Mid-century modern
Mid-century modern [ˈmɪd-ˈsɛnʧʊri ˈmɒdə[r]n] ist ein Stil der Formgestaltung in der Architektur und im Möbeldesign, der sich etwa im mittleren Drittel des 20. Jahrhunderts vor allem durch klare Linien sowie organische Formen und stromlinienförmige Gestaltung ohne weitere Ausschmückung auszeichnete.
Zeitliche Eingrenzung
Die zeitliche Verortung von Mid-century modern ist nicht einheitlich definiert. In der Literatur beschränken einige Autoren die Ära auf die Jahre 1947 bis 1957, andere auf die Jahre 1950 bis 1965. Die amerikanische Journalistin Cara Greenberg benutzte den Begriff Mid-century modern erstmals im Titel ihres gleichnamigen Überblickswerks von 1983, in dem sie sich auf die Möbel der 1950er Jahre konzentrierte.[1] In einem breiteren Kontext ist Mid-century modern ein Begriff für Architektur, Innenarchitektur, Produkt- und Grafikdesign, der das moderne Design der Mitte des 20. Jahrhunderts von den 1930er bis in die 1960er Jahre beschreibt. Die bei Kunstwissenschaftlern und Museen weltweit anerkannte Designbewegung[2] knüpfte an die Moderne des Bauhauses und Le Corbusiers an.[3]
Ausprägung
Der Mid-century modern-Stil war durch klare Linien sowie sanfte organische Kurven und geometrische Formen gekennzeichnet. Funktionalität ersetzte kunstvolle Ornamente; die Form sollte der Funktion folgen. Hierbei setzten die zeitgenössischen Designer Materialien und Farben ein, die periodenspezifischen Wiedererkennungswert hatten. Werkstoffe waren nun (gerne auch kontrastierend) Kunststoff, Vinyl, Glas, Plexi- und Acrylglas, Furnier, Sperrholz, Massivholz und Aluminium; die Farbgebungen variierten von neutral bis gewagt; Schwarz-Weiß wurde aus Gründen des grafischen Kontrasts meist ohne Grautöne verwendet.[2]
Große Teile der amerikanischen Bevölkerung verfügten bedingt durch die florierende US-Wirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg über starke Konsumkraft. Der Optimismus, die Konsumfreude, die neuen Techniken und Materialien, gepaart mit der Schaffenslust der Designer hatten den Effekt eines gesellschaftlichen Aufatmens.[3] Es bestand eine große Nachfrage nach neuen, erschwinglichen und schnell baubaren Wohnhäusern samt modernen Einrichtungsgegenständen.[2] Modelle konnten erstmals in Massen produziert werden, was eher als Vorteil gesehen wurde.[3]
Cara Greenberg beschrieb: „Die frühen 1950er Jahre waren nicht das erste Mal, dass der amerikanischen Öffentlichkeit moderne Möbel angeboten wurden, aber es war das erste Mal, dass das Publikum um den Häuserblock Schlange stand um sie zu kaufen. Und sie kauften, mit dem harten Bargeld des Nachkriegswohlstands, angetrieben von einem plötzlichen unersättlichen Hunger nach fließenden, parabolischen, amöbischen Kurven; nach lang und tief gezogenen Linien; ohne ornamentale Verzierung; aus Materialien, die noch vor kurzem nur in Flugzeugfabriken zu finden waren.“[4] Das Design sei wie gemacht gewesen für junge Familien. „Es war bequem, kindersicher und so dimensioniert, dass es in die kleineren Nachkriegshäuser und -apartments passte.“ Man konnte sie sich leisten, wenn vielleicht auch nicht in jedem Raum. Außerdem habe man nicht zwingend ganze Garnituren kaufen müssen. „Vor allem aber war es stylish.“[3]
Mid-century modern entwickelte sich bald zu einer internationalen Stilrichtung, die auch skandinavisches, italienisches, tschechisches und deutsches Design umfasste (siehe auch: Nachkriegsmoderne). Disziplinen waren kaum getrennt; Bildhauer wie Harry Bertoia entwarfen Möbel, genauso wie beispielsweise die Architekten Eero Saarinen, George Nelson, Norman Cherner und Richard Neutra, die ihre neue Art des Bauens gern mit eigenen Entwürfen vervollständigten.[3] In Amerika waren Herman Miller (der auch mit George Nelson sowie Charles und Ray Eames zusammen arbeitete) und Florence und Hans Knoll bekannt als Möbelhersteller der Stilrichtung. Andere bekannte Designer dieser Zeit waren:
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Bilder von Sitzmöbeln
- Diamond Chair von Harry Bertoia, 1950
- Tulpen-Stuhl von Eero Saarinen, 1955
- Lounge Chair von Charles und Ray Eames, 1956
- Grand Prix (Stuhl) von Arne Jacobsen, 1957
- Das Ei, Sessel von Arne Jacobsen, 1958
Siehe auch
- Internationaler Stil
- Contemporary, eine der Ausprägungsformen von Mid-century modern in der Architektur der Vereinigten Staaten
Literatur
- Cara Greenberg: Mid-century modern. Harmony Books, 1984, 1989, 1995, ISBN 0-517-88475-5.
- Dominic Bradbury: Mid-century Modern Complete. Thames & Hudson, 2014, ISBN 978-0-500-51727-7.
- Judith Miller: Miller's Mid-Century Modern. Living with Mid-Century Modern Design. Hachette UK, 2018, ISBN 978-1-78472-462-7.
- Caroline Wohlgemuth: Mid-Century Modern – Visionäres Möbeldesign aus Wien. Birkhäuser, Basel 2022, ISBN 978-3-0356-2177-8.
Weblinks
- Mid-century modern. Artists. In: artnet.
- Anja Martin: Mid-Century Modern. Der Mad-Men-Effekt. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 8. Januar 2016.
- Definition of mid-century modern In: Merriam-Webster’s Collegiate Dictionary.
- Retro, Vintage, Mid-Century Modern Furniture - The Terms Explained. In: collectika.com.au.
- Laura Fenton: Why the world is obsessed with midcentury modern design. The story behind the ubiquity. In: Curbed. 8. April 2015.
Einzelnachweise
- Lucy Ryder Richardson: 102 Midcentury Chairs and their stories. Pavilion Books, 2016, ISBN 978-1-911216-80-3, Introduction.
- Retro, Vintage, Mid-Century Modern Furniture - The Terms Explained. In: collectika.com.au
- Anja Martin: Mid-Century Modern. Der Mad-Men-Effekt. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 8. Januar 2016.
- Cara Greenberg: Mid-century modern. Harmony Books, 1995, ISBN 0-517-88475-5, S. 14.