Maurice Girodias
Maurice Girodias (* 12. April 1919 in Paris als Maurice Kahane; † 3. Juli 1990 in Paris) war ein französischer Verleger und Nacht-Club-Betreiber. Er gründete in Paris den legendären, auf erotische Literatur für Touristen spezialisierten und wirtschaftlich erfolgreichen Olympia Press Verlag, der unter verschiedenen Imprints bis in die 1970er Jahre am Markt präsent war. Die letzten Bücher, die er veröffentlichte, waren seine Autobiographie (1980) und ein Buch über Henry Kissinger (1974).
Die in den Reihen der Olympia Press verlegten Bücher waren in verschiedenen Ländern, u. a. in Großbritannien, wegen ihrer für damalige Verhältnisse allzu expliziten sexuellen Inhalte verboten, was den Umsatz aber zusätzlich ankurbelte.
In seinem Verlag erschienen unter vielen anderen Henry Millers Wendekreis des Krebses und Sexus, Naked Lunch von William S. Burroughs, SCUM Manifesto von Valerie Solanas[1] oder Nabokovs Lolita. Samuel Beckett schrieb in seiner Anfangszeit, um sich finanziell über Wasser zu halten, für den Verlag unter Pseudonym pornografische Bücher.
Das Geschäft (damals noch unter dem Namen Obelisk Press) hatte Maurice Girodias von seinem Vater, dem in Manchester geborenen Jack Kahane (1887–1939), übernommen, den Nachnamen Kahane aber 1940 beim Einmarsch der Deutschen aus verständlichen Gründen abgelegt und stattdessen den weniger verdächtig klingenden Geburtsnamen der Mutter angenommen.
Seit 1934 war er bereits im Verlag des Vaters, der übrigens auch selbst erotische Bücher verfasste, aktiv (z. B. stammte von Girodias die verstörende Zeichnung auf der Originalausgabe von Wendekreis des Krebses). Nach dem Krieg wurden die Bücher des Verlags immer wieder beschlagnahmt, ganze Auflagen vernichtet und Maurice Girodias wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses zu diversen Geldstrafen verurteilt, was nicht zuletzt darauf zurückzuführen war, dass die amerikanischen und britischen Behörden, denen sein Verlag ein Dorn im Auge war, entsprechenden politischen Druck auf die französische Justiz ausübten. Maurice Girodias honorierte seine Autoren sehr schlecht oder gar nicht und halste sich damit weiteren Ärger auf. Nervenaufreibende, teilweise jahrzehntelange Prozesse mit den Autoren waren mehr die Regel als die Ausnahme.
1964 musste Maurice Girodias für ein Jahr ins Gefängnis und wurde zusätzlich zu der höchsten gegenüber einem Verleger bis dahin ausgesprochenen Geldstrafe (20.000 USD) verurteilt. Damit war er vollkommen ruiniert. Seine verlegerische Karriere wurde aber insbesondere dadurch definitiv beendet, dass er ein zwanzigjähriges Berufsverbot erhielt.
Maurice Girodias starb am 3. Juli 1990 an einem Herzinfarkt.
Quellen/Literatur (Auswahl)
- Maurice Girodias. A French Publisher And an Author. In: New York Times, Ausg. 5. Juli 1990
- Wer bin ich? In: Allgemeine Jüdische Wochenzeitung, Ausg. 12. November 2009
- Encyclopædia Britannica (2009)
- Jörg Schröder erzählt Ernst Herhaus: Siegfried. März Verlag 1972, ISBN 3-88880-013-7
Einzelnachweise
- Ginette Castro: American feminism: A Contemporary History. New York University Press, New York 1990, S. 73: "Published in 1968 in French by Maurice Girodias, who saw there an excellent commercial opportunity after Solanas had shot at Andy Warhol, the SCUM Manifesto was much talked about in France as well as the United States [...]"