Meister des Poliphilo
Meister des Poliphilo[1] wird der namentlich nicht bekannte italienische Zeichner und Maler genannt, der die Holzschnitte für die Erstausgabe des Buches Hypnerotomachia Poliphili (Traumliebestreit des Poliphilo) aus dem Jahre 1499 entworfen hat[2]. Trotz der stilistischen Einheit der 172 Holzschnitte auf den 450 Seiten in diesem Werk bleibt die Identität des wohl in Venedig oder Umgebung tätigen Meisters anonym und die Versuche eines Stilvergleichs und einer Zuordnung an einen bestimmten Künstler oder eine Schule umstritten. Die Illustrationen des Poliphilo gelten als eine wichtige Vorlage und Inspiration nachfolgender Maler der Renaissance bis hin zum Barock.[3]
Identifizierung
Seit Benennung des Meister des Poliphilo wurde immer wieder versucht ihn zu identifizieren. Es wurde z. B. vorgeschlagen, durch Stilvergleich die Hand der folgenden Künstler in seinem Werk zu sehen: Giovanni Bonconsigli, Botticelli, Cima da Conegliano, Franco Francia, Benozzo Gozzoli, Benedetto Montagna, Pinturicchio, Titian oder Palma Vecchio.[4]
Einfluss des Autors auf die Motive
Motive und Erzählweise der Holzschnitte stehen dem Text sehr nahe, daher wird vermutet, dass der Autor des Textes in der heute verlorenen handschriftlichen Vorlage auch Anweisungen an den Künstler der Holzschnitte gab.[5][6] Solche Harmonie des Textes mit den Bildern ist zur Zeit des Druckes des Buches im Vergleich mit anderen illustrierten gedruckten Büchern mit weltlichem Inhalt noch ungewöhnlich, in diesen unterbricht die Illustration oft den Text. Das Zusammenspiel von Text und Bild und die Zusammenarbeit von Autor und Zeichner im Hyperotomachi deuten auf ein neues humanistisch geprägtes Verstehen hin,[7] in dem der Autor seine genaueren, aus Beobachtung der Natur und Wirklichkeit entstandenen Vorstellungen[8] nicht nur durch Text, sondern auch durch Illustrationen belegen will.[9]
Einzelnachweise
- J. Poppelreuter: Der anonyme Meister des Poliphilo: eine Studie zur italienischen Buchillustration und zur Antike in der Kunst des Quattrocento. Ausgabe 20 von Kunstgeschichte des Auslandes. Strassburg 1904
- Hypnerotomachia Poliphili ubi humana omnia nisi somnium esse docet (Original der in Venedig bei Aldus gedruckten Erstausgabe). Venedig 1499
- s. z. B. C. Denk: Der gebändigte Amor: Antoine Watteaus Einschiffung nach Kythera und die Hypnerotomachia Poliphili des Francesco Colonna. In: Bayerische Staatsgemäldesammlungen (Hrsg.): Venus: Bilder einer Göttin. München 2001, S. 91–104.
- s. dazu z. B. H. K. Szepe: Artistic identity in the Poliphilo. In: Papers of the Bibliographical Society of Canada 35.1 (1997) S. 39–73
- so z. B. G. Pozzi.Les Hieroglyphes de l'Hypnerotomachia Poliphili. In: Y. Giraud (Hrsg.): L'Emblème à la Renaissance. Paris 1980
- ebenso M. Calvesi: Il sogno di Polifilo prenestino Rom 1980
- vgl. dazu z. B. C. Mitchell: Archaeology and Romance in Renaissance Italy. In: E.F. Jacob (Hrsg.): Italian Renaissance Studies. London 1960, S. 455–483.
- s. z. B. auch E. Chojecka: Johann Kepler und die Kunst. Zum Verhältnis von Kunst und Naturwissenschaften in der Spätrenaissance. In: Zeitschrift für Kunstgeschichte, 30 Bd., H. 1 (1967), S. 55–72.
- s. dazu auch R. Stewering: Architektur und Natur in der „Hypnerotomachia Poliphili“ (Manutius 1499) und die Zuschreibung des Werkes an Niccolò Lelio Cosmico Hamburg 1996
Literatur
- L. Dorez: Etudes Aldines II, des origines et de la diffusion du songe de Poliphile. In: Revue des Bibliothèques. VI. (1896), S. 239 ff.
- J. Poppelreuter: Der anonyme Meister des Poliphilo: eine Studie zur italienischen Buchillustration und zur Antike in der Kunst des Quattrocento. Ausgabe 20 von Kunstgeschichte des Auslandes, Strassburg 1904.
- G. Painter (Hrsg.): The Hypnerotomachia Poliphili of 1499: An Introduction to the Dream, the Dreamer, the Artist and the Printer. (2 Bd.) (Faksimile der Ausgabe von 1499), London 1963.
- H. K. Szepe: Artistic identity in the Poliphilo. In: Papers of the Bibliographical Society of Canada. 35.1 (1997), S. 39–73.
- F. Colonna: Hypnerotomachia Poliphili. Reproduzione dell’edizione aldina del 1499. (2 Bd.) (Faksimile der Ausgabe von 1499), Mailand 1998 (mit Einleitung und Kommentar von M. Ariani und M. Gabriele).