öffentliche Urkunde verfälscht, macht sich wegen Urkundenfälschung strafbar,[1] jedoch entsteht eine Strafbarkeitslücke, sofern ein Täter auf einen Amtsträger derart Einfluss nimmt, dass dieser unvorsätzlich eine echte, aber inhaltlich falsche Urkunde erstellt wie beispielsweise bei der sog. Scheinhalterschaft. Sofern ein Amtsträger vorsätzlich eine falsche öffentliche Urkunde erstellt, kommt wegen des Amtsdeliktscharakters zwar keine mittelbare Täterschaft oder Mittäterschaft in Betracht, aber eine Anstiftung oder Beihilfe, jedoch ist die Strafe nach § 28 I StGB zu mildern.
§ 271 StGB soll also die Lücke schließen, die dadurch entsteht, dass die Falschbeurkundung im Amt nach § 348 StGB ein echtes Amtsdelikt ist, also der Täter Amtsträger sein muss. Handelt ein Amtsträger im Falle einer falschen öffentlichen Beurkundung nach § 348 StGB unvorsätzlich, ginge ein die Beurkundung veranlassender Dritter schon deshalb straffrei aus, weil es für eine Anstiftung nach § 26 StGB an einer Haupttat fehlen würde (limitierte Akzessorietät). Eine mittelbare Täterschaft nach § 25 I Alt. 1 StGB scheitert an der fehlenden Amtsträgerschaft des Dritten. In solchen Situationen ist § 271 StGB möglicherweise erfüllt.
Tatobjekte
Tatobjekt ist eine öffentliche Urkunde im Sinne des § 415 ZPO, also eine Urkunde, die von einer öffentlichen Behörde innerhalb ihrer Amtsbefugnisse, im Rahmen ihrer Zuständigkeit errichtet worden ist und damit Beweiskraft gegenüber jedermann erbringen kann. Diese Urkunde muss unwahr sein, also Umstände aufzeichnen, die nicht so geschehen sind. Dabei muss sich die erhöhte Beweiskraft der öffentlichen Urkunde auch auf diesen unwahren Umstand beziehen. Welche Angaben dies im Einzelnen sind, ist, wenn es an einer ausdrücklichen Vorschrift fehlt, den gesetzlichen Bestimmungen zu entnehmen, die für die Errichtung und den Zweck der Urkunde maßgeblich sind.[2]
Die Bescheinigung einer Duldung nach § 60 a Abs. 4 AufenthG ist hinsichtlich der Personalangaben jedenfalls dann keine öffentliche Urkunde im Sinne des § 271 StGB, wenn die Verwaltungsbehörde den Hinweis in die Urkunde aufnimmt, dass die Personalangaben auf den eigenen Angaben des Ausländers beruhen.[3]
Tathandlungen
Der Täter muss irgendwie bewirken, dass die Urkunde unwahr erzeugt wird. Jedoch sind Handlungen, welche eine Beteiligung (Beihilfe, Anstiftung) am Delikt des § 348 darstellen, nicht umfasst, da diese schon durch die Beteiligungsstrafbarkeit erfasst werden. Ebenfalls nicht erfasst ist der Fall, dass durch Täuschung eine Tatsache eintritt, die dann als geschehen beurkundet wird.[4]
Subjektiver Tatbestand
Im subjektiven Tatbestand reicht bedingter Vorsatz bezüglich aller objektiven Tatbestandsmerkmale aus, jedoch muss der Täter den Willen haben, den Rechtsverkehr täuschen zu wollen.
Weblinks
Einzelnachweise
- BGH, Beschluss vom 2. Mai 2001 - 2 StR 149/01
- BGH, Beschluss vom 30. Oktober 2008 - 3 StR 156/08
- Magdalena Dollinger: Erschleichen einer Duldungsbescheinigung und Hilfeleistung zum unerlaubten Aufenthalt zu BGH - 5 StR 266/09, NJW 2010, 248
- OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27. Januar 2012 - Az. 3 (4) Ss 561/11; 3 (4) Ss 561/11 - AK 238/11