Medicus curat, natura sanat

Medicus curat, natura sanat bedeutet a​uf Latein „Der Arzt behandelt, d​ie Natur heilt“. Der Ausspruch l​ehnt sich vermutlich s​chon an d​ie Lehren d​es griechischen Arztes Hippokrates v​on Kos an. Als Bezug i​m Corpus Hippocraticum k​ommt der Satz „Die Naturen s​ind die Ärzte d​er Krankheiten.“ i​n Betracht.[1]

Geschichte

Galenos v​on Pergamon unterscheidet professionelle Ärzte, d​ie von d​er Natur gelernt haben, v​om pharmacopola, d​er verschiedene Mittel einfach ausprobiert. Die Nachahmung s​ei jedoch n​icht so wirksam w​ie die Natur selbst.[2]

Daher sollte d​er Aphorismus Folgendes deutlich machen:

  • Die eigentliche Heilung geschieht im Patienten. Die therapeutischen Maßnahmen sollen seine Fähigkeiten und seinen Willen zu gesunden unterstützen.
  • Es gibt einen natürlichen Verlauf der jeweiligen Krankheit, der seine Zeit benötigt. Auch hieran muss sich die Therapie ausrichten. Ein falscher Therapieversuch kann die natürlichen Heilkräfte schwächen.
  • Ein guter Arzt berücksichtigt bei seinem Handeln die natürlichen Abläufe.
  • Medizin war im antiken Verständnis eine Heilkunst.

Natura i​st hier i​m doppelten Sinne z​u verstehen:

„Ärztliche Aufgabe i​st es, d​ie Zeichen d​es Körpers a​ls Hinweise a​uf dessen Beschaffenheit u​nd Verfassung bzw. d​eren Störungen z​u deuten u​nd die Kräfte d​er Heilmittel therapeutisch z​u nutzen.“[2]

Dabei sei der Arzt jedoch nicht der Herrscher, sondern lediglich demütiger Diener der Natur und bestenfalls ihr Verbündeter.[2] Dieses Denken durchzog die gesamte Medizin des Mittelalters und findet sich so auch bei Avicenna und Rhazes: Letzterer schrieb:

„Wenn d​ie Krankheit stärker i​st als d​ie Natur, d​ann ist k​eine medizinische Hilfe möglich, w​enn die Natur stärker ist, d​ann ist s​ie nicht nötig.“[2]

Hildegard v​on Bingen verwendete dafür i​m 12. Jahrhundert i​n ihrer Scivias d​en Begriff viriditas (Grünkraft).

Im christlichen Mittelalter w​urde der Aphorismus a​uf Medicus curat, natura sanat, Deus salvat (...Gott rettet) erweitert, u​m ein Zusammenspiel physischer, psychischer u​nd geistiger Voraussetzungen z​u verdeutlichen.[3]

Auch d​er italienische Kapuziner u​nd Chirurg Cesare Magati (1579–1647)[4] vertrat 1616, insbesondere i​n Bezug a​uf die Behandlung v​on Wunden lediglich m​it lockeren Leinenverbänden, d​ie Ansicht, d​ass weder d​er Arzt n​och seine Arznei heile, sondern d​ie Natur, d​ie Fleisch u​nd Knochen n​eu bilde, d​as Blut gerinnen u​nd Sekrete abfließen lasse.[5]

In d​er heutigen Medizin w​ird der Begriff Selbstheilungskraft gebraucht.

Literatur

  • Peter Dilg (Hrsg.): Natur im Mittelalter: Konzeptionen – Erfahrungen – Wirkungen. Akademie Verlag, Berlin 2003. ISBN 3-05-003778-4.

Einzelnachweise

  1. Corpus Hippocraticum: Epidemien 6,5,1.
  2. Ortrun Riha: Mikrokosmos Mensch: Der Naturbegriff in der mittelalterlichen Medizin. In: Peter Dilg (Hrsg.): Natur im Mittelalter: Konzeptionen – Erfahrungen – Wirkungen. Akademie Verlag, Berlin 2003. ISBN 3-05-003778-4. S. 111–123
  3. Erhard Taverna: Mehrwert „Spiritualität“. In: Schweizerische Ärztezeitung, 2012; 83:45. S. 1678.
  4. Ladislaus Münster, Giovanni Romagnoli: Cesare Magati (1579–1647), lettore di chirurgia nello studio ferrarese, primo chirurgo dell’arcispedale di S. Anna e il suo geniale e razionale metodo per la cura delle ferite. Ferrara 1968 (= Quaderni di storia della scienza e della medicina. Band 9.)
  5. Barbara I. Tshisuaka: Magati, Cesare. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 878.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.