Minischwein
Als Minischweine bezeichnet man kleinwüchsige Hausschweine. Neben vielen originären Minischweinrassen bestimmter Regionen werden unter dem Begriff Minischwein vor allem Rassen und Linien zusammengefasst, die speziell für Versuchszwecke oder für die Hobbyhaltung gezüchtet wurden.
Geschichte
Bereits im griechischen Altertum hat sich der Mensch die physiologischen und anatomischen Ähnlichkeiten zwischen Schwein und Mensch zu Nutze gemacht, um bestimmte humanmedizinische Zusammenhänge zu erforschen. Kleine Schweinerassen entstanden allerdings erst wesentlich später. Eine der ersten Rassen ist das Minnesota-Minischwein, welches in den 1940er Jahren in den USA entwickelt wurde.[1][2] Nach ihm folgten viele andere. Das Ziel aller Züchter war es, ein handliches Versuchstier zu züchten, welches auf Grund der anatomischen Ähnlichkeiten zum Menschen mit anderen Versuchstieren der großen Gruppe der Nicht-Nager konkurrenzfähig ist. Die Vorteile gegenüber großen Schweinen sind der geringere Platzbedarf, die bessere Handhabung während der Versuche, geringere Futterkosten und vor allem niedrigere Versuchskosten, da bei der Entwicklung neuer Medikamente die Dosierung nach dem Körpergewicht erfolgt.
Abstammung und Größe
Grundsätzlich stammen alle domestizierten Schweine, also auch die Minischweine, vom Europäischen oder Asiatischen Wildschwein ab.[3] Minischweine werden etwa 65 kg schwer und 12 bis 15 Jahre alt. Größe und Körpergewicht sind von Rasse zu Rasse unterschiedlich.
Minischweinrassen
- Göttinger Minischwein
- Münchner Miniaturschwein
- Vietnamesisches Hängebauchschwein
- Minnesota Minipig
- Panepinto
- Ohmini
- Clawn
- Hanford
- Yucatan
- Mini-Sib
- Pitman-Moore
- Guinea Hog
- Amerikanisches Minischwein
Bezeichnungen wie „Bergsträßer Knirps“ oder „Wiesenauer Minischwein“ sind keine Garantie für Rassestandards und können allenfalls als Zuchtlinie gewertet werden. Die Namen weisen lediglich auf die Herkunft der Tiere hin und sind von den Züchtern selbst gewählt.
Göttinger Minischwein
Das Göttinger Minischwein ist in den 1960er Jahren an der Universität Göttingen entstanden aus der Verpaarung von Amerikanischen Minischweinen, den Minnesota Minipigs, und vietnamesischen Hängebauchschweinen.[4][5] Später wurde noch Deutsche Landrasse eingekreuzt, um einheitlich weiße Schweine zu erzeugen. Dadurch können Hautreaktionen besser gesehen werden und die Vergleichbarkeit zwischen Tieren ist gewährleistet. Das Göttinger Minischwein ist derzeit die am häufigsten genutzte Minischweinrasse in der biomedizinischen Forschung.
Ernährung
Minischweine sind wie alle ihre Artgenossen grundsätzlich Allesfresser. Das Füttern von Fleisch und Küchenresten ist jedoch aufgrund der Gefahr einer Seuchenübertragung gesetzlich verboten.
Schweine sind immer hungrig, weshalb eine ausgewogene Futtermenge wichtig ist. Eine tägliche Futtermenge von ein bis zwei Prozent des Körpergewichtes ist ausreichend. Mastfutter, wie es bei der Schweinemast verwendet wird, ist dafür ungeeignet. Stattdessen bieten sich viel Obst und Gemüse sowie Bruchmais, Weizenkleie, Joghurt, Milch, Karottenpellets und spezielle Futtermischungen extra für Minischweine an. Grundsätzlich brauchen Minischweine auch Gras oder Heu. Eine Form der Belohnung stellen Rosinen, Käse und Rührei dar. Aufgrund des hohen Zuckergehalts sollten Rosinen allerdings nur selten gegeben werden. Wichtig ist zudem eine abwechslungsreiche Ernährung.
Jungschweine erhalten am besten Ferkelkorn. Ferkelstarter, ein in der Landwirtschaft verwendetes spezielles Kraftfutter für Ferkel, die bereits nach 24 Tagen von der Muttermilch abgesetzt werden, ist für Minischweinferkel nicht geeignet.
