Mary Seacole
Mary Jane Seacole (* 1805 in Kingston als Mary Jane Grant[1]; † 14. Mai 1881 in London, England) war eine jamaikanische Krankenschwester, Hotelière und Autorin.
Leben
Ihr Vater, ein Schotte, war britischer Offizier, ihre Mutter eine jamaikanische Heilerin, die eines der besten Hotels in Kingston unterhielt. In ihrer Heimat erwarb Mary traditionelles medizinisches Wissen, das sie bei der Pflege der zahlreichen in der Karibik eingesetzten britischen Soldaten anwandte.[2] 1836 heiratete sie, doch schon 1844 starb ihr Mann. Auch die Mutter starb kurze Zeit danach, zuvor war schon ihr Hotel abgebrannt. In der Choleraepidemie 1850/52 beherbergte und pflegte Mary Seacole Kranke in ganz Zentralamerika und entwickelte dabei neue Methoden, jedoch angesichts des damaligen medizinischen Wissens nur mit mäßigem Erfolg. Auch in der jamaikanischen Gelbfieberepidemie 1853 konnte sie wenig ausrichten. 1854 ging sie nach England. Bedeutung als Krankenschwester erlangte sie im Krimkrieg: Nachdem sie von der britischen Regierung[3] und den Pflegerinnen von Florence Nightingale abgelehnt worden war[1], reiste Seacole unabhängig von ihnen und trotz der Vorurteile und der Diskriminierung, die ihr begegneten[3], nach Balaklawa, um dort 1855[3] zwischen Hafen und englischem Lager das British Hotel zu eröffnen. Das Hotel diente fortan als Offiziersklub, als Gaststätte und als Ausgangspunkt für die Pflege erkrankter oder verwundeter Soldaten.[1]
Nach dem Ende des Krieges im März 1856 (Pariser Frieden) und daraus folgenden finanziellen Schwierigkeiten kehrte sie im Juli nach England zurück[1], wo ihre Leistungen mit einer Krim-Medaille gewürdigt wurden[3]. 1857 veröffentlichte sie ihre Autobiographie Wonderful Adventures of Mrs. Seacole in Many Lands, deren Wahrheitsgehalt teilweise umstritten ist.
Andenken, Ehrungen und Kontroversen
Dank des Kriegsberichterstatters William Howard Russell blieb Mary Seacole als Mother Seacole[3] noch für einige Zeit im öffentlichen Bewusstsein[1]. Seit den 1970er Jahren gilt sie als bedeutende Figur der Afrikanischen Diaspora in Großbritannien[1], 2004 wurde sie in einer Umfrage der BBC zur „Bedeutendsten Schwarzen Britin“ (Greatest Black Briton) gewählt.[3] Allerdings sind ihre Verdienste um die Krankenpflege umstritten; man bemängelte ihre fehlende Ausbildung und versuchte 2012/13 vergeblich, ihren Namen aus dem nationalen Curriculum des Geschichtsunterrichts über das Viktorianische Zeitalter zu entfernen.[4] Es ist jedoch möglich, dass auch Florence Nightingale von ihr gelernt hat.
2016 wurde zu Ehren Mary Seacoles eine Statue am Londoner St Thomas' Hospital errichtet. Gegen die Ehrung gab es Widerstand seitens der Anhänger Florence Nightingales, der „wahren Heroine“ des Krimkriegs, deren Namen mit dem Hospital eng verbunden ist, weil sie dort die erste Pflegeschule eröffnete, während Seacole dort nie gewirkt hatte. Den Anhängern Nightingales und Nightingale selbst wurde im Gegenzug Rassismus vorgeworfen.[5]
Mary Seacole wurde in die Anthologie Daughters of Africa aufgenommen, die 1992 von Margaret Busby in London und New York herausgegeben wurde.
Mary Seacole liegt auf dem Katholischen St. Mary's Friedhof in der Harrow Road, Kensal Green, in London begraben.[6]
Literatur
- Moira Ferguson: Nine Black Women. Routledge, London 1998.
- Horst-Peter Wolff: Mary Seacole. In: Horst-Peter Wolff (Hrsg.): Biographisches Lexikon zur Pflegegeschichte - Who was Who in Nursing History, Band drei, Elsevier München, 2004, S. 258 f.
Weblinks
Einzelnachweise
- Mary Jane Seacole (née Grant) in der National Portrait Gallery (London). Abgerufen am 24. Januar 2016.
- Ferguson 1998, S. 68.
- Nurse named greatest black Briton, 2004, auf der Website der BBC News. Abgerufen am 24. Januar 2016.
- Kevin Rawlinson: Another Gove U-turn: Mary Seacole will remain on the Curriculum, auf: independent.co.uk, 7. Februar 2013.
- Kashmira Gander: Mary Seacole statue: Why Florence Nightingale fans are angry the Crimean War nurse is being commemorated, auf: independence.co.uk, 24. Juni 2016.
- Horst-Peter Wolff: Mary Seacole. In: Horst-Peter Wolff (Hrsg.): Biographisches Lexikon zur Pflegegeschichte - Who was Who in Nursing History, Band drei, Elsevier München, 2004, S. 258 f.