Heimtierhaltung
Die Heimtierhaltung von Minischweinen begann vor einigen Jahren in Amerika und verbreitet sich zunehmend auch in Europa. Problematisch ist dabei, dass diese Tiere trotz ihrer geringen Größe und der Bindung an den Menschen gesetzlich im Nutztierstatus stehen und sämtlichen Bestimmungen unterliegen, die für die Landwirtschaft gelten. Das beinhaltet entsprechende Vorschriften bei der Einzäunung des Geländes, der Fütterung, der Meldung bei behördlichen Institutionen sowie staatlich angeordnete Keulungen im Seuchenfall.
Grundsätzlich sollte keine reine Wohnungshaltung erfolgen. Das Minischwein hat ähnliche Bedürfnisse wie ein großes Schwein. Deshalb benötigt es einen Auslauf, der mindestens 100 m² pro Tier misst. Eine trockene Stallung im Außenbereich ist ebenso wichtig wie Stroh und eine Weide bzw. ein Garten. Minischweine sind – wie alle Schweine – soziale Tiere und brauchen die Nähe zu Artgenossen. Auch das Zusammenleben mit Hunden, Katzen oder anderen Haustieren ist in der Regel möglich, wenn man sie früh genug mit ihnen in Kontakt bringt. Ihre wildlebenden Artverwandten, die Wildschweine, leben in familiären Gruppen, den sogenannten Rotten, in denen eine feste Rangordnung herrscht. Bei der Haustierhaltung ist deshalb darauf zu achten, den Schweinen zu zeigen, dass man sozusagen der Rangerste, also der Rottenführer ist.
Um die Schweine zu beschäftigen, empfiehlt sich das sogenannte Klickertraining. Hierbei wird, wenn man dem Schwein beispielsweise beibringen möchte, einen Ball zu kullern, jede richtige Handlung des Schweines mit einem Klick, der mit Hilfe eines Klickers erzeugt wird, und einem anschließenden Leckerli belohnt. Wenn es dann den Ball berührt hat, bekommt es ein paar mehr Leckerlis als zuvor.
Impfungen gegen Tollwut in tollwutgefährdeten Gebieten und Rotlauf sollten möglichst regelmäßig durchgeführt werden.
Literatur
- A. E. Dettmers, W. E. Rempel, R. E. Comstock: Selection for small size in swine. In: J. Anim Sci. Band 24, 1965, S. 216–220.
- A. E. Dettmers, W. E. Rempel, D. E. Hacker: Response to current mass selection for small size in swine. In: J. Anim Sci. Band 33, 1971, S. 212–215.
- P. Glodek, E. Bruns, B. Oldigs, W. Holtz: Das Göttinger Minischwein – ein Laboratoriumstier mit weltweiter Bedeutung. In: Züchtungskunde. Band 49, 1977, S. 21–32.
- P. Glodek, B. Oldigs: Das Göttinger Miniaturschwein. Paul Parey, Berlin 1981, ISBN 3-489-75718-1.
- V. Porter: Pigs – A handbook to the breeds of the world. Helm Information, Mountfield 1993, ISBN 1-873403-17-8.
- Elke Striowsky: Minischweine. Kosmos, Stuttgart 2006, ISBN 3-440-10472-9.
Weblinks
Einzelnachweise
- A. E. Dettmers, W. E. Rempel, R. E. Comstock: Selection for small size in swine. In: J. Anim Sci. Band 24, 1965, S. 216–220.
- A. E. Dettmers, W. E. Rempel, D. E. Hacker: Response to current mass selection for small size in swine. In: J. Anim Sci. Band 33, 1971, S. 212–215.
- V. Porter: Pigs – A handbook to the breeds of the world. Helm Information, Mountfield 1993, ISBN 1-873403-17-8.
- P. Glodek, E. Bruns, B. Oldigs, W. Holtz: Das Göttinger Minischwein – ein Laboratoriumstier mit weltweiter Bedeutung. In: Züchtungskunde. Band 49, 1977, S. 21–32.
- P. Glodek, B. Oldigs: Das Göttinger Miniaturschwein. Paul Parey, Berlin 1981, ISBN 3-489-75718-1.